Software-Einkauf: Business-Anwendungen sind wie Aktien-Investitionen
Welcher Geschäftsführer, CEO, Marketer oder ITler kennt diese Situation nicht: Die zunehmende Digitalisierung bringt eine weitreichende Fülle von Möglichkeiten mit sich, die es zu nutzen gilt, um das Geschäft zukunftssicher aufzustellen oder bessere Entscheidungen treffen zu können. Die Basis dafür sind immer Software-Anwendungen, die auf diverse Geschäftsziele einzahlen – etwa Lead Management oder Call Tracking. Doch oftmals sind die Entscheider überfordert, wenn es um die Auswahl einer bestimmten Plattform geht.
Dann kommen Fragen wie: Welcher Anbieter passt am besten zu mir und meinen Anforderungen? Wie garantiere ich Investitionssicherheit? Woher weiß ich bei der Schnelllebigkeit der heutigen digitalen Welt, ob die Software-Schmiede meiner Wahl auch in Zukunft für mich da ist? Alles wichtige und berechtigte Fragen. Die Antwort ist aber klar: Garantien gibt es nicht – man braucht als Unternehmer also Mut zur Lücke.
Die Lücke zwischen Entscheidung und Investitionssicherheit schließen
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf können die Risiken aber, wenn nicht komplett ausgeschlossen, doch minimiert werden. Entscheider sollten immer folgendes im Hinterkopf behalten: Die Software-Auswahl ist eine strategische Investition. Es geht nicht um den Kauf irgendeines Commodity-Gutes, sondern um eine langfristige Entscheidung, die über fünf, zehn oder noch mehr Jahre tragen soll. Behalten sie diese Grundprämisse im Auge, gelingt es, eine Brücke zwischen Investitionssicherheit und Risiko zu schlagen.
Vorgehen wie bei Wertpapier-Investitionen
Ich selbst benutze gerne, wenn es um den Kauf neuer Software-Anwendungen für mein MarTech-Unternehmen geht, den Vergleich mit einer Investition in Wertpapieren – und gehe auch genauso gründlich dabei vor: Nicht nur die Überlegungen dahinter, sondern auch die Prozesse beim Aktienkauf ähneln sich bis zu einem gewissen Punkt. Heißt: Käufer von Software sollten darauf achten, dass die neue Lösung nicht nur das tut, wofür sie in der aktuellen Situation gekauft wird. Vielmehr sollten die Programme und der Anbieter genau unter die Lupe genommen werden – es bedarf also einer gründlichen Due Diligence.
Dabei sollten sich Entscheider folgende und ähnliche Fragen stellen:
- Wird die Software auch künftigen Business-Anforderungen gerecht (ist sie etwa quantitativ und geografisch skalierbar)?
- Ist garantiert, dass die Anwendung künftig an neue Marktherausforderungen angepasst wird (ohne ständig neue Module hinzukaufen zu müssen)?
- Stellt der Hersteller sicher, dass neue Technologien und Trendthemen wie KI und Big Data kontinuierlich integriert und für die Kunden nutzbar werden?
Oder in einem Satz übertragen in das Bild des Aktienkaufs: Bewirkt die Investition eine positive Entwicklung für mein Unternehmen?
Checkliste für die erfolgreiche und nachhaltige Auswahl von Software-Anwendungen für Unternehmen – Due Diligence-Abfrage:
Um konkret zu werden, möchte ich Unternehmern und anderen Entscheidern, die sich vor dieser komplexen Aufgabe befinden, eine Checkliste an die Hand geben, die sie im Prozess unterstützen und die sie einfach abarbeiten können:
1. Der Anbieter muss mein Geschäftsmodell verstehen
Der Anbieter sollte in dem, was er tut, Spitze sein! Konkrete Branchen- und Business-Kenntnisse des Software-Anbieters sind unbedingte Voraussetzung für eine Anschaffung. Denn: Nur dann kann ich sicher sein, dass die Software auch wirklich auf genau zu meinen Anforderungen passen wird. Wenn er schon beim Beratungsgespräch mir als künftigen Kunden aufzeigen kann, wie ich Features in meine Prozesse integrieren, meine Mitarbeiter effizient schulen und schnell Benefits generieren kann, ist es ein guter Hinweis darauf, dass es klappen könnte. Kann er mir dann auch noch an meine konkreten Rahmenbedingungen (Lieferketten, Regularien, Marktbedingungen) orientiert, weitere Chancen aufzeigen, ist das ein zusätzliches Plus.
Zudem sollte der Anbieter von vornherein verstehen, wo ich mit meinem Geschäft in den nächsten fünf bis zehn jahren hin will und bereit sein, dies auch innerhalb seiner Lösung abzubilden. Stichworte hier sind: Zukunftssicherheit, Forschung & Entwicklung sowie Investitionen in die Software-Lösungen. Nur wenn etwa gleich zu Beginn klar ist, dass Teile der in die Lösung investierten Nutzungsgebühren verpflichtend vom Anbieter in die Weiterentwicklung gesteckt werden, kommt das Software-Produkt in Frage. Commitment ist eben keine Einbahnstraße!
