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Linguistisches SEO – Textverständlichkeit in der Suchmaschinenoptimierung

Erfahren Sie, wie Sie Textverständlichkeit als Qualitätskriterium im Bereich der Suchmaschinenoptimierung für sich nutzen können.
© Congree Language Technologies GmbH
 
Ein Artikel von Tobias Merz

Die Verständlichkeit eines Texts ist eines seiner wichtigsten Qualitätsmerkmale. Insbesondere für Texte, die auf Webseiten veröffentlicht werden, spielt die Verständlichkeit eine große Rolle. Denn erscheint das Gelesene nicht direkt verständlich, so ist es für den Nutzer ein Leichtes, sich die Informationen auf einer anderen Webseite zu suchen.

Deshalb scheint es naheliegend, dass ein verständlicher Text nicht nur von Personen, sondern auch von Suchmaschinen wie Google für besser empfunden wird. Umso erstaunlicher ist es, dass die Textverständlichkeit als Qualitätskriterium im Bereich der Suchmaschinenoptimierung bisher kaum Beachtung findet.

Was ist Textverständlichkeit?


Die Textverständlichkeit beschreibt, wie verständlich ein Text für den jeweiligen Rezipienten ist. Dabei lässt sich die Textverständlichkeit in drei Bereiche einteilen: Leserlichkeit, Lesbarkeit und Verständlichkeit.
Die Leserlichkeit beschreibt, wie gut ein Text über die Sinnesorgane aufgenommen werden kann. Im Rahmen der Leserlichkeitsforschung wird also die Qualität der grafischen und typografischen Gestaltung von Texten untersucht. Einfluss auf die Leserlichkeit haben damit beispielsweise die Schriftart, die Schriftgröße und der Kontrast.

Mit der Lesbarkeit kann beschrieben werden, wie gut der Leser die gelesenen Worte und grammatikalischen Konstruktionen verstehen und einordnen kann. Im Gegensatz zur Leserlichkeit lässt sich die Lesbarkeit exakt mit Formeln berechnen. Die wohl bekannteste Lesbarkeitsformel ist die Reading-Ease-Formel von Rudolf Flesh.

Sowohl die Leserlichkeit als auch die Lesbarkeit beschreiben dabei jedoch lediglich Eigenschaften der Textoberfläche. Aussagen über den Inhalt eines Texts und vor allem, wie gut der Inhalt vom Leser verstanden wird, können damit nicht getroffen werden. Dabei ist das der wichtigste Aspekt, wenn es darum geht, einen verständlichen Text zu verfassen. Deshalb setzt die Verständlichkeitsforschung auf den beiden Bereichen Leserlichkeit und Lesbarkeit auf und bezieht inhaltliche Aspekte sowie Eigenschaften des Lesers mit ein.

Das wohl bekannteste Konzept der Verständlichkeitsforschung ist das Hamburger Verständlichkeitskonzept, bei dem die Textverständlichkeit anhand der vier Dimensionen Einfachheit, Gliederung-Ordnung, Kürze-Prägnanz und zusätzliche Stimulanz beschrieben wird.

Wie wird die Textverständlichkeit erhöht?


Um die Textverständlichkeit zu erhöhen, eignet sich u.a. das Karlsruher Verständlichkeitskonzept von Susanne Göpferich, das als eine Art Weiterentwicklung des Hamburger Konzeptes gesehen werden kann. Beim Karlsruher Verständlichkeitskonzept werden Sender, Adressat und Textsorte derart in einen Zusammenhang gebracht, dass eine gezielte Optimierung der Verständlichkeit für den jeweiligen Adressaten möglich ist. Dazu wird ein spezieller Bezugsrahmen verwendet, mit dem die Verständlichkeitsdimensionen des Konzeptes priorisiert werden können.

Um das Konzept jedoch an konkreten Texten anwenden zu können, benötigt es Schreibregeln, mit denen die Anforderungen an die einzelnen Dimensionen praktisch umgesetzt werden können. Dabei ist eine im Vorfeld getätigte Priorisierung der Dimensionen stets zu berücksichtigen, da andernfalls eine Erhöhung der Textverständlichkeit nur schwer möglich ist.

Wichtig ist dabei, dass eine Optimierung der Textverständlichkeit immer nur für den jeweiligen Adressaten erfolgen kann. Der Leser ist der wichtigste Bestandteil im Bezugsrahmen des Karlsruher Verständlichkeitskonzepts. Es muss klar sein, wer den Text liest und vor allem, welche Vorkenntnisse er über das beschriebene Thema hat.

Der Optimierungsprozess erfolgt deshalb idealerweise erst dann, wenn ein genaues Bild vom Leser vorhanden ist. Da jeder Text einzigartig ist, ist es schwierig, Texte auf Basis von allgemeinen Zielgruppen zu optimieren. Besser, wenn auch deutlich aufwändiger, ist es, für jeden Text eine individuelle Zielgruppe zu definieren. Besonders hilfreich sind dabei Daten über das Nutzerverhalten der Leser wie beispielsweise die Verweildauer oder das verwendete Endgerät.

Das Besondere an dem Karlsruher Verständlichkeitskonzept ist dabei die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des gesamten Optimierungsvorgangs. So kann für den Fall, dass der erhoffte Erfolg ausbleibt, schnell die Stelle im Prozess gefunden werden, an der womöglich Fehler gemacht wurden.

