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TikTok ab 19. Januar in den USA verboten

TikTok steht in den USA vor dem Aus: Bis zum Ende dieser Woche muss die Social-Media-Plattform verkauft werden, andernfalls droht ein Verbot.
Marlon Giglinger | 15.01.2025

TikTok steht in den USA vor einem Verbot. Was hätte das Verschwinden aus in allen App-Stores für Folgen für die Creator Economy in Europa?

Warum droht in den USA ein TikTok-Verbot?

TikTok wird in den USA als nationale Sicherheitsbedrohung wahrgenommen. Der Vorwurf: Die Plattform habe umfassenden Zugriff auf persönliche Daten amerikanischer Nutzer und könnte von der chinesischen Regierung für staatliche Propaganda genutzt werden. Der 2024 verabschiedete „Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act“ (PAFACA) verpflichtet TikToks Mutterkonzern ByteDance deshalb dazu, die US-Geschäftsanteile bis zum 19. Januar 2025 zu veräußern. ByteDance hat jedoch angekündigt, nicht zu verkaufen.

 

Welche Auswirkungen hätte ein US-Verbot auf die Reichweite europäischer Creator?

Ein mögliches TikTok-Verbot in den USA könnte europäische Creator stark treffen, da viele von ihnen eine große Followerschaft in den Vereinigten Staaten haben. Mit rund 170 Millionen TikTok-Nutzern allein in den USA wäre die Reichweite und damit auch das Werbepotenzial europäischer Influencer erheblich eingeschränkt. Sollte TikTok tatsächlich aus den US-App-Stores verschwinden, könnten bereits installierte Apps zwar wahrscheinlich trotzdem zeitweise weiter genutzt werden. Doch ohne Updates und die Möglichkeit neuer Downloads würde die Nutzerbasis rapide schrumpfen. Tatsächlich käme es selbst bei einem erfolgreichen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok zu Einbußen bei der Reichweite, sofern TikTok in den USA und Europa künftig von unterschiedlichen Unternehmen betrieben würde, die nicht miteinander kooperieren.

 

Würde ein US-Verbot auch europäische Nutzer abschrecken?

Ein US-Verbot dürfte die Sicherheitsbedenken europäischer Nutzer nur bedingt verstärken, da Datenschutz auf Social-Media-Plattformen ohnehin ein viel diskutiertes Thema ist. Darüber hinaus deutet die Stimmung auf TikTok eher auf eine ablehnende Haltung gegenüber einem Verbot hin.

 

Könnte ein US-Verbot die Kreativität europäischer Influencer fördern?

Ein US-Verbot von TikTok könnte die Kreativität europäischer Influencer auf verschiedene Weise beeinflussen. Da viele TikTok-Trends ihren Ursprung in den USA haben, würde die Plattform ohne US-Creator möglicherweise weniger inspirierende Inhalte bieten. Zwar könnten US-Creator ihre Inhalte weiterhin auf anderen Plattformen wie Instagram oder YouTube teilen, doch diese Plattformen fördern durch ihre Algorithmen oft andere Content-Formate und Dynamiken als TikTok. Dadurch könnten europäische Influencer weniger direkt von den Trends und Ideen der US-TikToker profitieren. 

 

Gleichzeitig birgt diese Einschränkung auch eine Chance: Europäische Influencer wären stärker darauf angewiesen, originelle Inhalte zu entwickeln und lokale oder regionale Trends zu setzen. In einem weniger globalisierten Content-Umfeld könnten sich neue kreative Ansätze und Narrative entwickeln, die bislang im Schatten US-amerikanischer Trends standen. 

 

Welche Plattformen könnten von einem TikTok-Verbot profitieren?

Ein TikTok-Verbot könnte vor allem Plattformen mit ähnlichen Kurzvideo-Formaten zugutekommen. Instagram, YouTube und Snapchat dürften dabei die Hauptprofiteure sein, da sie ähnliche Inhalte und Zielgruppen bedienen. Ein Blick nach Indien, wo TikTok seit 2020 verboten ist, zeigt, dass Nutzer und Creator schnell auf alternative Plattformen ausweichen, um ihre Reichweite aufrechtzuerhalten. Auch in den USA haben sich viele erfolgreiche TikToker bereits strategisch aufgestellt: Sie werben aktiv für ihre Kanäle auf anderen Plattformen, um ihre Community nicht zu verlieren. 

 

Ein weiterer Akteur in diesem Szenario ist ByteDance selbst. Der TikTok-Mutterkonzern promotet in den Staaten aktuell verstärkt seine App Lemon8, die in Deutschland noch nicht verfügbar ist. Lemon8 ist eine Mischung aus Pinterest, Instagram und TikTok und bietet TikTok-Nutzern sogar die Möglichkeit, ihre Profile und Follower direkt zu übertragen. Allerdings bleibt fraglich, ob Lemon8 bei einem TikTok-Verbot wirklich zu einer Alternative wird oder ebenfalls von US-App-Stores ausgeschlossen werden könnte. 

 

Welche Folgen hätte das Verbot für europäische Marken, die auf TikTok werben?

Marken mit globalen Social-Media- und Influencer-Kampagnen müssten ihre Strategien grundlegend überdenken. Ein TikTok-Aus in den USA würde Budgets auf Alternativen wie Instagram oder YouTube umleiten. Gleichzeitig könnte dies eine Neuverteilung der globalen Aufmerksamkeit auf TikTok bedeuten, bei der europäische Märkte stärker in den Fokus rücken.

 

Für europäische Unternehmen mit lokalem Fokus könnten sich sogar Chancen ergeben: Die sinkende Reichweite von Creatorn durch ein US-Aus würde deren Werbewert mindern. Dies könnte die Preise für Kooperationen senken – ein Vorteil für Marken, deren Zielmärkte ohnehin primär in Europa liegen.