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Der neue Maßstab für modernes Lead Management

Die Digitalisierung schafft einen vorinformierten Kunden, der veränderte Ansprüche an seine Betreuung hat. Dies erfordert ein neues Lead Management.
Harald Münzberg | 25.09.2017
Aufgabe des Lead Managements ist es, potentielle Kunden, die ihr Interesse an der Marke gezeigt haben, zu erfassen, zu qualifizieren und im Entscheidungsprozess zu begleiten, bis sie als Hot Lead an den Vertrieb übergeben werden oder aus dem Prozess ausscheiden. Das hat neben Systematik viel mit Kommunikation zu tun.

Seit Aufkommen des standardisierten Lead Managements in den frühen 2000er Jahren hat sich die Kommunikationswelt dynamisch verändert. Social-Media-Kanäle flankieren das klassische Kommunikations-Mix. Die massive Akzeptanz von Social Media sowie die damit verbundenen Dialogmuster haben die Erwartungen der Kunden an ihre Ansprache nachhaltig verändert.

Die Anforderungen an den Verkauf und damit die Bedeutung von Lead Management bleiben allerdings auf den ersten Blick grundsätzlich die gleichen wie vor fünfzehn Jahren. Die Unternehmen brauchen Kunden und die am einfachsten zu gewinnenden Kunden sind die, die schon einmal gekauft haben oder schon einmal ihr Interesse an der Marke „geäußert“ haben. Selbst unter Vernachlässigung der in den letzten Jahren erfolgten Explosion der möglichen Kontaktpunkte verschenkt der Verkauf Chancen: Nur die Hälfte der generierten Leads wird vom Verkauf genutzt und beispielsweise im Automobilhandel bleiben immer noch 45 Prozent aller Probefahrtanfragen unbeantwortet.

Vertrieb und Kundengewinnung vor neuen Herausforderungen

Woran liegt das? Nach wie vor gibt es in vielen Unternehmen hausgemachte Gründe, die hierfür verantwortlich sind. Der Automobil- und Lead Management-Experte Jürgen C.F. Steimle nennt hier stellvertretend eine ungenügende Abstimmung zwischen Marketing und Vertrieb, Organisationsprobleme, unzulängliche IT-Strukturen, Systembrüche, unklare Prozesse, mangelnde Transparenz, fehlende Motivation und Anreize, lasche Ergebniskontrollen oder fehlende Einweisung und Qualifikation der Mitarbeiter.

Gerade vor dieser Erkenntnislage wird in vielen Unternehmen an der weiteren Ausdifferenzierung des Prozesses gearbeitet. So ist zu beobachten, dass viele Unternehmen derzeit ihre Medienpalette erweitern, Landingpages optimieren oder ihr Lead Scoring verfeinern. Natürlich zieht auch die Digitalisierung in den Prozess ein. So berichtet BMW, dass sich durch die Einführung des sogenannten „Produktgenius“ die Abschlussquote nachhaltig verbessern ließe. Hier wird der Verkaufsprozess durch einen Informationsspezialisten ergänzt, der mit Hilfe eines mobilen Endgerätes und eines Online-Fahrzeugkonfigurators besser auf die Fragen und spezifischen Bedürfnisse von potentiellen Kunden eingehen kann, als der auf einen schnellen Abschluss fixierte Verkäufer. Auch wenn dieser Ansatz einige Schwachstellen beseitigt, hilft er nicht, den formulierten Anspruch von Herrn Krüger, CEO von BMW, „Wir verkaufen Emotionen“ in die Verkaufsprozesse zu tragen. Denn so richtungsweisend er ist, folgt er immer noch einer produktzentrierten Sichtweise. Fraglos ist, dass die Marke emotional aufgeladen ist. Aber dieser Anspruch muss sich in den Begegnungen mit der Marke auch im Verkaufsprozess wiederfinden. Ein immer ausdifferenzierteres, technologisches Auftreten des Verkäufers gibt nur einen Teil der Antwort.

Der ROPO erfordert eine Neuausrichtung des Lead Managements

Nicht zuletzt durch den digitalen Einfluss ist im letzten Jahrzehnt eine deutliche Veränderung des Informations- und Entscheidungsverhaltens der Konsumenten zu beobachten. Bei der Vorbereitung der Kaufentscheidung, dem „zero moment of truth“, werden heute selektiv Informationen über das Internet abgerufen. Im „first moment of truth“ fällt der Konsument als „ROPO“ (research online and purchase offline) dann seine Entscheidung und findet seine Erwartung dann häufig im „second moment of truth“, dem Konsum, bestätigt – oder auch nicht. Seine Erwartung über das wahrscheinliche Konsumerlebnis stützt sich oft auf schon gemachte Erfahrungen anderer. Der faktisch unbegrenzte Zugriff auf Informationen im Vorfeld via digitaler Medien und damit auch auf die Urteile von Experten - auch der jeweiligen Referenzgruppen - ist eine nachhaltige Veränderung, die sich massiv auf das Verhalten der Konsumenten auswirkt. In diesem Zuge wird sich auch das Marketing und das Lead Management in seiner taktischen Ausrichtung neu erfinden müssen. Wenn man so will, tritt trotz oder wegen der technischen Möglichkeiten im „Lead Management 2.0“ auch der Mensch wieder in den Vordergrund. Er ist nur einfach viel besser als früher informiert, muss aber trotzdem auch an seinen Emotionen und (Vor-)Urteilen gepackt werden.

Einige Handlungsempfehlungen zur Optimierung Ihres Lead Managements:


- Auch wenn es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: Denken Sie konsequent aus Sicht Ihrer Kunden!
- Überprüfen Sie Ihr Lead Management, ob es den Anforderungen des digitalen Zeitalters noch gerecht wird (Einsatz digitaler Medien, Bereitstellung aktueller, relevanter Informationen, Qualifikation der Mitarbeiter, IT-Unterstützung, Prozesse, etc.)
- Nutzen Sie IT-Plattformen, die Antworten auf das Suchverhalten der Kunden und ihrer Customer Journey geben
- Bauen Sie organisatorische Barrieren ab, setzen sie auf ‚digital natives‘ als Mitarbeiter
- Überprüfen Sie Ihre Prozesse und Strukturen in der Zusammenarbeit zwischen Marketing, Verkauf und IT. Lösen Sie abgekapselte Silos auf!
- Flexibilisieren Sie auf Basis des Suchverhaltens die Informationsangebote an Ihre Kunden. Nutzen Sie Chancen zu einem individuellen ‚Storytelling‘
- Überprüfen Sie regelmäßig die Ergebnisse ihres Lead Managements. Konsequente Durchsetzung und strikte Erfolgskontrolle gehören zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren