Wie KI hilft, die richtigen B2B-Kunden zu gewinnen

Das wichtigste Asset eines jeden Unternehmens sind gute Kunden. Nicht x-beliebige Kunden, sondern solche, die einen hohen Customer Lifetime Value bei möglichst geringer Betreuungsintensität ausweisen. Kunden, die über Zeit überproportional zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Gerade in Zeiten, in denen in Deutschland eine Rezession das Wirtschaftsklima drückt und zugleich immer neue Sanktionen und Zölle die Exporte belasten, hat für viele B2B-Unternehmen kaum ein Thema höhere Priorität, als gute neue Kunden in neuen Märkten zu finden.
Nun ist das Gewinnen neuer Firmenkunden per se schon mit einigen Anstrengungen verbunden. Aus der Fülle möglicher Betriebe jedoch diejenigen zu identifizieren und zu priorisieren, die den größten Erfolg versprechen, erfordert hohe Daten- und Statistikkompetenz und viel Arbeitszeit. Denn dazu müssen wir erst einmal diejenigen Werttreiber kennen, die wirklich – und nicht nur gefühlt – einen Top-Kunden ausmachen, und sich objektiv erheben lassen, also nicht erst in zeitintensiven Erstgesprächen in Erfahrung gebracht werden können.
Die Reise beginnt dabei in der Regel mit der Analyse der bestehenden Kundenbasis: Kennen wir die Firmen, die über Jahre hinweg kontinuierlich Wert stiften für unser Unternehmen, können wir uns auf die Suche nach potenziellen Kunden mit einem ähnlichen Profil machen. Anstatt den Vertrieb weiterhin damit zu beschäftigen, generische Listen mit allen Unternehmen einer bestimmten Branche oder Größe durchzuackern, lässt man die vergleichsweise teuren Vertriebsmitarbeiter diejenigen Firmen priorisieren, die auf gesicherter Basis das höchste Erfolgspotenzial versprechen – in Bezug auf die Abschlusswahrscheinlichkeit und den Kundenwert (Customer Lifetime Value).
Dass dieser Schritt sinnvoll ist, steht außer Frage. Doch bisher scheiterte er meist am hohen Personalaufwand und der benötigten Data Science Skills: Schließlich darf eine Maßnahme zur Optimierung der Vertriebseffizienz nicht mehr Aufwand binden, als sie letztlich herausoptimiert. Künstliche Intelligenz schickt sich hier aktuell an, zum Gamechanger zu werden: Denn gerade die Automatisierung anspruchsvoller, aber standardisierbarer Tätigkeiten ist eine Paradedisziplin für analytische KI. Erste Lösungen füllen hier erfolgreich die entscheidende Lücke: Denn während es seit geraumer Zeit Data Analytics-Software gibt, die Unternehmen darin unterstützen, ABC-Analysen der Bestandskunden zu erstellen, hat bisher eine Lösung gefehlt, die aus den bisherigen Kunden und Kriterien des Unternehmens lernt, um neue Zielkunden für die Akquise zu finden und zu priorisieren.
Die Challenge für die KI: Die Perle in Sand finden
Unter Millionen Firmen diejenigen zu identifizieren, die zum eigenen Unternehmen passen – ob als Kunden, Lieferanten, Vertriebspartner oder Übernahmekandidaten – ist eine sehr komplexe und arbeitsintensive Aufgabe: Nicht nur gilt es überhaupt Unternehmen zu identifizieren, die aufgrund ihrer Branche, Geschäftstätigkeit und Region in Frage kommen – wofür diverse Register und Datendienste zeitraubend durchforstet werden müssen. Die eigentliche Arbeit ist es, diese zigtausenden Unternehmen einzeln zu untersuchen um festzustellen, wer davon wirklich ins Profil passt: Haben die Firmen passende Produkte oder Dienstleistungen im Angebot? Erfüllen sie relevante Normen? Halten sie passende Qualifikationen im Team vor? Sind sie wirtschaftlich vernünftig aufgestellt? Und sind ihre Kunden zufrieden?
Um diese Fragen zu beantworten, müssen viele verschiedene Datenquellen durchforstet werden: die Websites der Unternehmen, ihre Profile und Bewertungen im Netz, Register für Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte, Stellenmärkte sowie je nach Bedarf auch Drittanbieterdaten zu Werbeverhalten und Websitebesuchen. Branchenzugehörigkeit und Wirtschaftsdaten können teils noch aus Kaufdatenbanken fertig erworben werden – doch verrät dieser teure Schritt nichts darüber, wer von ihnen tatsächlich passt. Die anderen Daten indes sind so oder so bisher Domäne enorm zeitaufwändiger manueller Desktop Researchs und manueller Exporte gewesen.
