Social Media gewinnt für deutsche Journalisten an Relevanz
Der deutsche State of the Media Report 2022 hat eine klare Botschaft: Für den Journalismus werden die sozialen Medien immer relevanter. Aber auch die klassischen Werkzeuge der Pressearbeit sind weiterhin von Bedeutung. In der Beziehung zwischen Journalisten und den PR-Schaffenden bedarf es dabei mehr denn je einer fundierten Arbeitsweise, guter Netzwerke sowie einer vertrauensvollen Basis.
„Die von uns befragten Journalisten äußerten ihre Wünsche direkt, erzählten von ihren Einstellungen und Arbeitsbedingungen. So erhielten wir ein unverfälschtes und praxisnahes Bild ihrer täglichen Herausforderungen“, erzählt Thomas Leitner, Vice President bei Cision Germany. Der Report liefert damit einen Überblick darüber, wie Journalisten hierzulande ihre Arbeit begreifen und was sie von PR-Profis erwarten.
Die Rolle der sozialen Medien im Journalismus
Der Aufwärtstrend der sozialen Medien führt sich auch im Journalismus fort: In erster Linie nutzen Journalisten Social Media, um Inhalte zu veröffentlichen und sie zu promoten (67,06 Prozent) und die Interaktion mit der Zielgruppe zu fördern (60,78 Prozent). Nur 25 Prozent der Befragten ordnen den Faktencheck und die Verifizierung per Social Media als „sehr wichtig“ ein. Die von Journalisten am meisten genutzten Netzwerke sind Facebook (63,21 Prozent), gefolgt von LinkedIn (50,67 Prozent) und Instagram (45,48 Prozent). Mit bemerkenswerten 38,29 Prozent rangiert Youtube auf dem vorletzten Platz, während TikTok mit gerade einmal 4,01 Prozent das Schlusslicht bildet.
Auch die Frage, wie stark sich Redaktionen an den Nutzungsdaten der sozialen Netzwerke orientieren sollten, war 2022 von zentraler Bedeutung im State of the Media Report. Hier ist Vorsicht geboten, da die Algorithmen der jeweiligen Netzwerke unterschiedliche KPIs verwenden: Facebook gewichtet die Zahl der Abrufe und die Reichweite stark, während bei YouTube die Verweildauer mehr zählt. Außerdem sei es wichtig, dass Journalisten im Redaktionsalltag die Daten der sozialen Medien mit den journalistischen Grundsätzen und Werten ausbalancieren – denn bei gutem Journalismus ist Reichweite nicht oberstes Ziel.
Die Pressemitteilung ist längst nicht passé
Bedeutet der Aufschwung von Social Media nun das Ende der klassischen Pressearbeit? Nein, sind sich die befragten Journalisten sicher. Denn Presseanfragen und das Platzieren von Artikeln nehmen weiterhin einen großen Stellenwert ein.
81,64 Prozent der befragten Journalisten gaben an, dass sie Inhalte von Unternehmen und PR-Profis in Form von Pressemitteilungen wünschen – damit ist die Pressemitteilung Spitzenreiter vor Forschungsberichten und Studien (69,28 Prozent) sowie Veranstaltungseinladungen (66,43 Prozent). Aber Achtung: Die Pressemitteilungen müssen von Seiten der PR-Schaffenden gut aufbereitet und vor allem lückenfrei recherchiert sein. Denn eine nicht-fundierte Arbeitsweise führe dazu, dass die Glaubwürdigkeit abnehme, sind sich die Befragten einig. Und manchmal setzen die Journalisten PR-Schaffende auf eine schwarze Liste, wenn die Qualität und Art der Ansprache nicht ausreichend sind.
Vertrauen schwindet: 65,89 Prozent der Journalisten denken, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Medien im vergangenen Jahr abgenommen hat. Zum Vergleich: 2021 waren es etwa zehn Prozent weniger. Journalisten spüren dieses schwindende Vertrauen der Rezipienten zunehmend. Um dem entgegenzuwirken brauche es auch gute Netzwerke und eine vertrauensvolle Basis zwischen PR-Schaffenden und Journalisten. Unterstützen sollten PR-Schaffende ihre „Zuarbeit“, indem sie Daten- und Expertenquellen bereitstellen, kurze Themenvorschläge mit belegten Fakten anbieten und aufhören, Redaktionen zu spammen.
Vorsicht beim Thema Pitchen
Für Journalisten sind Pitch-Mails weiterhin ein sensibles Thema. Wie in kaum einem anderen Bereich brauchen die PR-Schaffenden hier Fingerspitzengefühl. 52,17 Prozent der befragten Journalisten gaben an, dass sie sich wünschen, PR-Schaffende würden nach dem Versand von Themenvorschlägen nie nachfassen. Dies ist deckungsgleich mit dem Ergebnis auf die Frage, wie oft sie nachfassen sollten. Hier entschieden sich 55,70 Prozent für nie. 38,59 Prozent stimmten für „nicht mehr als einmal“ und 5,70 Prozent für „nicht öfter als zweimal“. Und 46,60 Prozent gaben sogar an, dass sie wiederholtes Nachfassen dazu veranlasse, PR-Personen zu blockieren oder sie auf die „Nicht anrufen“-Liste zu setzen.
Bei der Frage, ob PR-Schaffende die Journalisten über Social Media kontaktieren sollten, gehen die Meinungen der Befragten hingegen weit auseinander. Mit 20,30 Prozent hält fast ein Viertel der Befragten dies für akzeptabel. 41,09 Prozent sagen hingegen ausdrücklich, dass sie es nicht bevorzugen und überhaupt nicht mögen. Immerhin 24,71 Prozent sind dahingegen offen für Pitch-Anfragen über soziale Netzwerke und sagen, es komme auf den Ansatz an.
Der Trend zeigt: Journalismus ist wichtiger denn je
Generell lässt sich auch 2022 erkennen, dass die Arbeit zwischen PRlern und Journalisten dynamisch bleibt. Die Umfrage „State of the Media 2022“ hat Cision zwischen Januar und Februar 2022 durchgeführt. Teilgenommen haben nur Medienfachleute, deren Position vom Cision Media Research Team verifiziert wurde. Die Befragten setzen sich aus Print (52,23 Prozent), Online-Medien (25,79 Prozent), TV, Radio und Podcast (13,22 Prozent) sowie selbstständigen Journalisten (4,63 Prozent) und anderen journalistisch Tätigen (4,13 Prozent) zusammen.