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Nachhaltigkeit als Megatrend

Wie Unternehmen von gutem Nachhaltigkeitsmanagement und glaubwürdiger Nachhaltigkeitskommunikation profitieren können.
Tina Teucher | 31.08.2020
Der Markt hat Lust auf Zukunft © Freepik / onlyyouqj
 

Kinder gehen für ihre Zukunft auf die Straße, Politiker*innen werden immer grüner: Der Megatrend Nachhaltigkeit wirkt auf Gesellschaft und Politik – und spielt auch in der Wirtschaft eine wachsende Rolle. Wie aber können Unternehmen dieses Potenzial nutzen und ihr Engagement glaubwürdig kommunizieren?

Nachhaltigkeit als Megatrend

Verloddert war gestern: Wer heute im Biomarkt einkauft, trifft dort längst nicht mehr nur Ökosandalenträger, sondern einen bunten Mix vom chicen Hipster über den fürsorglichen Jungvater bis zur eilenden Businessfrau, die kurz vor Ladenschluss noch fürs Abendessen einkauft. Konsumenten, die einem „Lifestyle of Health and Sustainability“ (LOHAS) folgen, fordern eine ökologisch und sozial verantwortliche Wirtschaftsweise ein. Marketingexpertinnen beobachten, dass diese Zielgruppe immer größer wird. Der Biohandel ist seit Jahren das am stärksten wachsende Segment im deutschen Lebensmittelhandel. Erneuerbare Energien überholten im Juli 2020 erstmals fossile Energien im europäischen Strommarkt. Nachhaltige Investments erfreuen sich in Europa zweistelliger Wachstumsraten. In der deutschen Start-up-Szene ist die Green Economy das zweitgrößte Gründungsfeld. Gleichzeitig arbeitet die Politik daran, Nachhaltigkeit in die Marktmechanismen zu integrieren und fordert daher Verantwortung von den Marktakteuren: Seit 2017 gilt in der EU die CSR-Berichtspflicht – alle Firmen mit über 500 Mitarbeitern müssen nichtfinanzielle Kennzahlen zu Themen der Unternehmensverantwortung –  also über ihre Corporate Social Responsibility (CSR) – berichten.

Vorsicht vor Marketing-Fallen

Dabei tappen viele Unternehmen in eine Marketing-Falle: Schwammige Marketingaussagen, Verheimlichung und falsche, beschönigende Fakten (sog. „Greenwashing“) können schwerwiegende Folgen für das Image und damit auch für die finanzielle Situation eines Unternehmens mit sich bringen. Aktives Nachhaltigkeitsmanagement und Nachhaltigkeitskommunikation können solche Risiken verringern und sich positiv auswirken, z.B. durch:

- Image – Reputation stärken, politische Position verbessern

- Kosteneinsparungen – Ineffizienzen aufdecken, künftige Kosten vermeiden

- Gesetze – Zukünftige Vorgaben vorwegnehmen und mitgestalten

- Wettbewerbsvorteil - Konsumentenbedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit begegnen, neue Märkte erschließen

- Mitarbeiterbindung – erhöhte Arbeitgeberattraktivität, Stolz und Motivation der Mitarbeiter fördern

- Umsatz - Studien zeigen, dass Unternehmen mit hoher Nachhaltigkeitsexpertise zu höheren Finanzergebnissen tendieren

Welchen Beitrag leisten Unternehmen zur globalen Vision?

Früher oder später positioniert sich jedes Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit, denn sie steht als Vision auf der globalen Agenda. 2016 haben sich die Vereinten Nationen mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) stolze Ziele gesetzt: Bis 2030 wollen sie Hunger und Armut auslöschen, faire Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum für alle ermöglichen, verantwortungsvollen Konsum durchsetzen und vieles mehr.

Allerdings sehen die politischen Akteure die Verantwortung nicht nur bei der Politik, auch die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft sollen im Sinne der SDGs handeln. Damit rücken Unternehmen im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsverantwortung immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Sie sind Entscheider mit viel Innovationskraft – und mindestens ebenso viel Handlungspotenzial.

