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Der Faktor Mitarbeiter bei der Digitalisierung

Die Digitalisierung der Arbeitswelt kann nur gelingen, wenn sie zur Neuordnung der Prozesse führt und die Mitarbeiter mitziehen.
Marco Ripanti | 11.03.2019
Die Einführung der EDV war mehr als PC statt Schreibmaschine. © Pixabay /Janeb12
 

Eigentlich stellt sich heute die Frage, ob man sein Unternehmen digitalisiert, überhaupt nicht mehr. Eigentlich! Während einige Unternehmen bereits vor der Frage stehen, was man mit den zahlreichen Vorteilen – in Form von Zeit, Geld und Informationen - der digitalisierten Prozesse anfängt, wehrt sich auch 2019 noch ein großer Teil gegen das Unvermeidbare. Da kaum ein Unternehmen aus eigener und interner Kraft den Schritt hin zur Digitalisierung des Unternehmens gehen kann bzw. will, kommen in vielen Fällen externe Experten zum Zuge. Anzeige Anzeige Die Auswahl dieser externen Kräfte obliegt in der Regel der Unternehmensleitung und hier beginnt bereits das Dilemma für den vermeidlichen Heilsbringer. Am Tag X wird Herr Y der gesamten Mannschaft vorgestellt und ab diesem Zeitpunkt ist für fast alle Mitarbeiter des Hauses nichts mehr so, wie es zuvor war. Fast alle Handschläge und Abläufe der letzten Jahre werden auf den Prüfstein gestellt und dann ggf. auf links gedreht. Es ist auf den ersten Blick verständlich, dass wohl kaum ein Mitarbeiter dies mit Wohlwollen begrüßen kann und auch wird. Und so wird der „Fremde“ schnell zum Feindbild Nr.1.

Angestellte vs. Digital-Experte

Dass hier möglicherweise zwei Welten aufeinandertreffen, liegt in der Natur der Sache begründet. Beide Seiten verfolgen unterschiedliche Interessen und Ziele und stehen für ganz bestimmte Eigenschaften und Arbeitsweisen. Während der langjährige Angestellte darauf getrimmt wurde, ein Team-Player zu sein, kleine und große Probleme im Sinne der gesamten Mannschaft zu lösen und Emotionen vor Fakten zu stellen, ist der Experte, der von der Unternehmensleitung geholt wurde, ein komplett anderer Typ. Er hat die Aufgabe, die Effizienz zu verbessern, mit dem Sammeln von Daten den Unternehmenswert zu erhöhen, Prozesse schlanker zu machen und damit mehr Zeit für andere Dinge zu gewinnen. Seine Leitsätze sind: Fakten gehen vor Emotionen, Erfolg vor Team und Company first.

Beispiele für alte und neue Prozesse durch Digitalisierung

Die folgenden Beispiele sollen aufzeigen, dass kaum ein Bereich eines Unternehmens das Thema Digitalisierung ignorieren kann. Buchhaltung Der Traum vom papierlosen Büro wird wohl noch lange ein Traum bleiben, da uns diverse bürokratische Prozesse dazu zwingen, aber ein sehr großer Teil kann enorm verschlankt werden. In vielen Unternehmen sieht der Prozess noch wie folgt aus: Durch die richtigen und passenden Digitalisierungs-Tools lässt sich dieser Prozess auf maximal drei Schritte reduzieren. Innerhalb weniger Wochen ist der gesamte Ablauf auf einen solchen Prozess umgestellt - wenn alle mitmachen. Zwei mögliche Faktoren, die diese Umstellung scheitern lassen: A) Mitarbeiter, die diesen Prozess schon viele Jahre genau so machen wie oben beschrieben, diesen auf keinen Fall verändern wollen (weil er ja funktioniert). Durch die Verschlankung wird möglicherweise ihre Position geschwächt. B) Das Steuerbüro, welches verpasst hat, selbst auf digitale Prozesse und Abläufe umzustellen und so dem Mandanten auch keinerlei Hilfe sein kann. Ab diesem Zeitpunkt wird es kritisch für den externen Berater. Er hat zwei starke Parteien gegen sich, die in der Vergangenheit die Geschicke des Unternehmens in ihren Händen hielten. Konflikte sind vorprogrammiert und werden entstehen. Hier kann nur eine klare Ansage der Unternehmensleitung in die eine oder andere Richtung eine Lösung sein. Digitalisierung kann nicht bedeuten: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass!“ Kundensupport In vielen Unternehmen endet die Digitalisierung beim Einsatz von Outlook. „Da steht doch alles drin“, hört man Mitarbeiter oft sagen. Minuten später sieht man sie verzweifelt nach irgendeinem Termin mit Person ABC aus Firma XY suchen, die sich in irgendeiner Mail in den letzten Tagen angekündigt hatte. Nein, Outlook ist maximal zum Empfangen und Senden von E-Mails zu nutzen. Ohne den Einsatz von CRM-Tools, Sales-Pipelines etc. kommt man in Zukunft nicht weit. Auch sollte man sich früh von dem Gedanken lösen, dass alles in einem Tool abgebildet sein muss. Die digitale Eierlegende-Wollmilchsau gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben. „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Thorsten Dirks, CEO der Telefónica Deutschland AG In diesem Zitat steckt unglaublich viel Wahrheit. Es sind die Unternehmen und die Mitarbeiter in diesen Unternehmen, die ihre Prozesse an die Möglichkeiten anpassen müssen, die ihnen durch die zahlreichen Softwarelösungen angeboten werden.

Fazit: Alles auf null!

Es ergibt sicher einen Sinn, dass moderne Lösungen eben NICHT genau die Prozesse abbilden, die man in den letzten Jahren ohne Tools abgearbeitet hat. Werft also alles über Bord, setzt alles auf null und geht auf die neuen Möglichkeiten ein! Auch wenn es am Anfang vielleicht ein wenig schmerzt, werden die Vorteile nach einiger Zeit überwiegen. Der Mitarbeiter selbst kann (noch) entscheiden, ob er diese erleben und genießen kann - oder eben nicht.