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Branchenkompass 2021: Versicherer nutzen Lockdown für Digitalaufschwung

Prävention durch Datenanalyse gewinnt an Relevanz.
Sopra Steria GmbH | 11.08.2021
© Fotolia / realstock1
 

Die Versicherer in Deutschland haben bei der Digitalisierung seit 2019 einen großen Sprung nach vorn gemacht. 63 Prozent der Unternehmen waren oder sind stark von den Lockdowns aufgrund der COVID-19-Pandemie betroffen. Ein Großteil war gezwungen, die Kundenkommunikation über Online-Kanäle aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Jeder vierte Versicherer vermeldet zudem Aktivitäten bei der digitalen Transformation des Geschäfts. Das ergibt die Studie Branchenkompass Insurance 2021 von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Das Gros der Versicherer hat in den vergangenen zwei Jahren stark in die digitale Basisarbeit investiert. Eine integrierte Kundendatenbank zählt entweder bereits zur Grundausstattung oder wird es bald. Nur so können Versicherer überhaupt Kundendaten aus unterschiedlichen Kanälen und Versicherungssparten zusammenführen und die Kundenkommunikation sowie die Produktlandschaft verbessern. Rund die Hälfte (52 Prozent) der zirka 530 Versicherer in Deutschland bietet seinen Kunden zudem eine oder mehrere Apps zur Interaktion an. 2019 waren es 37 Prozent. Fast ebenso viele (51 Prozent) beraten bei Bedarf per Videochat – mehr als doppelt so viele wie vor zwei Jahren.

„Die Investitionen in die kanalübergreifende Sicht auf die Customer Journey und die einfache Kommunikation via Video, Chat oder App haben vielen Versicherern bereits Vorteile verschafft. Sie können so beispielsweise Schäden von Flutopfern schneller regulieren als mit ihren traditionellen Geschäftsprozessen, die noch viel Schriftverkehr vorsehen“, sagt Kai-Uwe Reiter, Leiter Insurance Consulting bei Sopra Steria. „Das steigert die Kundenzufriedenheit und drückt darüber hinaus die Schaden-Kosten-Quoten“, so Reiter.

Digitale Geschäftsmodelle nehmen Formen an

Darüber hinaus lösen sich Versicherer mit den Investitionen in die Digitalisierung zunehmend vom klassischen Geschäftsmodell als Zahler in der Not, mit dem es immer schwieriger wird, genügend Wachstum zu erwirtschaften. Dank Sensortechnologien und dem Einsatz von Machine-Learning-Verfahren soll künftig die Prävention für mehr Zählbares auf der Einnahmenseite sorgen. Die klassische Präventivberatung, beispielsweise zur Vermeidung von Umweltschäden in der Betriebshaftpflichtversicherung, könnte durch datengetriebene Dienstleistungen wie sensorbasierte Warnungen oder Entscheidungen erweitert werden.

Erste Ansätze mit Telematiktarifen bei Kfz-Versicherungen, bei denen das von Sensoren gemessene Fahrverhalten den Beitrag bestimmt, gibt es schon länger. „Mithilfe des Internets der Dinge (IoT) lässt sich dieser Ansatz datengetriebener Entscheidungen auf nahezu jedes andere Gut übertragen“, verdeutlicht Kai-Uwe Reiter. Beispiel Gebäudeschutz: Das Fintech Luko überwacht mithilfe von Sensoren Türen, Wasserleitungen und Stromzähler, um letztlich Brände, Überschwemmungen oder auch Einbrüche zu verhindern.

Knapp die Hälfte der Versicherer ist überzeugt: Die aktuellen und kommenden digitalen Geschäftsmodelle werden nicht erst in ferner Zukunft Gewinne abwerfen. 44 Prozent der Befragten rechnen bis 2023 mit einem deutlichen Relevanzgewinn komplett digitaler Produkte. Von einem radikalen Umschwenken auf rein digitale Geschäftsmodelle ist in absehbarer Zeit allerdings nicht in großem Umfang auszugehen.

Über die Studie

Für den „Branchenkompass Insurance 2021“ wurden im April 2021 insgesamt 108 Führungskräfte aus der Versicherungsbranche befragt. Die Online-Befragung führte das Marktforschungsinstitut mo’web research im Auftrag von Sopra Steria und F.A.Z.-Institut durch. Zusätzlich wurden Telefoninterviews mit drei Entscheidern aus der Versicherungsbranche geführt: mit Michael Diener, Vorstandsmitglied der Neuen Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft (NRV), mit Dr. Matthias Uebing, Gründer und Vorstand der mailo Versicherung, und mit Guido Leber, Bereichsleiter für die Konzern- und Unternehmensstrategie der ALH Gruppe. Die drei Entscheider berichten in der Studie über ihre Erfahrungen, Pläne und Standpunkte.