print logo

Wie sucht Deutschland im Internet?

Unangefochten behauptet sich Google als Suchmaschine. Immer mehr Menschen nutzen jedoch auch Social Media, um sich zu informieren und auch zur Suche.
Martin Grahl | 25.10.2024

In einer Welt, in der "googeln" seit Jahrzehnten zum Synonym für die Online-Suche geworden ist, stellt sich die Frage: Wie suchen die Deutschen heute wirklich im Internet? Die digitale Landschaft hat sich in den letzten Jahren durch neue Social Media Kanäle wie TikTok oder Innovationen wie der künstlichen Intelligenz (KI) stark verändert. Um belastbare Einblicke in das tatsächliche Suchverhalten der Menschen zu gewinnen, hat das Marktforschungsunternehmen Appinio eine umfassende Studie durchgeführt.

Methodik und Hintergrund

Im April 2024 befragte Appinio 1.001 Menschen in Deutschland zu ihrem Such- und Nutzungsverhalten auf verschiedenen digitalen Plattformen. Die Studie zielte darauf ab, ein klares Bild der aktuellen Suchgewohnheiten über alle Altersgruppen hinweg zu zeichnen.

Infografik Übersicht

Google & Co: Nach wie vor der Riese unter den Suchmaschinen

Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich: Die Suchmaschinen behalten ihre dominante Position im Suchmarkt.

  • 75% der Befragten nutzen Google und andere Suchmaschinen als primären Einstieg für Informationssuchen
  • 62% greifen täglich auf Suchmaschinen zurück

 

Diese Zahlen unterstreichen, dass Google & Co trotz neuer Konkurrenten weiterhin die erste Anlaufstelle für die meisten Nutzenden bleibt, wenn es um die Suche nach Informationen geht.

Die Rolle von Social Media in der Suche

Während Google & Co dominieren, gewinnen Social-Media-Plattformen an Bedeutung:

  • Instagram wird von 12%, Facebook von 11% und TikTok von 9% für Informationssuchen genutzt
  • Social-Media-Plattformen werden primär zur Unterhaltung genutzt: Instagram 76%, TikTok 74%, Facebook 64%
  • Für die Suche nach Hilfe oder Anleitungen nutzen 14% TikTok (Gen Z: 25%), 13% Instagram (Gen Z: 25%) und 12% Facebook (Gen Z: 15%)
  • Bei der Reiseplanung sind soziale Medien besonders bei jüngeren Nutzenden beliebt: 22% der 16-27-Jährigen nutzen Instagram, 15% TikTok

Diese Zahlen zeigen, dass Social-Media-Plattformen zwar nicht die Hauptquelle für Informationssuchen sind, aber dennoch eine wichtige Rolle spielen, besonders bei jüngeren Nutzenden und für spezifische Themen wie Unterhaltung und Reiseplanung.

Die Rolle von KI und Chatbots

Obwohl KI-Plattformen an Bedeutung gewinnen, zeigt die Studie, dass sie klassische Suchmaschinen kurzfristig nicht ablösen werden:

  • 55% der Deutschen nutzen bereits KI-Chatbots wie ChatGPT oder Gemini
  • 13% greifen auf KI-Chatbots und 9% auf KI-Suchmaschinen für Informationsrecherchen zurück
  • Allerdings nutzen nur 7% KI-Chatbots und 6% KI-Suchmaschinen täglich
  • Bei spezifischen Themen wie Gesundheit oder Finanzen werden KI-Plattformen von weniger als 10% genutzt

Diese Zahlen verdeutlichen, dass KI-Technologien zwar Potenzial haben, aber noch nicht im Mainstream angekommen sind.

E-Commerce und Produktsuche: Amazon als starker Konkurrent

Im Bereich der Produktsuche zeigt sich ein etwas anderes Bild:

  • Amazon ist mit 57% die meistgenutzte Plattform für Produktsuchen
  • Suchmaschinen folgen knapp dahinter mit 54%
  • Branchenspezifische Plattformen 30% und Preisvergleichsseiten 29% spielen ebenfalls eine wichtige Rolle

Produktsuche

Diese Zahlen verdeutlichen, dass Amazon im Hinblick auf die Produktsuche Google den Rang abgelaufen hat.

Branchenspezifische Erkenntnisse

Je nach Branche variiert das Suchverhalten deutlich:

  • Im Finanzbereich werden die klassischen Suchmaschinen wie Google nur zu 39% genutzt, dicht gefolgt von Preisvergleichsseiten mit 38%
  • Bei der Kleidungssuche landen Suchmaschinen wie Google mit 29% nur auf Platz 3, hinter spezialisierten Plattformen wie Zalando, About You o.Ä. und Amazon
  • Für Reisebuchungen sind branchenspezifische Plattformen wie booking.com, HRS, Airbnb o.Ä. (48%) knapp vor Google o.Ä. (42%), gefolgt von Vergleichsseiten wie Check24, Idealo o.Ä. (40%)

Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer differenzierten Suchstrategie je nach Branche und Produkt.

Vertrauen in Suchplattformen

Das Vertrauen in die Plattformen spielt eine entscheidende Rolle bei der Nutzung:

  • Google und Amazon genießen das höchste Vertrauen unter den Nutzenden
  • Es zeigt sich ein Vertrauensdefizit bei einigen Plattformen:

TikTok, X (ehemals Twitter), asiatische Verkaufsplattformen und KI-Plattformen werden als weniger vertrauenswürdig eingestuft.

Diese Vertrauensunterschiede erklären teilweise, warum Google bei sensiblen Themen wie Gesundheitsfragen oder Finanzangelegenheiten nach wie vor bevorzugt wird.

Plattformen nach Vertrauen

Plattformen nach nicht Vertrauen

Generationsunterschiede und spezifische Nutzungsmuster

Die Studie offenbart interessante Unterschiede zwischen den Generationen:

  • Die Gen Z nutzt soziale Medien intensiver für Suchzwecke: 19% nutzen Instagram, 13% TikTok für Informationssuchen
  • Ältere Generationen vertrauen stärker auf traditionelle Suchmaschinen und etablierte Online-Plattformen
  • Bei der Reiseplanung nutzen 22% der 16-27-Jährigen Instagram, 15% TikTok, was fast doppelt so viel wie in älteren Altersgruppen entspricht

Diese Unterschiede zeigen, dass die Plattformen für SEO-Strategie, zielgruppenspezifisch berücksichtigt werden sollten.

Fazit und Ausblick

Die Studie zeigt, dass die Online-Suche zunehmend vielfältiger wird. Während Google seine dominante Position beibehält, gewinnen andere Plattformen an Bedeutung – je nach Suchintention und demografischen Merkmalen der Nutzenden.

Für Marketingexperten bedeutet dies:

  1. Eine Multi-Plattform-Strategie ist unerlässlich
  2. Zielgruppenspezifische Ansätze werden wichtiger
  3. Vertrauenswürdigkeit und Aktualität der Inhalte bleiben zentrale Faktoren
  4. Die Integration von Social Media und aufkommenden KI-Technologien in SEO-Strategien wird zunehmend relevant

Die digitale Suchlandschaft befindet sich im Wandel, aber drastische Veränderungen vollziehen sich langsamer als oft angenommen. Unternehmen sollten diese Entwicklungen genau beobachten und ihre Strategien kontinuierlich anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.