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Krieg und Klimawandel machen den Jugendlichen in Deutschland mehr Sorgen als Corona

Gleichzeitig blicken drei von fünf mit Zuversicht in die eigene berufliche Zukunft.
Bertelsmann Stiftung | 15.08.2022
Die größten Sorgen junger Leute sind Todesfälle in ihrem Umfeld, ein möglicher Kriegsausbruch in Deutschland und der Klimawandel © Bertelsmann Stiftung
 

Nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie und sechs Monaten des Krieges in der Ukraine stellt sich die Frage, wie die jungen Menschen in Deutschland mit den aktuellen Herausforderungen dieser Welt umgehen. Es zeigt sich: Krieg und Klimawandel gehören zu den größten Ängsten der Kinder und Jugendlichen. Über Corona hingegen machen sich die Jugendlichen weniger große Sorgen. Das sind die zentralen Erkenntnisse der repräsentativen Jugendbefragung „Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands“ des Meinungsforschungsinstituts IPSOS im Auftrag des Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung. Die Umfrage wird im Rahmen des diesjährigen Salzburger Trilogs veröffentlicht und ist Grundlage für die Diskussion am 16.08.2022 in der Mozartstadt. Das Thema des Salzburger Trilogs in diesem Jahr lautet: „How to Heal a Torn World? Respect, Trust, Reliability and Mutual Understanding“.

Großer Handlungsbedarf für Politik und Gesellschaft

Die Mehrheit der Jugendlichen (60%) befürchtet Wohlstandsverluste, ausgelöst durch steigende Energiepreise und Inflation. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen berichtet außerdem von durch die Ukraine-Krise ausgelösten Angst- (58%) und Trauergefühlen (51%), wobei jüngere Jugendliche (12-15 Jahre) häufiger von Angstgefühlen betroffen sind. Des Weiteren bereitet ein Überschwappen des Konflikts auf Deutschland vor allen den Kindern im Alter von 12 bis 13 Jahren (57%) Sorgen sowie Jugendlichen mit einem niedrigen (52%) oder mittleren (55%) Bildungsniveau. Ein stärkeres Einmischen in den Krieg seitens Deutschlands unterstützt die Mehrheit der Jugendlichen (55%) nicht.

 

Der globale Klimawandel ist vor allem für die Älteren sowie ganz jungen Kinder und Jugendlichen ein Thema: Knapp 48 Prozent der 16- bis 18-Jährigen und 46 Prozent der 12- bis 13-Jährigen geben an, dass sie sich hier sehr große Sorgen machen. Die Corona-Pandemie hingegen bereitet den wenigsten Jugendlichen große Sorgen. Es sind die Kinder im Alter von 12 bis 13 Jahren, die sich hier besorgter zeigen als die älteren Jugendlichen (29% 12 bis 13 Jahre, 20% 14- bis 15-Jährige, 17% 16- bis 18-Jährige).

 

Die aktuelle Grundstimmung unter den Kindern und Jugendlichen in Deutschland mag angesichts der Vielzahl bedrohlicher Krisen nicht verwundern, muss aber alarmieren. „Viele Kinder und Jugendliche haben während der Corona-Zeit wenig Inspiration von außen bekommen und es fehlten ihnen Entwicklungs- und Teilhabemöglichkeiten. Zugleich haben die jungen Menschen Ängste, die wir ernst nehmen müssen. Gerade in turbulenten Zeiten ist es notwendig, vielen jungen Menschen ein sinnstiftendes und erfülltes Leben zu ermöglichen. Dies gelingt nur, wenn wir auf die Kinder und Jugendlichen hören, und sie mit ihren Sorgen und Wünschen ernst nehmen“, sagt Liz Mohn, Präsidentin des nach ihr benannten Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung.

Jugendliche sehen Deutschlands Zukunft pessimistisch

Rund zwei von fünf Jugendlichen gehen davon aus, dass sich die Zukunft Deutschlands in den nächsten drei Jahren verschlechtern wird. Immerhin knapp ein Drittel glaubt, dass sich die Zukunft Deutschlands im Vergleich zu heute weder besser noch schlechter gestalten wird. Nur eine:r von sechs geht davon aus, dass die Zukunft Deutschlands sich verbessert. „Es wird deutlich, dass die junge Generation auf die eigene Karriere und die persönliche Freiheit Wert legt. Zugleich bietet diese junge Generation einen Beitrag für die Gestaltung der Gesellschaft an und will sich engagieren, fühlt sich aber in weiteren Teilen nicht von der Politik ernst genommen. Hier gibt es Handlungsbedarf, da sich die Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend von Seiten der Schulen vorbereitet fühlen“, sagt Jörg Habich, Geschäftsführer des Liz Mohn Centers.

Aber Jugendliche blicken zuversichtlich in die persönliche Zukunft

Trotz der Ängste und Sorgen der Jugendlichen: Nur 5 Prozent von ihnen geben an, überhaupt nicht mit ihren derzeitigen Lebensumständen zufrieden zu sein. Tendenziell sind Jüngere im Alter von 12 bis 15 Jahren zufriedener (51% 12-13 Jahre, 48% 14-15 Jahre) als Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren (43%).

 

Die persönliche Freiheit ist den Jugendlichen mit Abstand am wichtigsten (75% „sehr wichtig“), gefolgt von Reisen und die Welt entdecken (45%), sowie Geld verdienen (44%) und Verantwortung übernehmen (44%). Für 16- bis 18-jährige Jugendliche am Anfang ihres Berufslebens ist eine erfolgreiche Karriere zu starten (85%) besonders relevant. Drei von fünf Jugendlichen blicken mit Zuversicht in die eigene berufliche Zukunft und wissen, welche Fähigkeiten und Talente im Berufsleben wichtig sind. Auch Mut zum Gründen eines eigenen Unternehmens ist bei den jungen Menschen vorhanden (41% Zustimmung).

 

Politik spielt hingegen kaum eine Rolle für das Leben der jungen Menschen. Nur eine Minderheit (31%) informiert sich regelmäßig über politische Themen. Erwartungsgemäß trifft dies auf die Älteren deutlich häufiger zu (41%) als auf die 12- bis 15-Jährigen (24%). Für 72 Prozent der Jugendlichen ist es irrelevant, in einer politischen Partei aktiv zu sein. Bedenklich ist auch, dass sich nur eine Minderheit der Jugendlichen von den Politikern ernst genommen fühlt (12%).