Personalisiert auf den Kunden zugehen
Marketingmonologe gehören der Vergangenheit an. Heute überleben Firmen und Marken nur, wenn sie anstatt Botschaften zu senden auf eine holistisch gedachte Customer Experience setzen: Und damit auf eine komplexe Disziplin, die mehr als reine Kommunikationsspezialisten benötigt. Ein Tech-affiner Customer Experience-Experte orchestriert im Idealfall entlang der Customer Journey sämtliche Kommunikation und Erlebnisse über alle Touchpoints und bietet dem Kunden ein allumfassendes Erlebnis mit einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleistung – kundenzentriert und datenbasiert. Dabei unterstützen Tools, die auf Machine Learning und Künstliche Intelligenz setzen.
Die Anzahl der Touchpoints und Kanäle hat sich im digitalen Bereich in den letzten Jahren sprunghaft erhöht. Auf dem Weg zum Kauf wechselt der Kunde mehrfach die Devices und besucht oft bis zu 20 Touchpoints. Für das perfekte Kundenerlebnis ist es wichtig, die Wechselwirkung der Kanal-Interaktionen zu berücksichtigen: Die Erfahrung am zuletzt genutzten Touchpoint beeinflusst die Erwartungshaltung an den folgenden.
Was braucht es, um Kunden mit perfekten Erlebnissen zu gewinnen und langfristig zu binden?
Der Kunde steht immer im Mittelpunkt. Daher muss ein Unternehmen oder eine Marke den Nutzer mit seinen Wünschen wie Bedürfnissen kennen und herausfinden, welche Kanäle in welcher Intensität genutzt werden. Unerlässlich sind kontinuierliche sowie aktuelle Kundeninformationen. Ein Internetuser nutzt laut Global Web Index täglich rund sechs Stunden internetfähige Geräte sowie Dienste. Die digitalen Spuren des Nutzers bilden daher den Ausgangspunkt in der Ansprache. Intelligente Tools kombinieren Livedaten aus frei verfügbaren Quellen und Social Media-Analysen mit unternehmensspezifischen Daten. Sie sind die Grundlage für detaillierte Personas. So können Unternehmen herausfinden, welche Trends kommen und was der Wettbewerb macht.
Daten analysieren
Online-Kommentare und Suchbegriffe liefern durch Wortlaut, Tonalität, Länge und Syntax wertvolle Erkenntnisse über den Kunden, wie er eine Marke bewertet und was er von ihr erwartet. Diese Erkenntnisse können mithilfe moderner, KI-basierter Technologien wie Natural Language Processing (NLP) gewonnen und in Echtzeit analysiert werden. Auf Basis dieser Daten kann das Unternehmen überprüfen, ob diese Form der Ansprache wirkt oder ob eine andere Variante nötig ist.
Data or Creativity?
Brauchen wir noch Kreativ-Mitarbeiter oder setzen wir ab jetzt auf Datenwissenschaftler? Über die gesammelten Daten und den Einsatz von KI und Machine Learning ist es möglich, exakte Briefings für Agenturen zu erstellen und Maßnahmen effektiv zu steuern. Die Kernkompetenz von Kreativen ist das empathische Einfühlen in die Emotionen der Konsumenten, um nachhaltige Kampagnen und Aktionen zu erstellen. Nur über die Zusammenarbeit von Kreativen und Data Scientist ist es möglich, relevante Erlebnisse entlang der Customer Journey zu schaffen.
Röntgenaufnahme Customer Journey
Liegen die Daten vor, welche Botschaften der Kunde benötigt, geht es im nächsten Schritt um die Entscheidung, wann genau, in welchem Kanal und welcher Intensität die Impulse gesetzt werden müssen, um Interesse für Produkt oder Marke zu wecken. Hierfür ist eine genaue Beleuchtung der Customer Journey notwendig, die nicht beim ersten Kontakt mit einem unternehmenseigenen Touchpoint beginnt und beim Kauf endet. Eine gute Customer Journey bezieht Erlebnisse und Erfahrungen des Konsumenten mit ein. So auch Erlebnisse, die der Nutzer über Social Media oder andere Kanäle teilt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich nicht alle Kunden auf die gleiche Reise begeben.
Nur auf Basis von Daten kann überprüft und bewertet werden, ob die Maßnahmen entlang der Customer Journey funktionieren oder ob diese optimiert werden müssen. Oftmals sind die Daten nicht vollständig oder in unterschiedlichen Silos vorhanden. Customer Experience-Spezialisten arbeiten daher kontinuierlich daran, an den entscheidenden Punkten zu messen und die oftmals unstrukturierten Daten zusammenzuführen. Für einen umfassenden Blick sollten Daten aller Touchpoints berücksichtigt werden. So sollten Web Analytics und Daten aus Kundenservice, Social Media und Live-Events kombiniert werden.
