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Kundenkontaktpunkt-Management: Mehr Effizienz im Marken- und Marktmanagement

In einer zunehmend komplexeren Kommunikationslandschaft steigt die Bedeutung eines ganzheitlichen Kundenkontakt-Managements zwischen Marke und Kunde.
Christoph Spengler | 24.06.2008


Die wachsende Anzahl Kommunikationskanäle und die starke Fragmentierung der Zielgruppen zwingen Unternehmen aller Grössenordnungen mehr denn je zur Selektion. In einer zunehmend komplexer werdenden Kommunikationslandschaft steigt die Bedeutung eines ganzheitlichen, ressortübergreifenden Schnittstellenmanagements zwischen Marke und Kunde. Aktives Kontaktpunkt-Management ermöglicht eine Steigerung der Kontaktqualität mit (potenziellen) Kunden bei gleichzeitiger Kostenersparnis.


Marken werden an unterschiedlichen Kontakt- und Interaktionspunkten über die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens erlebt – über klassische Werbung, die Website, ein Call Center oder das Verkaufspersonal. Schon aufgrund eines einzigen Kontakts mit der Marke entsteht ein positives oder negatives Image. Eine negative Interaktion – zum Beispiel eine endlose Warteschleife beim Telefonanruf im Service Center – kann eine Beziehung beeinträchtigen. Das Gegenteil geschieht, wenn Marken ihre Kunden positiv überraschen. Ein Anruf des Vertriebsmitarbeiters wenige Tage nach der Lieferung macht oft schon den grossen Unterschied.

Moments of Truth: Jeder Markenkontakt zählt für den Erfolg

Die Beispiele verdeutlichen, wie wichtig die verschiedenen Berührungspunkte bzw. Touchpoints der Marke mit Kunden, Nichtkunden und anderen Stakeholdern sind – vor, während und nach dem Kauf. Ob im Business-to-Consumer- oder im Business-to-Business-Bereich: Alle Berührungspunkte mit der Marke sind wichtig. Denn die Kunden betrachten eine Marke immer als Gesamtleistung und erwarten von jedem Kontakt eine maximale Leistung. Dabei wird in den meisten Fällen nicht zwischen Aussen- und Innendienst oder zwischen Chef und Mitarbeitenden unterschieden. Ein Markenkontakt beeinflusst das Kundenerlebnis und hat somit einen direkten Einfluss auf die unternehmerischen Ziele wie Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Markenwahrnehmung.

Gewöhnlich managen Unternehmen ihre Marken-Kontaktpunkte in verschiedenen Ressorts oder Abteilungen wie Marketing, Kommunikation, Public Relations, Vertrieb oder Service – oft wenig koordiniert und mit unterschiedlichen Auffassungen bezüglich Produkt- und Servicequalität. Im hochempfindlichen Kontakt-Universum zählt heute im ‚Augenblick der Wahrheit‘ jedes Detail der Marke. Auch für Marken gilt daher: Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.

Ziele und Nutzen eines wirkungsorientierten, ganzheitlichen Kontaktpunkt-Managements

Um die relevanten Kundenkontaktpunkte so zu gestalten, dass die Marke über alle Schnittstellen hinweg als konsistent erlebt wird, ergibt sich die Notwendigkeit einer ganzheitlichen, abteilungsübergreifenden Betrachtungsweise. Das Schnittstellen-Management ist daher als multidisziplinärer strategischer Ansatz zu verstehen, der in allen marktorientierten Managementbereichen eine Optimierung der Performance verfolgt. Ziele und Nutzen eines wirkungsorientierten Kundenkontakt-Managements sind:

• Gesamtheitliche Beurteilung der Wirkung aller Medien- und Marketingmassnahmen zur Optimierung der Investitionen in der Marken- und Marktkommunikation
• Steigerung der Kontaktqualität bei potenziellen Neukunden und Sicherung dauerhafter Kundenbeziehungen
• Ausgestaltung eines einzigartigen, konsistenten Markenerlebnisses
• Optimierung und Steuerung der Prozesse für die Marken- und Marktkommunikation
• Realisierung von höheren Erträgen durch Zeit- und Kosteneinsparungen