Ist eine optimierte Lesbarkeit nicht ausreichend?


Der Nachteil an der Verwendung von Verständlichkeitskonzepten ist der extrem hohe Aufwand, den sie mit sich bringen. Da erscheinen Lesbarkeitsformeln aufgrund ihrer einfachen maschinellen Umsetzbarkeit als eine willkommene Alternative.

Doch das alleinige Optimieren der Lesbarkeit ist keinesfalls sinnvoll und führt weder zu einer Erhöhung der Verständlichkeit noch zu besseren Rankings in Suchmaschinen. Denn bei genauer Betrachtung können viele Maßnahmen, die zu einer besseren Lesbarkeit führen im Kontrast zu Maßnahmen stehen, die den Text inhaltlich verständlicher machen.

Ein einfaches Beispiel ist das Wort „Suchmaschinenoptimierung“ und das aus der englischen Übersetzung entnommene Akronym „SEO“. „Suchmaschinenoptimierung“ ist mit einer Wortlänge von 8 Silben im Vergleich zu „SEO“ laut Lesbarkeitsformeln deutlich schlechter lesbar. Bei einer Optimierung der Lesbarkeit ist demnach das Wort „SEO“ zu bevorzugen. Für Laien auf dem Gebiet der Suchmaschinenoptimierung kann es jedoch sinnvoll sein, das längere Wort dem Akronym vorzuziehen. Aufgrund der Basismorpheme des Kompositums hat der Leser so zumindest die Möglichkeit, die Bedeutung des Worts zu erahnen, was bei dem Akronym „SEO“ nicht gegeben ist. Das bedeutet, obwohl die Lesbarkeit des verwendeten Worts schlechter ist als die der Alternative, ist für die entsprechende Zielgruppe eine bessere Verständlichkeit gegeben.

Welche Auswirkung hat die Textverständlichkeit auf SEO?


Und welche Auswirkung die Textverständlichkeit auf die Suchmaschinen-Rankings von Webseiten hat, habe ich in meiner Master-Thesis untersucht.
Dabei habe ich bereits bestehende Inhalte mithilfe des Karlsruher Verständlichkeitskonzepts und Schreibregeln aus dem Bereich der Technischen Kommunikation überarbeitet. Hier ein kleiner Auszug aus den Schreibregeln:
- Die Wortwahl dem mentalen Denotatsmodell anpassen (Wörter auf Basis des Vorwissens der Adressatengruppe wählen).
- Redundanzen richtig einsetzen.
- Unerwünschte Redundanz vermeiden (Wörter, die den Text verlängern, ohne zusätzliche Informationen zu liefern).
- Kalkulierte Redundanz sinnvoll einsetzen (Bilder, Vergleiche und Beispiele).
- Funktionsverbgefüge vermeiden.

Mithilfe des Karlsruher Verständlichkeitskonzepts habe ich für jeden Text individuelle Anforderungen beschrieben und basierend darauf eine Priorisierung der Schreibregeln vorgenommen. Dieser Überarbeitungsprozess ist zwar sehr aufwändig, hat aber zu durchaus positiven Ergebnissen in Bezug auf die Suchmaschinen-Rankings der Inhalte geführt. Der organische Traffic ist dadurch über einen Zeitraum von 4 Monaten um 75 % gestiegen. Dieses positive Ergebnis wird durch die Kontrollgruppe, bei der der organische Traffic über den beobachteten Zeitraum nahezu unverändert geblieben ist, bestärkt.

Da sich in der Suchmaschinenoptimierung viele Messwerte gegenseitig bedingen, hat die verbesserte Verständlichkeit nicht nur zu einem Anstieg des organischen Traffic in Form von Klicks auf die Suchergebnisse auf den Suchergebnisseiten von Google geführt, sondern auch zu einer Steigerung der durchschnittlichen Position, auf der die Suchergebnisse ausgespielt werden. Diese ist von Position 21 auf Position 14 gestiegen, also von der dritten Suchergebnisseite auf die zweite. Der Anstieg der Position sowie die Überarbeitung des Titels und der Meta Description haben wiederum zu einem Anstieg der Klickrate um 13 % geführt.

Wenngleich die Ergebnisse auf einem Einzelfall beruhen, lässt sich festhalten, dass durch eine gezielte Optimierung der Textverständlichkeit Suchmaschinen-Rankings von Webseiten sichtlich erhöht werden können. Denn die Textverständlichkeit wird scheinbar nicht nur von Personen als Qualitätsmerkmal von guten Texten angesehen, sondern auch von den Algorithmen der Suchmaschinen.

Konkret bedeutet das, unter den vielen Kriterien, die Suchmaschinen verwenden, um Webseiten zu bewerten, ist die Textverständlichkeit eine davon. Verständliche Texte sind qualitativ hochwertiger und haben deshalb bessere Chancen gute Rankings zu erreichen. Die Optimierung hin zu verständlicheren Texten kann entsprechend zu einem Schub in den organischen Rankings von Suchmaschinen führen.

tl;dr


Verständliche Texte sind qualitativ hochwertiger und haben deshalb bessere Chancen gute Rankings zu erreichen. Die Optimierung hin zu verständlicheren Texten kann entsprechend zu einem Schub in den organischen Rankings von Suchmaschinen führen.