Digitalisierung der Mitarbeiterbewertung
“Dieser Hedgefonds-Chef hat eine Rating-App für seine Mitarbeiter“ – so unspektakulär lautet die Überschrift eines überaus lesenswerten Beitrages von Stephan Beutelsbacher in der Welt.online vom 9. Juli 2017 [1]. Dahinter verbirgt sich jedoch mehr: Bridgewater Associates ist mit weit mehr als 100 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen der größte Hedgefonds weltweit – und natürlich ein Unternehmen, in dem die digitale Transformation schon sehr weit fortgeschritten ist. Gründer Ray Dalio ließ nun eine App namens „Dots“ programmieren, die jeder Mitarbeiter auf dem firmeneigenen iPad installieren muss. Im Sinne der totalen Transparenz, die Dalio in seinen „Principles“, seinen verschrifteten Führungsleitlinien (www.principles.com), fordert, enthält die Software Profile aller Mitarbeiter, die nach 100 Kategorien bewertet werden können. Dabei geht es nicht um Kompetenzentwicklung, sondern im Wesentlichen um die offengelegte gegenseitige Bewertung aller Mitarbeiter gemäß ihres „Ist-Status“ in Rankings. Das scheint indes nur der erste Schritt auf dem Weg zu totaler Mitarbeiterkontrolle und automatisierter Führung mittels digitalisierter Systeme zu sein: Bridgewater hat mit seinem Systematized Intelligence Lab schon vor Längerem Pläne verkündet, unter dem Namen PriOS (Principle Operating System) ein AI-System, ein System künstlicher Intelligenz aufzubauen, das Personalentscheidungen und alltägliche Management-Aufgaben gleich ganz alleine übernimmt, wie der Guardian berichtet [2].
PriOS soll dabei von den Entscheidungsstrukturen des Gründers und CEOs Ray Dalio sowie seiner Top-Manager lernen, erläutert das Wall Street Journal [3], um Bridgewater auch bei Abwesenheit oder nach dem Ableben von Dalio in seinem „Principle-Style“ zu führen. Dazu äußert sich Frank Scheelen, CEO der auf Kompetenzmanagement und Unternehmenswertsteigerung spezialisierten ganzheitlichen Unternehmensberatung Scheelen AG: „Ich fasse es mal zugespitzt zusammen: Wenn der Algorithmus über den Menschen herrscht, werden Mitarbeiter wirklich nur noch zu den ersetzbarsten Schräubchen im Getriebe und irgendwann nur noch ´Fehler im Code´, nur noch Kostenfaktoren“. Scheelen weiter: „Mir geht es hier nicht um Bridgewater an sich; wir sehen hier die ersten Auswirkungen einer technologischen Revolution, die sich nicht gegen das Menschliche in Unternehmen wenden darf! Und da träumen wir in Europa vielleicht noch den Schlaf der Unschuldigen, doch können wir davon ausgehen, dass solche Systeme, wenn kosteneffizient, in allen Unternehmen und Branchen weltweit eingesetzt werden. Natürlich fällt das hochdigitalisierten Unternehmen wie Tradern und Fondsverwaltern besonders leicht, doch müssen wir jetzt eine gesellschaftliche Diskussion in Deutschland anstoßen, wie weit wir Mitarbeiterführung und Management wirklich unter das Diktat von Algorithmen stellen wollen“.
Mittlerweile folgen Unternehmen wie JP Morgan dem Beispiel des „totalen Mitarbeiter-Rankings“ schon nach: Mit einem neuen Tool erhalten und senden die 243.000 Mitarbeiter ständig Feedback und Kritik, die Informationen werden mit dem Vergütungssystem verknüpft [4].