Im Brennpunkt: individuelle 360-Grad-Kontaktpunkt-Analyse

Um die Gesamtwirkung und die Effizienz integrierter Kommunikationsmassnahmen zu messen und zu steuern, bedarf es zur Wirkungsanalyse einer 360-Grad-Perspektive. Angepasst auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens, ermöglicht die 360-Grad-Kontaktpunkt-Analyse eine Verzahnung von Unternehmensstrategie sowie Marken- und Marktstrategie. Eine professionelle Kontaktpunkt-Analyse liefert ein ganzheitliches und in sich abgestimmtes Kennzahlensystem, das auf mehreren Wirkungsebenen Transparenz schafft: Markt, Mitbewerber und Kunden. Wie ein Navigationssystem unterstützt sie die Steuerung der arbeitsteiligen Prozesse im Marken- und Marktmanagement.

Zunächst werden alle Kontaktpunkte systematisch erfasst, die ein Kunde im Rahmen eines Kaufprozesses bzw. im Verlauf des gesamten Kundenlebenszyklus mit einer Marke haben kann. Häufig identifizieren wir bei Kundenprojekten bereits in dieser Phase über hundert Marken-Touchpoints. Umso zentraler ist die Frage: Welche sind relevant für den Erfolg? Aufschluss darüber gibt die 360-Grad-Kontaktpunkt-Analyse. Sie liefert die Faktenbasis für das Bewerten und Steuern der Marken- und Marktkommunikation.

Wie funktioniert das Kundenkontaktpunkt-Management in der Praxis? Ein systematisches Vorgehen verhilft zu raschen Erfolgen:

1. Erfassen der Marken-Kontaktpunkte im Unternehmen und im Markt.
2. Erfolgsmessung mit der 360-Grad-Kontaktpunkt-Analyse.
3. Beurteilung der Stärken und Schwächen einzelner Kontaktpunkte und des Kontaktpunkt-Mix auf den Ebenen Markt, Mitbewerber und Kundengruppen.
4. Setzen und Realisieren der Optimierungsziele für unterschiedliche Kundenkontaktpunkte im Bereich Massenmedien, Point of Sale oder Vertrieb, One-to-One und indirekte Kommunikation.
5. Wiederholungsmessung (Tracking) für die Beurteilung der Strategie- und Massnahmen-Performance.

Von aussen nach innen: Markt- und Kundenorientierung

Die Vorstellung, dass das Kundenkontaktpunkt-Management mit dem Schnittstellenmanagement zu bestehenden Kunden – dem Customer Relationship Management (CRM) – gleichzusetzen ist, greift zu kurz. Denn für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg reicht der alleinige Fokus auf bestehende Kunden nicht aus. Unsere BrandConnex-Untersuchungen zeigen, dass sich Kunden und Nichtkunden in ihrem Kommunikationsverhalten stark unterscheiden. Grosse Unterschiede sind auch bei den verschiedenen Kundenkategorien auszumachen.

Wichtige Fragen sind zum Beispiel:

• Wie beurteilt der (potenzielle) Kunde die Erfahrungen mit der Marke? Womit ist er zufrieden? Womit weniger?
• Wie sollten aus Kundensicht insbesondere die Schlüsselkontaktpunkte optimiert werden?
• Soll die Anzahl Kontaktpunkte vergrössert werden? Oder verkleinert?
• Wie sieht der optimale Multikanal-Mix für die unterschiedlichen Zielgruppen aus?

Touchpoint Value: Messbarkeit und Vergleichbarkeit machen Optimierung erst möglich

Herkömmliche Messgrössen beschreiben oft nur, was den Zielgruppen gesendet wird (Fokus auf Sender), nicht aber, was tatsächlich ankommt. Eine Kontaktpunkt-Analyse misst mittels Befragung, was die Zielgruppen wahrnehmen, was sie nutzen und wie sie sich verhalten (Fokus auf Empfänger).

