Steigende Bedeutung Afrikas als Handelspartner
In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen scheinen deutsche Unternehmen ihren Blick vermehrt auf den afrikanischen Kontinent zu richten. Dies legen die Ergebnisse der „Afrika Studie 2023“ nahe, eine gemeinsame Befragung* des Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft und der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter deutschen Unternehmen mit Geschäftstätigkeit auf dem afrikanischen Kontinent.
59 Prozent der befragten deutschen Unternehmen wollen demnach ihr Geschäft in Afrika aufgrund der geopolitischen Situation ausweiten, ein Fünftel (20 Prozent) zieht den Kontinent deshalb erstmals als Investitionsstandort in Betracht. Unabhängig davon wollen zwei Drittel (66 Prozent) der Firmen ihre Investitionstätigkeit in Afrika in den kommenden fünf Jahren generell ausweiten. Jedes zehnte Unternehmen ist dabei erst in den vergangenen fünf bis zehn Jahren auf Afrika als Investitionsstandort aufmerksam geworden.
Auch die deutsche Politik schenkt dem Kontinent wieder mehr Aufmerksamkeit. Erst vor wenigen Wochen brach Bundeskanzler Olaf Scholz bereits zur dritten Afrika-Reise in seiner Amtszeit auf und besuchte mit Nigeria und Ghana zwei der wirtschaftlich stärksten Staaten Westafrikas. Wenige Tage später folgte ihm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der in diplomatischer Mission nach Tansania und Sambia reiste. Den intensivierten Dialog will der Bundeskanzler nun auch in Deutschland fortsetzen. So hat er seine Teilnahme am vierten G20-Investitionsgipfel der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) am 20. November 2023 in Berlin zugesagt. Bei der Veranstaltung geht es unter anderem um die Frage, wie die wirtschaftliche Entwicklung des afrikanischen Kontinents durch Investitionen der Privatwirtschaft nachhaltig vorangebracht werden kann.
Deutschland hinkt bei Investitionen hinterher – Investitionsgarantien könnten Abhilfe schaffen
Die deutsche Wirtschaft hat im internationalen Vergleich die Zeichen der Zeit erst spät erkannt und deutlichen Nachholbedarf. Laut aktuellen Studien haben sich deutsche Investitionen in Afrika in den letzten 20 Jahren bis 2023 etwas mehr als verdoppelt (Faktor 2,6). Frankreich dagegen versechsfachte seinen Kapitalbestand auf dem Kontinent im selben Zeitraum; China steigerte ihn sogar um den Faktor 90. Die Investitionszurückhaltung der Vergangenheit spüren deutsche Unternehmen in Afrika heute: Wenngleich gut jedes fünfte befragte Unternehmen (22 Prozent) wachsende Marktanteile der deutschen Wirtschaft beobachtet , sieht sich mehr als ein Drittel (38 Prozent) einer dominanten internationalen Konkurrenz ausgesetzt. Zu den in afrikanischen Ländern stark bzw. zunehmend präsenten Wettbewerbern zählen zum Beispiel Akteure aus Frankreich, China oder der Türkei.
Als wichtigste Instrumente zur Investitionsförderung in Afrika nennen mehr als die Hälfte der befragten in Afrika tätigen Unternehmen (57 Prozent) Investitionsgarantien und Subventionen, gefolgt von Freihandelsabkommen (43 Prozent) und der Unterstützung vor Ort durch deutsche staatliche bzw. staatlich finanzierte Organisationen (39 Prozent). Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) geht davon aus, dass die Anfang 2021 in Kraft getretene und perspektivisch 54 afrikanische Staaten umfassende Freihandelszone „African Continental Free Trade Area“ (AfCFTA) mittel- bis langfristig einen positiven Effekt auf ihre Geschäfte in Afrika haben könnte.
Ganzheitlicher Ansatz zur Bewältigung von Klimarisiken
Die neuartige Analyse ermöglicht es Unternehmen, einen ganzheitlichen Ansatz in der Bewältigung von Klimarisiken zu verfolgen. So können sie einerseits Anpassungs- und Risikominderungsmaßnahmen bewerten und umsetzen und Strategien zur Vermeidung von Schäden durch Naturgefahren verfolgen. Zudem schafft die Zusammenarbeit von KPMG und Zurich die Grundlage für langfristige Investitionsstrategien im Zusammenhang mit dem Klimawandel und für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß den gesetzlichen Anforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).