Und mit der reinen Sammlung der Informationen beginnt die eigentliche Arbeit erst: Denn die völlig unterschiedlich formatierten Daten aus all den unterschiedlichen Systemen müssen zusammengeführt und vergleichbar gemacht werden, damit man dann mit komplexen Datenanalysen die Erfolgstreiber bewertet und die Listen priorisiert.
So löst analytische KI diese Herausforderung
Genau hier kann analytische KI ihre drei Kern-Stärken ausspielen:
- Komplexe Datenintegration:Wer schon einmal versucht hat, Daten aus sehr unterschiedlichen Systemen zu erheben und zusammenzuführen, weiß wie schnell man daran verzweifeln kann. Vermeintlich einfache Dinge wie Orte, Zeiten oder Unternehmensnamen sind in jeder Quelle wieder anders aufgeschlüsselt und beim Zusammenführen können sich tausend Flüchtigkeits- und Datenfehler einschleichen. Analytische KI hingegen ist genau darauf spezialisiert, solche Nüsse in Rekordtempo zu knacken und dabei akkurat zu bleiben.
- Inhalts- und Kontextverständnis:Language Models heißen so nicht aus Zufall – die KI-Algorithmen verstehen unsere Sprache nicht nur Wort für Wort, sondern auch im Kontext. So kommen intelligente Algorithmen automatisch an das heran, worum es wirklich geht: Die inhaltlichen Aspekte, die man von einer Webseite oder einer Stellenanzeige wirklich wissen will. Etwa: Erfüllt dieses Unternehmen ISO-Norm XYZ? Werden Mitarbeitenden Diensträder geboten? Hat der Händler schlechte Kritiken wegen Fälschungen? Diese Informationen zusammenzusuchen, indem man alle Webseiten und Angebote selbst durchforstet, ist allenfalls machbar, wenn das Universum potenzieller Firmen sehr klein ist. KI-seitig braucht es hierfür dagegen nicht einmal Large Language Models (LLMs). Kleine bis mittlere Language Models, die wesentlich günstiger zu erstellen und anzupassen sind und deutlich weniger Energie verbrauchen, erledigen den Job bereits brillant.
- Automatische Modellierung: Daten sind das neue Gold, heißt es. Doch anders als bei dem Edelmetall stellen erst die daraus gewonnenen Erkenntnisse den wahren Wert dar, nur sie bringen uns voran. Dafür müssen Zusammenhänge und Erfolgstreiber darin identifiziert werden. Zum Beispiel: Was von den zahllosen Merkmalen, die ich erheben kann, macht ein Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem A-Kunden? Wie erkenne ich mit größerer Sicherheit, welcher Lieferant nicht seriös ist? Firmendatenbanken können hier bestenfalls generische Antworten geben und die Modellierung mit Business Intelligence Tools setzt hohe Data Science Kompetenz voraus. Die KI hingegen erledigt solche Aufgaben in Blitzesschnelle. Denn in Abermillionen möglichen Kombinationen die besten Modelle zu finden, das ist das Heimatland der Algorithmen. Macht man Analytic AI zudem „explainable“, sprich: erklärbar, kann sie dabei jederzeit Rechenschaft darüber ablegen, weshalb und auf welcher Datengrundlage sie zu einer Einschätzung gelangt.
Die passenden Unternehmen finden und klassifizieren – durch Automatisierung mit KI eine Sache weniger Mausklicks. Screenshot aus einem Analytic AI-System.
Ein reales Fallbeispiel aus der Industrie
Ein großer Mittelständler liefert industrielle Vorprodukte an Fertigungsunternehmen in verschiedensten Ländern und Branchen. Seit etwa einem Jahr stellt er fest, dass bei etlichen Kunden die Bestellmengen abnehmen. Er muss das wegfallende Geschäft kompensieren. Doch aus den Daten ist nicht ohne weiteres ablesbar, welchen Mustern der Rückgang folgt und welche Art von Kunden man gewinnen muss, um ihn nachhaltig auszugleichen und weiter zu wachsen – geschweige denn, wo man diese Kunden findet.
Mit einem Analytic AI-System beantwortet das Unternehmen diese drei Fragen automatisch, und das mit 95 Prozent weniger Arbeitsstunden bis zur fertigen Lead-Liste und 99 Prozent geringeren Kosten als beim Erwerb von Lead-Daten über Kaufdatenbanken. Dabei geht die KI in zwei Schritten vor:
Zunächst reichern die Algorithmen die Kundendaten aus dem CRM-System automatisch an: Auf Basis der Unternehmenswebseiten ermittelt das Language Model, welchen Branchen und Unterbranchen die Kunden zuzuordnen sind und welche Produkte sie für welche Use Cases anbieten. Zu den Unternehmen werden aus offiziellen Datenbanken Umsatz- und Mitarbeiterdaten erhoben. Aus ihren Online-Profilen wird zudem ermittelt, wie die Kundenbewertungen ausfallen, und über entsprechende Plattformen, welche Stellen das Unternehmen aufbaut, wie viele Website-Besucher es woher bekommt und was es mit welchem Budget wo an (Online-)Werbung treibt. Für die Länder, in denen das Unternehmen primär aktiv ist, wird zudem erhoben, wie sich die Online-Nachfrage nach den Produkten entwickelt hat. Automatisch findet das System im neuronalen Netz das beste Modell, das Kundenwert zuverlässig vorhersagt.
Mit diesem Profil gehen die Algorithmen in einem zweiten Schritt nun selbstständig auf die Pirsch: In den Zielländern, in denen das Unternehmen wachsen möchte, werden aus verschiedenen Datenbanken und Suchmaschinen diejenigen Firmen ermittelt, die aufgrund von Branche oder Produktangebot auf das Profil passen könnten. Für sie werden automatisch jene Daten erhoben, die im Modell einen hohen Kundenwert vorhersagen. Mit diesen Informationen klassifiziert das System die gefundenen Kandidaten. Vollautomatisch erhält das Unternehmen so eine priorisierte Liste der Firmen, die sie als Kunden gewinnen sollten, mitsamt den vertriebsrelevanten Informationen: vom besten Use Case über den Produkt-Fit bis zu den auf der Webseite genannten Ansprechpartnern und Kontaktinformationen. Mit der gewonnenen Zeit und Präzision kann der Vertrieb seine Akquiseleistung binnen weniger Wochen im deutlich zweistelligen Prozentbereich steigern.
Beim Fenster- und Türenhersteller Oknoplast, der ein Analytic AI-System nutzt, um sein starkes Wachstum durch die laufende Identifikation und Gewinnung passender Handwerkspartner weiter zu ermöglichen, konstatiert Deutschlandgeschäftsführer Jens Eberhard vor dem Hintergrund des Effizienz- und Qualitätsgewinns gar, der KI-Einsatz im Lead Scouting und Scoring habe „die Akquise des Unternehmens revolutioniert“.
Durch die KI erstellte Liste qualifizierter Leads, sortiert nach Firmen mit dem höchsten A-Kunden-Potenzial auf Basis empirisch ermittelter Werttreiber. Screenshot aus einem Analytic AI-System
KI da einsetzen, wo sie am schnellsten Wertschöpfung bringt
In der Anfangszeit von ChatGPT und Co. schlug allem, was KI ist, zunächst eine hohe Euphorie entgegen und die Frage „setzt Du schon KI ein“ wurde teils zum Selbstweck. Inzwischen reift der Markt und Unternehmen fragen genauer nach klaren Use Cases und messbarem Nutzen – insbesondere dort, wo sich die wirtschaftlichen Umstände herausfordernder gestalten. So schärft sich der Blick dafür, dass sich die Investition in KI – wie jede Investition – lohnen muss. Im Lead-Scouting und Lead-Scoring für die Gewinnung von Neukunden führen die enorme Zeit- und Kostenersparnis sowie die deutlich reduzierten Streuverluste dazu, dass sich Investitionen in KI-Lösungen binnen sehr kurzer Zeit amortisieren, weil man mit derselben Mitarbeiterschaft in kürzerer Zeit mit zuverlässiger Trefferquote mehr Kunden mit einem aussichtsreichen Customer Lifetime Value akquirieren kann. Es kann daher nicht verwundern, dass gerade dieses Feld abseits der Spotlights und Fernsehkameras seit gut einem Jahr besonders stark wächst.