Good Practice: Rügenwalder Mühle

Eine zukunftsfähige Ausrichtung bedeutet manchmal, dass radikale Veränderungen hermüssen. Doch welches Unternehmen wandelt schon gern das ganze Geschäftsmodell oder hinterfragt die üblichen Grundrohstoffe der eigenen Produkte? Ausgerechnet der vielleicht eingefleischteste Fleischhersteller, die Rügenwalder Mühle, will bis 2020 ein Drittel des Umsatzes mit vegetarischen Produkten erwirtschaften. Reflexartig warf der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie dem Unternehmen vor, sein Vorhaben würde die ganze Branche in Verruf bringen.

Rügenwalder ließ sich nicht beirren und blieb sich treu: „Weil wir Fleisch so lieben, machen wir es jetzt auch aus Pflanzen.“ Das stellte sich als Erfolg auf ganzer Linie heraus, denn die Kunden lieben die vegetarischen Schnitzel, Nuggets und Burger. Auch die Mitarbeiterzahl ist allein im Zeitraum 2014 bis 2016 um mehr als ein Sechstel gestiegen und wächst weiter. Dem Unternehmen bringt seine Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation also erfreuliche Entwicklungen in den Bereichen Image, Motivation, Innovation und Wettbewerbsvorteile.

Erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation: Zuhören, handeln und reden

Um das eigene Nachhaltigkeitsengagement glaubwürdig zu kommunizieren und damit das Vertrauen von Stakeholdern zu gewinnen, braucht das Unternehmen eine auf diese Gruppen abgestimmte Strategie, klare Botschaften und Transparenz über das eigene Handeln. Erfolgreiche Kommunikation besteht dabei aus einem Kreislauf aus den drei Phasen Zuhören, Handeln und Reden (Abb. 1).

Abb. 1: Nachhaltigkeitskommunikation im 3-Phasen-Kreislauf. © Tina Teucher



Der erste Schritt ist eine Bestandsaufnahme. Dabei lauten die wichtigsten Fragen in der Analysephase des Zuhörens:

1. Welche Stakeholder sind für uns wesentlich und welche Erwartungen stellen sie an unser Unternehmen?

2. Welche Megatrends beeinflussen die Entwicklung unseres Markts und verändern das Stakeholderverhalten?

3. Welche Nachhaltigkeitsansätze existieren bei uns bereits und wie werden sie kommuniziert?

Für die Betrachtung des Status quo geeignet sind Stakeholder-Dialoge, die die Eigen- und Fremdwahrnehmung des Unternehmens aufzeigen und Chancen und Risiken für die Zukunft ableiten.

Daraus entstehen neue Erkenntnisse für das Unternehmen:

- Welche Aspekte sollen Eingang in Leitbild und Strategie finden?

- Wie lassen sich Vision, Mission und Leitbild nachhaltigkeitsbezogen formulieren?

- Welche Ziele können wir setzen, die Tradition und Innovation verbinden und dadurch auch eine starke Zugkraft in der internen und externen Kommunikation entwickeln können?

Aus dieser Reflexion ergeben sich die Grundlagen für das weitere Handeln:

- Welche Strategien und Maßnahmen sollen ergriffen werden? Wie lässt sich ein ggf. bestehendes Nachhaltigkeitsmanagement in seiner Performance verbessern?

- Was bedeutet das für die Kommunikationsstrategie?

- Welche Botschaften und Gefühle lassen sich dabei vermitteln?

Krisenfester dank langfristiger Strategie

Erst am Ende (und neuen Anfang) dieses Kreises folgt die Kommunikation nach außen hin – beispielsweise in Form des Nachhaltigkeitsberichts, der Kommunikation in den Sozialen Medien oder Pressemitteilungen. Das Feedback auf diese Kommunikation fließt schließlich wieder in die Strategiefindung und Reflektion des Unternehmens ein.

So bleiben Unternehmen mit ihren Stakeholdern im Dialog, können Risiken und Trends effektiver erkennen und flexibler auf Veränderungen reagieren. Diese Fähigkeit nennt sich Resilienz. Sie ist es, die Unternehmen langfristig stärkt, ihre Zukunftskompetenz erhöht und das Vertrauen in ihr verantwortungsvolles Handeln sichert. Damit stellen sie sich auch ökonomisch zukunftsfähig auf. Solche Unternehmen können einen echten Beitrag dazu leisten, die anspruchsvollen Ziele nachhaltiger Entwicklung in den nächsten Jahren zu erreichen.