Um im Sinne der Nutzer agieren zu können, ist eine zentrale Data Management Plattform (DMP) nötig. Auf dieser Plattform verschmelzen die Daten aus klassischen CRM-Systemen, die stark auf den Bestandskunden und transaktionsorientierte Interaktionen ausgerichtet sind, mit weiteren Daten aus der Customer Journey und Business Intelligence. Sie ermöglicht allen Abteilungen einen umfassenden Blick auf den Kunden.
Visualisierung groß geschrieben
Die Plattform schafft die Grundlage für den Einsatz neuer Instrumente wie Machine Learning und Smart Data Visualisation. Traditionelle Methoden geraten bei der Analyse der komplexen Daten, Kanäle und Touchpoints an ihre Grenzen. Dashboards zeigen relevante Informationen einfach und verständlich. So können Entscheidungen schneller und effektiver gefällt werden. Ändert sich beispielsweise die Verkaufsvorhersage für einen Getränkehersteller bei schönem Wetter, können Aktivitäten gut visualisiert erfasst und in Aktionen umgesetzt werden.
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz werden Muster in den verschiedenen Customer Journeys erkannt und anhand historischer Daten zukünftige Ereignisse prognostiziert. Führt ein Klickverhalten von Nutzern, die über ein bestimmtes Suchergebnis auf eine Seite gekommen sind, eher zum Kauf? Mit solchen Erkenntnissen können Unternehmen die Customer Experience verbessern oder eine Kaufabsicht verstärken.
Änderungen sind jederzeit möglich, wenn sich der Fokus in Bezug auf Kanäle und Berührungspunkte mit dem Konsumenten verschiebt, neue Touchpoints geschaffen werden und sich die Unterstützung durch KI rasch fortentwickelt. DMP und Data Strategy sollten in einem gemeinsamen und kontinuierlichen Prozess bleiben, um die Beziehungen zum Kunden nachhaltig zu vertiefen und die Kundenbindung zu erhöhen.
Die Fäden mit der Digital Experience Plattform in der Hand halten
Eine wichtige Rolle kommt der Digital Experience Plattform (DXP) zu: Als Hauptschnittstelle zum Kunden befähigt sie das Marketing kontextgenau und zum idealen Zeitpunkt und hochgradig personalisiert auf Kunden zuzugehen – und das im Zeitalter der Digitalisierung oftmals bereits automatisiert. Sie verfolgen einen Omnichannel-Ansatz, der verschiedenste Touchpoints und Kanäle, von Social Media und Content Marketing-Plattformen über automatisierte Mail-Kampagnen, eCommerce-Anwendungen und Apps oder Servicecenter berücksichtigt. Zudem unterstützen sie die Einbindung angrenzender Zielgruppen wie Partner, Lieferanten und Franchisenehmer. Eine vollständige digitale Transformationsstrategie sollte alle Stakeholder umfassen.
Eine große Dynamik ist wesentlich: Der Nutzer soll zur richtigen Zeit am richtigen Ort etwa via E-Mail angesprochen werden, wenn das passende Produkt auf den Markt kommt, um seine Online-Service-Anfrage unter Berücksichtigung vergangener Servicekontakte zu beantworten oder im Online-Shop Bergschuhe anzubieten, wenn er in den sozialen Medien von seiner letzten Wanderung berichtet.
Design mit System
Die DXP übernimmt darüber hinaus das Design Management, um die visuelle Konsistenz der Marke über alle Maßnahmen zu gewährleisten. In einer zentralen Bibliothek (Pattern Library) kann das Design auf allen digitalen Kanälen konsistent ausgesteuert werden. Weitere Vorteile: Ein Design Management System automatisiert auch bestimmte Prozesse in der Softwareentwicklung, wie im Frontend Development und erleichtert die Einbindung verschiedener Kreativ- und Entwicklungsdienstleister.
Das konsistente Gesamterlebnis
Es reicht nicht, an jedem Touchpoint herausragende und einwandfrei aufgesetzte IT-Lösungen anzubieten. Wichtig ist, auf Sinnhaftigkeit und Authentizität zu achten. Studien zufolge legt ein Großteil der Konsumenten bei der Kaufentscheidung Wert darauf, eine Marke als „authentisch“ einzustufen. Der Kunde profitiert von einer Kommunikation, die sich auf Daten stützt und darüber hinaus angereichert mit Empathie, Ideenreichtum und Authentizität. Denn auch innerhalb einer Customer Journey passieren Fehler, wenn zum Beispiel ein Übergang von Touchpoint zu Touchpoint nicht komplett nahtlos abläuft. Hat man die Customer Journey in seiner originären Bedeutung gut verstanden, bleibt jedoch das fulminante Gesamtergebnis in Erinnerung.