Um adäquate Handlungsempfehlungen ableiten zu können, müssen die einzelnen Beiträge der Marken-Kontaktpunkte im Vergleich zur Gesamtwirkung gemessen werden. Zentral in der Evaluationsmethode ist die Messung von Bedeutung und Wirkung der Kundenkontaktpunkte. Die Vergleichbarkeit wird mit einer einheitlichen Währung – dem Touchpoint Value – ermöglicht. Dieser Wert berücksichtigt die drei Wirkungsebenen der Kommunikation. Er ist ein qualitatives und ein quantitatives Mass und ergibt sich aus der statistischen Verrechnung folgender Werte:

• Informationswert: Bewertet, wie gut ein Kundenkontaktpunkt relevante Informationen zu Produkt oder Dienstleistungen transportieren kann.

• Attraktivitätswert: Misst die emotionale Komponente und zeigt, wie attraktiv die Informationsübermittlung über den ausgewählten Kontaktpunkt empfunden wird.

• Transaktionswert: Zeigt auf, wie stark ein Kontaktpunkt das Kaufverhalten beeinflusst.

Neben dem Touchpoint Value wird auch die Touchpoint-Assoziation erhoben. Mit diesem Wert lässt sich im Benchmarking beurteilen, welcher Kundenkontaktpunkt von welcher Marke besetzt wird und in welchem Ausmass sich die untersuchten Marken über die Kontaktpunkte differenzieren. Praktiker sind so in der Lage, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und den Fokus auf die relevanten Kontaktpunkte zu legen.

Fokus auf Zielgruppen, Kontaktpunkte und den Prozessen

Nur wenn sich ein Marken-Kontaktpunkt beim (potenziellen) Kunden durchsetzt, kann er etwas bewirken: Er kann den Abverkauf steigern oder die Einstellungen zur Marke verändern und so entsprechend auf die Markenstärke einzahlen.

Auf der Grundlage der Kundenkontaktpunkt-Analyse sprechen alle Mitarbeiter – vom Vorstand bis zum CRM-Manager – eine gemeinsame Sprache, was die Definition und die Beschreibung der Zielgruppen, Kontaktpunkte und Prozesse angeht. Das verbessert das Verständnis, erleichtert die interne Kommunikation und erhöht Effektivität (die richtigen Dinge tun) sowie Effizienz (die Dinge richtig tun) im Marken- und Marktmanagement.

Mit dem Wissen über die relevanten Marken-Kontaktpunkte und die Zielgruppen lässt sich der Massnahmen-Mix gezielt optimieren. So wird es für Unternehmen möglich, Prozesse und Massnahmen zu evaluieren, Mittel und Budgets optimal zu allozieren und einen Beitrag zum langfristigen Geschäftserfolg zu leisten.

Erfolgsentscheidend in der unternehmensspezifischen Strategie und Umsetzung ist daher die Verknüpfung von Zielgruppen, Kontaktpunkten/Kanälen und Vermarktungsprozessen.

Über die Bedeutung und die Wirkung von Marken-Kontaktpunkten

Eine Reihe von Untersuchungen mit BrandConnex in verschiedenen Branchen und Ländern haben zu folgenden Erkenntnissen geführt:

• Die Kundenkontaktpunkte am Verkaufspunkt respektive im Vertrieb generieren rund Hälfte des Markenerlebnisses.
• Im Einzelhandel ist neben dem Store Merchandising die persönliche Beratung im Geschäft am wichtigsten.
• Empfehlungen von Freunden, aus Testberichten oder redaktionellen Beiträgen bestimmen rund ein Drittel des Markenerlebnisses.
• Redaktionelle Beiträge in Printmedien geniessen bei vielen Konsumenten grosse Glaubwürdigkeit.
• Zu über zehn Prozent entscheiden sich Konsumenten aufgrund von Informationen aus dem Internet (Corporate Websites, Blogs, Beiträge in Foren etc.).


Grundlage des Beitrags ist die Publikation von Spengler, Christoph/Brenner, Martina-Stephanie (2008), In: Marketing & Kommunikation 6/7-08, vgl. *.pdf