„Die Partnerschaft mit KPMG untermauert abermals unser Bestreben, Unternehmen weltweit bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels zu begleiten und zu unterstützen“, betont Petra Riga-Müller, Vorständin Zurich Commercial Insurance Germany. „Unterschiedliche Faktoren wie etwa Extremwetterereignisse stellen für Unternehmen und Gemeinschaften weltweit eine Bedrohung dar. Aber auch politische und gesellschaftliche Klimaanforderungen bedeuten immer größere Herausforderungen. Gemeinsam mit den Expertinnen und Experten von KPMG wollen wir genau dort ansetzen und Unternehmen dabei unterstützen, Klimarisiken frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und ganzheitlich tätig zu werden.“ Das Angebot wurde im September zunächst in der Schweiz eingeführt und wird jetzt auf den deutschen Markt ausgeweitet.
„Ein effektives Management von Klimarisiken ist zu einer Priorität für alle Unternehmen geworden. Um die Unternehmensresilienz nachhaltig und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken, müssen mittel- und langfristige Veränderungen der Risikolandschaft schon jetzt berücksichtigt werden. Indem wir die starken Kompetenzen von Zurich im Bereich der physischen Risiken mit der Expertise von KPMG bei den transitorischen Risiken verbinden, ermöglichen wir es Unternehmen, qualifizierte, strategische Entscheidungen zu treffen, die auf einer umfassenden Einschätzung konkreter Klimarisiken und der Berücksichtigung der CSRD beruhen“, sagt Goran Mazar, Partner KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Head of ESG und Automotive in EMA und Deutschland.
"Afrika hat mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn die so häufig nach Fernost und nach USA orientierte deutsche Wirtschaft hat den Kontinent noch kaum für sich entdeckt. Afrika bietet große Wachstumspotenziale für Unternehmen und Finanzinvestoren. Zugleich ist der Kontinent aufgrund seiner Heterogenität komplex: Afrika ist Heimat unterschiedlicher Kulturen, Sprachen und Entwicklungswege. Unter den 54 afrikanischen Nationen finden sich zahlreiche Länder mit florierenden Volkswirtschaften, dynamischen Start-up-Ökosystemen und langfristiger politischer Stabilität", sagt Andreas Glunz.
Deutsche Wirtschaft blickt optimistisch auf Afrika
Tatsächlich zeichnen die vor Ort tätigen deutschen Unternehmen ein positives Bild von Afrika als Geschäfts- und Investitionsstandort. 29 Prozent der befragten Unternehmen sind sehr zufrieden mit den eigenen Geschäften vor Ort, 22 Prozent zufrieden. Auch mit Blick auf die Geschäftsaussichten kann Afrika überzeugen. Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen erwartet, dass ihr Umsatz im Geschäftsjahr 2023 entweder signifikant (17 Prozent) oder leicht (39 Prozent) ansteigt. Jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) rechnet mit gleichbleibenden Umsätzen. Nur jede zehnte befragte Firma geht von einem Umsatzrückgang aus. Für die kommenden fünf Jahre erwarten sogar insgesamt mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen einen signifikanten (37 Prozent) oder leichten (41 Prozent) Anstieg der Umsätze.
Als zentrale Standortvorteile nennen die Unternehmen vor allem Marktgröße und -wachstum (69 Prozent) und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften (27 Prozent). Trotz der großen Rohstoffabhängigkeit Deutschlands von China und des Rohstoffreichtums Afrikas nennt lediglich jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent) die dortigen Rohstoffvorkommen als einen der drei wichtigsten Standortvorteile Afrikas.
Als wichtigste Vorteile im Vergleich mit China werden die schnell wachsende afrikanische Bevölkerung (51 Prozent) und die unerschlossenen Märkte Afrikas genannt (52 Prozent).
"Der afrikanische Kontinent spielt für die Diversifizierung deutscher Unternehmen immer noch nicht die Rolle, die er angesichts seiner zahlreichen Chancen verdient. Wir brauchen daher eine veränderte Risikowahrnehmung und staatliche Flankierung von Projekten und Investitionen in Afrika hinsichtlich deren Finanzierung und Absicherung", sagt Christoph Kannengießer.
Standortnachteile sind länderspezifisch zu bewerten
Trotz der grundsätzlich positiven Stimmung sehen sich die Unternehmen auch mit Herausforderungen konfrontiert. Mehr als jeweils gut die Hälfte der Befragten weist auf Korruption (59 Prozent) und mangelnde politische Stabilität in einzelnen afrikanischen Ländern (54 Prozent) hin, gefolgt von mangelhaften regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (39 Prozent). Die Ergebnisse müssen aufgrund der sehr heterogen Länder Afrikas differenziert betrachtet werden. Das zeigen beispielsweise die Zahlen des Korruptionswahrnehmungsindex CPI von Transparency International. Im Ranking 2022 werden zahlreiche afrikanische Länder besser bewertet als klassische Partnermärkte Deutschlands.