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Gewissensprüfung

Die sieben Todsünden von Digital Marketing
Hochmut – Stellen Sie sich das Gespenst einer Marketingagentur vor – ein kleiner Unternehmer, der Marketing vor 20 Jahren studierte. Seiner Meinung nach ist die ideale Kampagne, Kunden mit Spam zu bombardieren: so viele Banner, E-Mails, Pop-ups über das Produkt wie es nur geht. Am besten sollten sie identisch sein, weil’s billiger ist und mit einem halbnackten Mädchen, um die Attraktivität zu betonen. Solcher Person werden Sie nicht erklären können, dass man eine Kampagne im Internet targetieren, testen und verschiedene Kreationen erstellen soll.

Der Hochmut im Digital Marketing bedeutet Selbstüberschätzung und Taubheit auf irgendwelche fremden Ratschläge. Als ob man sagen würde: ICH bin allwissend und brauche keine zusätzliche Schulung, keine E-Books lesen, neue Techniken zu lernen, Podcasts zu hören oder an Seminaren teilzunehmen. Nein und basta!

Der Hochmut beim Marketer äußert sich dabei, dass er die Verbraucherbedürfnisse ignoriert und eigene Relationen durchsetzt. Die Marketing Automation Plattform ist nicht für ihn, sowie das Testen von dynamischen Inhalten auf der Seite oder die Anpassung der Strategien an das Verbraucherverhalten. Seine Welt ist ein Messlöffel von allem.

Geiz – Es gibt einen Witz: Ein Mann kommt zum Arzt und bittet um Arzneimittel gegen Geiz, nur viel, viel! So sehen leider manche Maßnahmen im Digital Marketing aus – Datenbanken kaufen, Likes auf Facebook kaufen, Backlinks kaufen, etc. Alles nur um mehr und mehr zu haben. Ja, manchmal ist die Menge wichtig, doch oft ist die Qualität viel wichtiger. Eine gekaufte Datenbank muss nicht von höchster Qualität sein, Likes auf Facebook können der organischen Reichweite schaden, und Backlinks auf zufälligen Seiten können einen negativen Einfluss auf die Position Ihrer Seite in den Suchergebnissen haben. Wenn Sie einen der genannten Fehler begehen – als Buße reinigen Sie Ihre Datenbank, ändern Sie die Strategie auf Facebook und bemühen Sie sich um hochwertige Backlinks von Webseiten, die mit Ihrem Unternehmen verbunden sind.

Wollust – Obwohl ein halbnacktes Mädchen bereits beim Hochmut erwähnt wurde, so ist leider die Palette von unethischen Verhaltensweisen der Marketer noch breiter als man denkt. Auf jeden Fall kann man hier die sich wiederholten schädlichen Stereotype oder das Ziehen der Nutzen aus Unglück von anderen nennen.

Stereotype sind manchmal nützlich – sie sind eine Art Gedankensprungs, der uns hilft in gefährlichen Situationen schnell zu handeln. Allerdings ist ihre Verwendung im Marketing nicht erforderlich, noch können sie uns Schaden zufügen. Vor allem müssen wir vorsichtig sein, wenn wir eine Buyer Persona aufbauen. Aufbau eines Modellverbrauchers, der auf Stereotypen basiert, ist in der Ära von Big Data ein Zeichen für Faulheit und Respektlosigkeit den realen Empfängern gegenüber. Die Folge darauf ist die Flut von Werbeanzeigen mit blonden Models, die zwar nicht parken können, aber mit hübschem Lächeln und weiblicher Durchtriebenheit die Liebe eines gutaussehenden Mannes gewinnen, Hausfrauen, deren einziger Traum Sparen und saubere Hemden sind, sowie ein bisschen idiotischen Männern, die nichts außer Fußball, Mittagessen und Flasche Bier interessiert (aber mit Sicherheit nicht Familie, Kinder, Kultur oder Reisen). Die Welt ändert sich und man kann nicht hinten bleiben. Beim Aufbau einer Buyer Persona verwenden Sie die Analyse von Verhaltensdaten, prüfen Sie Digital Body Language Ihrer Empfänger und vermeiden Sie Wunschdenken. Verwenden Sie Web-Beacons, Software zur Analyse von Big Data und führen Sie Dialoge mit Ihren Verbrauchern. Lebendige Personen aus Fleisch und Blut und kein durchschnittlicher Hans Müller sind Ihr Publikum.