Scheelen abschließend: „Bei diesen Systemen geht es – das darf ich gerade mit meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Anbieter von Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklungstools wie ASSESS und Insights MDI sicher sagen - offensichtlich weniger um die Kompetenzsteigerung und persönliche Entwicklung von Mitarbeitern, als um Kontrolle über Ratings. Es ist smart, die Einführung solcher Systeme unter dem Feigenblatt ´die Generation Y wünscht sich ständiges Feedback´ zu promoten, wie es gerade geschieht. Und natürlich befinden wir uns mit solchen ´totalen Systemen´ noch am Anfang. Doch sollte man sich nicht täuschen lassen, was hinter der zunehmenden Automatisierung von Mitarbeiterführungs-Handeln wirklich steckt. Wir brauchen eine Diskussion unter Aspekten der unternehmerischen Ethik. Wir müssen endlich hinterfragen, wie wir künftig mit unseren Mitarbeitern umgehen – und was wir alles ´dem Algorithmus´ opfern wollen.“
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Quellen:
[1] https://www.welt.de/wirtschaft/article166421249/Dieser-Hedgefonds-Chef-hat-eine-Rating-App-fuer-seine-Mitarbeiter.html
[2] https://www.theguardian.com/technology/2016/dec/22/bridgewater-associates-ai-artificial-intelligence-management
[3] https://www.wsj.com/articles/the-worlds-largest-hedge-fund-is-building-an-algorithmic-model-of-its-founders-brain-1482423694
[4] https://www.bloomberg.com/news/articles/2017-03-09/at-jpmorgan-your-performance-review-is-now-and-now-and-now
PriOS soll dabei von den Entscheidungsstrukturen des Gründers und CEOs Ray Dalio sowie seiner Top-Manager lernen, erläutert das Wall Street Journal [3], um Bridgewater auch bei Abwesenheit oder nach dem Ableben von Dalio in seinem „Principle-Style“ zu führen. Dazu äußert sich Frank Scheelen, CEO der auf Kompetenzmanagement und Unternehmenswertsteigerung spezialisierten ganzheitlichen Unternehmensberatung Scheelen AG: „Ich fasse es mal zugespitzt zusammen: Wenn der Algorithmus über den Menschen herrscht, werden Mitarbeiter wirklich nur noch zu den ersetzbarsten Schräubchen im Getriebe und irgendwann nur noch ´Fehler im Code´, nur noch Kostenfaktoren“. Scheelen weiter: „Mir geht es hier nicht um Bridgewater an sich; wir sehen hier die ersten Auswirkungen einer technologischen Revolution, die sich nicht gegen das Menschliche in Unternehmen wenden darf! Und da träumen wir in Europa vielleicht noch den Schlaf der Unschuldigen, doch können wir davon ausgehen, dass solche Systeme, wenn kosteneffizient, in allen Unternehmen und Branchen weltweit eingesetzt werden. Natürlich fällt das hochdigitalisierten Unternehmen wie Tradern und Fondsverwaltern besonders leicht, doch müssen wir jetzt eine gesellschaftliche Diskussion in Deutschland anstoßen, wie weit wir Mitarbeiterführung und Management wirklich unter das Diktat von Algorithmen stellen wollen“.
Mittlerweile folgen Unternehmen wie JP Morgan dem Beispiel des „totalen Mitarbeiter-Rankings“ schon nach: Mit einem neuen Tool erhalten und senden die 243.000 Mitarbeiter ständig Feedback und Kritik, die Informationen werden mit dem Vergütungssystem verknüpft [4].
Scheelen abschließend: „Bei diesen Systemen geht es – das darf ich gerade mit meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Anbieter von Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklungstools wie ASSESS und Insights MDI sicher sagen - offensichtlich weniger um die Kompetenzsteigerung und persönliche Entwicklung von Mitarbeitern, als um Kontrolle über Ratings. Es ist smart, die Einführung solcher Systeme unter dem Feigenblatt ´die Generation Y wünscht sich ständiges Feedback´ zu promoten, wie es gerade geschieht. Und natürlich befinden wir uns mit solchen ´totalen Systemen´ noch am Anfang. Doch sollte man sich nicht täuschen lassen, was hinter der zunehmenden Automatisierung von Mitarbeiterführungs-Handeln wirklich steckt. Wir brauchen eine Diskussion unter Aspekten der unternehmerischen Ethik. Wir müssen endlich hinterfragen, wie wir künftig mit unseren Mitarbeitern umgehen – und was wir alles ´dem Algorithmus´ opfern wollen.“
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Quellen:
[1] https://www.welt.de/wirtschaft/article166421249/Dieser-Hedgefonds-Chef-hat-eine-Rating-App-fuer-seine-Mitarbeiter.html
[2] https://www.theguardian.com/technology/2016/dec/22/bridgewater-associates-ai-artificial-intelligence-management
[3] https://www.wsj.com/articles/the-worlds-largest-hedge-fund-is-building-an-algorithmic-model-of-its-founders-brain-1482423694
[4] https://www.bloomberg.com/news/articles/2017-03-09/at-jpmorgan-your-performance-review-is-now-and-now-and-now