Papier - rundum nachhaltig
Author: Bernhard Cantzler, Head of Marketing & Innovation Mondi UFP
Mit Recycling alleine ist es nicht getan: Auf dem Weg zu einer wahrhaft nachhaltigen Papierindustrie müssen sowohl Hersteller als auch Konsumenten aus dem Vollen schöpfen. Eine verantwortungsvolle Forstwirtschaft, der Einsatz alternativer Rohstoffe sowie die Reduktion des Energieverbrauchs in der Produktion helfen, Papier als zukunftsfähigen und klimafreundlichen Rohstoff zu etablieren.
Von Papier zu Plastik und wieder zurück zu Papier: Über die letzten Jahrzehnte hat sich die Vorstellung, welcher Rohstoff für Verpackungen nun der umweltfreundlichste ist, immer wieder gewandelt. Aufgrund seiner hohen Recyclingfähigkeit wird Papier im Kontext der Nachhaltigkeitsbewegung immer attraktiver. Plastikverpackungen hingegen bestehen trotz zunehmender Recycling-Bemühungen im Schnitt immer noch zu 89 Prozent aus Neumaterial. Glas ist ein weiterer „heißer“ Kandidat – im wahrsten Sinne des Wortes: Für das Einschmelzen von Glas zu Recycling-Zwecken sind hohe Temperaturen vonnöten, die wiederum den Energieverbrauch in die Höhe treiben.
Chancen und Grenzen des Papier-Recyclings
In Europa wird über 73 Prozent des Papiers auf dem Markt wiederverwendet1. Damit liegt Europa knapp unterhalb der natürlichen Recycling-Obergrenze von ca. 78 Prozent. Die restlichen 22 Prozent entfallen auf Bücher oder wichtige Dokumente, die für längere Zeit aufbewahrt werden. Dies ist grundsätzlich der Wermutstropfen bei allem Recycling-Enthusiasmus: Papier lässt sich nicht unendlich oft recyceln. Nach vier bis sechs Lebenszyklen sind die Fasern schlichtweg zu kurz. Daher ist ein gewisser Anteil an Frischfasern im Umlauf notwendig, um weiterhin Recycling zu ermöglichen und so den Nachhaltigkeitskreislauf in Gang zu halten. Doch auch für die viel zu kurzen Papierfasern gibt es ein Leben nach dem Altpapier, so lassen sie sich beispielsweise als umweltfreundlicher Einblasdämmstoff für Gebäude weiterverwerten. Die Non-Profit-Organisation Cepi (European association representing the paper industry) zum Beispiel setzt sich für eine europäische Abfallpolitik ein, die die Wiederverwertung von Papier fördert und den Fluss von recycelten Fasern in die Lieferkette verbessert.
Nachhaltige Forstbewirtschaftung – wenn Recycling nicht reicht
Da es nicht möglich ist, Papier für diesen Gebrauch unendlich zu recyceln, bleibt die Gewinnung und Verarbeitung von Frischfasern notwendig. Zellulose ist ein nachhaltiger, aber langsam nachwachsender Rohstoff. Es gilt also, mit Blick auf sich verändernde Klimabedingungen und im Einklang mit dem gesamten Ökosystem resiliente Forstwirtschaftsflächen zu schaffen.
Der Herausforderung einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung stellen sich viele Akteure der Papierindustrie proaktiv seit vielen Jahren. Hersteller wie Mondi nehmen daher bereits seit längerem den Anbau selbst in die Hand und setzen auf eine nachhaltige Bewirtschaftung von Forstflächen. Für seine Papierfabriken auf der ganzen Welt verwendet Mondi ausschließlich Zellstoff aus Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden – ob durch das Unternehmen selbst oder durch seine Partner. Bestimmte Siegel wie zum Beispiel FSC® oder PEFC™ geben Kunden Orientierung bei der Auswahl eines nachhaltigen Produkts.
Es muss nicht immer Holz sein
Aktuell kristallisiert sich in der Papierherstellung Gras als vielversprechende Alternative und Ergänzung zu Holz heraus, da dieser Rohstoff besonders schnell nachwächst. Zwar muss auch bei Graspapier weiterhin eine bestimmte Menge an Cellulose zugegeben werden, um dem Papier die notwendige Steifigkeit zu verleihen. Dennoch wird der Frischfaserverbrauch durch die Zugabe von Grasfasern reduziert.
Mondi verwendet in seinem Graspapier IQ GRASS+ PACKAGING derzeit 30 Prozent Grasfasern. Im Vergleich zu herkömmlichen ungestrichenen Feinpapieren ist IQ GRASS+ PACKAGING durch die Zumischung der gröberen Grasfaser deutlich reißfester. Zudem ist das Graspapier für Flexodruck-Verfahren optimiert, die besonders beim Bedrucken von Verpackungen eingesetzt werden. Dank seiner Zertifizierung im Bereich Lebensmittelsicherheit steht das Graspapier von Mondi auf dem Verpackungsmarkt reinen Zellulose-Produkten in nichts nach.
Stellschraube Produktion für die Energieeinsparung
Neben dem Einsatz schnell nachwachsender, alternativer Rohstoffe ist auch die Reduktion von Treibgasemissionen eine zentrale Stellschraube auf dem Weg zu einer nachhaltigen Papierproduktion. Dabei setzen Papierhersteller neben der Erhaltung und Förderung von CO2-bindenden Ökosystemen unter anderem auf Energieeffizienzmaßnahmen sowie Strom aus regenerativen Quellen.
Mondi arbeitet aktiv daran, die CO2-Emissionen der eigenen Produktion zu senken und hat seit 2004 bereits Einsparungen von 45 Prozent umgesetzt. Bis 2050 ist eine Reduktion der Treibgasemissionen um 72 Prozent im Vergleich zum Emissionswert 2014 geplant. Auf dem Weg zu diesem ehrgeizigen Klimaziel setzt Mondi unter anderem auf Biomasse als Energiequelle und investiert in die Modernisierung der Produktionsstandorte sowie die Verbesserung der Energieeffizienz. Für diese Bemühungen wurde Mondi 2020 vom CDP als eines von nur zehn Unternehmen weltweit mit einem Triple A-Score für seine Umweltleistung in den Bereichen Klima, Wald und Wassersicherheit ausgezeichnet. Daneben bietet Mondi fast sein gesamtes Portfolio aus dem österreichischen Werk Mondi Neusiedler seit April 2021 als CO2 neutral an und hilft so Kunden ihre CO2-Bilanz zu verbessern.
Offene Kommunikation für mehr Nachhaltigkeit
Die Papierindustrie packt an, um ihr Geschäft in eine noch nachhaltigere Zukunft zu führen. Das gesteigerte Interesse der Öffentlichkeit beflügelt dieses Umdenken. Durch branchenweite Transparenz können Papierhersteller auch Konsumenten bei ihren eigenen Nachhaltigkeitsambitionen unterstützen. Informationen über die CO2-Neutralität der Produkte auf Verpackungen, Informationsmaterial für Kunden, aber auch anerkannte Siegel wie FSC™, PEFC™ oder das EU Ecolabel liefern Kunden eine objektive Entscheidungsgrundlage und unterstützen den Wandel des Papiermarktes hin zu mehr Nachhaltigkeit.