Neid – Das Gefühl der Eifersucht kann aufkommen, wenn wir auf den Erfolg der Konkurrenz schauen oder die Idee, die wir nicht implementiert haben, weil wir keinen Mut hatten und jemand anders hat sie erfolgreich umgesetzt. Beim Erstellen einer Kampagne widerspiegelt es sich in deren Aufbau, um sie mit der Konkurrenz vergleichen zu können und die Konkurrenz als Bezugspunkt zu behandeln. Auf lange Sicht führt dies zu einer Flut von identischen Produkten und Dienstleistungen, was zur absoluten Langweile der Verbraucher führt. Der gegenwärtige König Midas, ein Mensch, der die seltsamsten Ideen in Gold verwandeln kann – Elon Musk sagte einmal: „Will this activity result in a better product? If not, stop those efforts.” („Wird die Aktivität, die Sie heute durchführen ein besseres Produkt ergeben? Wenn nicht, hören Sie jetzt auf.“). Merken Sie sich diesen Satz und wiederholen Sie ihn immer dann, wenn Sie neidisch werden! Wenn Sie ein Problem damit haben, sich auf die Verbesserung des Produkts zu konzentrieren, fragen Sie Ihre Verbraucher was sie denken – was ihnen gefällt, und was nicht. Bedenken Sie jedoch, dass manchmal auch sie sich von der Phantasie mitreißen lassen. Deshalb testen Sie jede Änderung. Wenden Sie Tests der dynamischen Inhalte an, führen Sie einfache Methoden zur Überprüfung von Hypothesen wie z.B. HADI Zyklen als normales Verfahren in der Marketing-Abteilung.

Völlerei – Eine gegenwärtige Software bietet erstaunliche Möglichkeiten für die Untersuchung des Kundenverhaltens an: angefangen von der Uhrzeit, wenn er die Seite besucht, durch den Durchschnittswert der Einkäufe, bis zu der Ortsbestimmung. Diese Daten werden anhand von Webseiten-Besuchen, Kontaktformularen, Aktivitäten auf Social Media, Reaktionen auf E-Mails oder Verhalten in der Mobilapp gesammelt. Die richtige Zusammenstellung gibt uns die Möglichkeit die Nachrichten zu personalisieren. Es hängt vom Marketer ab, wie er sie nutzt. Man soll daran denken, dass sowohl der Mangel, als auch der Überschuss an Personalisierung schaden kann. Eine nicht ausreichend personalisierte Nachricht weckt beim Empfänger kein Engagement, doch wenn Sie alle Ihre Karten zeigen, kann es ihn erschrecken. Nicht ohne Grund 1984 von Orwell an Aktualität nicht verliert.

Zorn – Es geht nicht um Zorn, den Sie verspüren, wenn Sie an eine misslungene Kampagne denken. Es geht um den Zorn der Empfänger, der durch Ihre missratenen Handlungen und niederträchtigen Tricks hervorgerufen wird. Bevor Sie alles leugnen, fragen Sie sich, ob Sie jemals:
- Opt-Out verborgen haben,
- eine separate E-Mail mit dem Betreff, der mit Re: oder FWD: angefangen hat, gesendet haben,
- ein Massenangebot mit zufälligen Produkten statt eines personalisierten Angebots gesendet haben,
- eine Nachricht gesendet haben, deren Betreff oder Überschrift den Empfängernamen beinhaltete (keine weiteren Maßnahmen),
- mit Spam-Mails Ihre Kunden bombardiert haben,
- sich auf Angebote beschränkt haben, dabei die Bildung und den Aufbau von Relationen ignorierten,
- ein Social Media Profil geführt haben, ohne dessen Besonderheiten zu verstehen,
- die Benutzer gestört haben?

Die Liste ist ziemlich lang und die oben genannten Beispiele sind nur die Spitze des Eisbergs, was die Kunden richtig ärgert. Wenn Sie auch nur eine der oben genannten Fragen mit Ja beantwortet haben, dann sind Sie schuldig. Versuchen Sie diese Sünde nicht zu begehen. Bemühen Sie sich alles zu tun, um Ihr Marketing zum richtigen Dialog umzuwandeln. Ihr Marketing soll Antwort auf die Verbraucherbedürfnisse sein. Lernen Sie sie kennen, passen Sie Ihren Plan an, optimieren und aktualisieren Sie ihn regelmäßig.

Faulheit – Wenn wir schon beim Thema ‚aktualisieren‘ sind, so heißt die weitere Todsünde von Digital Marketern Faulheit. Einmal angenommenes Tag-, Automatisierungs- oder Nachrichten-System bleibt meistens für Jahre behalten. Leider, so wie im wirklichen Leben, muss man ab und zu alles lüften und wegwerfen, was unnötig ist. Es betrifft sowohl die Datenbank (ca. ¼ der Kontakte verlieren an ihrer Aktualität innerhalb eines Jahres!), Artikel (es werden ständig Studien und Ranglisten geführt), Tags (Vorgehensweisen, Lead Generation, Übertragungssystem von Leads zwischen den Abteilungen ändern sich), Automatisierungsregeln (es gibt neue Umstände, Unterseiten, Formulare, Personen, die Leads bearbeiten, etc.), Lead Nurturing (Sie gewinnen neues Wissen, die Branche ändert sich, Sie bekommen positive Bewertungen) und vieles mehr.



Manchmal ist es gut für eine Weile stehen zu bleiben und eine ordentliche Gewissensprüfung zu machen. Es ist viel einfacher sich vorwärts zu bewegen, ohne lastendes Gepäck und mit der Gewissheit, dass man eigene Aktionen nicht sabotiert!