2. Von Anfang an ausschließlich auf SaaS-Lösungen setzen
So banal es klingt: Es macht wirklich nur noch in den seltensten Fällen Sinn, sich nicht auf die Cloud zu verlassen. Sie löst alle Herausforderungen rund um die Themen Skalierbarkeit, Last, Standort, Wartung und Sicherheit. So kann man von vornherein viele Hürden schnell und einfach ausblenden und weiß, dass man vieles schon richtig gemacht hat.
Grundsätzlich gilt: Eine intern organisierte IT wird künftig ihre Schwierigkeiten haben, mit der Geschwindigkeit der Digitalisierung schtittzuhalten. Daher mein Rat: Unternehmer sollten so viel IT-Infrastruktur und digitale Prozesse wie möglich in die Cloud geben. Wenn ich mir aber so manches Unternehmensorganigramm ansehe, das immer noch eine “EDV & Organisations-Abteilung“ aufweist, merke ich, dass wir von dieser Denke noch meilenweit entfernt sind.
3. Beteiligung an der künftigen Entwicklung der Lösung
Die konkrete Frage lautet: Gibt es ein Customer Board und kann ich mich direkt beteiligen? Das ist ein gutes Anzeichen dafür, dass dem Anbieter die Entwicklung seiner Kunden am Herzen liegt und er gemeinsam mit diesen wachsen und sich weiterentwickeln will. Zudem zeigt die Beteiligung der Kunden, dass das Software-Unternehmen versteht, dass seine Kunden nicht nur Geld für den Moment in die Hand nehmen, sondern eine langfristige und nachhaltige Geschäftsbeziehung und gegenseitige Unterstützung wünschen.
4. Grad der Unterstützung durch den Anbieter
Gleich zu Beginn der Sondierungen sollte klar definiert sein, was das Software-Unternehmen wirklich bietet. Handelt es sich um einen Do-it-your-self- (DIY), do-it-for-me- (DIFM) oder do-it-with-me-Service (DIWM)? Das ist wichtig, denn der Teufel steckt oftmals im Detail – oder besser in der Kommunikation. Denn: Häufig treten bei der Auftragserteilung, der späteren Implementierung und im Betrieb einer neuen Software-Lösung Missverständnisse auf – meist sind die Verantwortlichkeiten darüber, wer was tut nicht klar geregelt. das führt zu Verstimmungen.
Idealerweise bietet der Hersteller meiner Wahl alle drei Formen der Projektumsetzung an, so dass ich auswählen kann, welcher am besten zu mir und meiner Organisationsreife passt – oder ggf. auch später zusätzliche Leistungen hinzubuchen kann.
5. Finger weg von von reinen Vertriebsmodellen
Bei der Auswahl des richtigen Software-Partners gilt es zudem zu checken, wo die Komponenten bzw. die Software selbst herkommt: Man sollte es vermeiden, über reine Reseller oder solche Anbieter zu kaufen, die einen Großteil ihrer Komponenten und Features bei andere einkaufen und diese dann nur zusammenführen. In solchen Fällen ist nämlich die Unterstützung in Service-, Wartungs- und Lizenzfragen-Fragen nicht immer zu 100% sichergestellt. Ich habe also weniger Einfluss darauf wie schnell und gut mir geholfen wird bzw. werden kann – und, ob mir überhaupt jemand helfen kann. Also lieber sein lassen!
Es gibt aber auch Umstände, wo es nicht anders geht – etwa weil man die räumlich Nähe zum Händler sicherstellen muss. Dann rate ich folgendes: Bevor sich ein Unternehmer für diesen konkreten Schritt entscheidet, sollte er…
- …sicherstellen, dass der Geschäftspartner beim eigentlichen Software-Anbieter ein gutes Standing hat und für die notwendige Unterstützung sorgen kann.
- …den Hörer in die Hand nehmen und sich bei genannten Referenzkunden (vorzugsweise aus der eigenen Branche) direkt erkundigen, ob diese mit dem Service zufrieden sind und wie genau die Zusammenarbeit abläuft und geregelt ist.
Wenn Unternehmer und Beschaffungsentscheider diese Ratschläge ernst nehmen und beherzigen, sind sie auf einem guten Weg, um die für ihr Geschäft richtigen Software-Lösungen und -Anbieter auszuwählen. Natürlich beseitigt man so nicht alle Risiken zu 100 Prozent, aber die wahrscheinlichkeit eines Fehlgriffs und damit einer negativen Auswirkung auf den eigenen Unternehmenserfolg wird deutlich minimiert.
Über den Autoren:
Frank G. Froux ist Gründer und CEO des 2006 gegründeten Martech-Unternehmens matelso aus Kaiserslautern. Mit rund 25 Jahren Erfahrung in der IT- und Tech-Branche ist der studierte Wirtschaftsingenieur und Tech-Enthusiast kontinuierlich von einem Gedanken getrieben: Seine Kunden wertschöpfende digitale Lösungen und Plattformen bieten, die sie beim Erreichen ihrer Business-Ziele unterstützen.