Klimaneutrale Produkte: 89 Prozent für klare Regeln und geprüftes Siegel
„100% CO2-neutral hergestellt“, „klimaneutrales Produkt“ oder schlicht „klimaneutral“: Im Handel gibt es immer mehr Produkte, die mit Aussagen zur Klimaneutralität werben. Gesetzlich geschützt sind diese Angaben nicht – in der gängigen Verwendung versprechen sie lediglich, dass für das jeweilige Produkt der CO2-Ausstoß über den Lebenszyklus berechnet und zum Ausgleich Minderungszertifikate aus weltweiten Klimaschutzprojekten gekauft werden. Dem Großteil der Verbraucher:innen ist das jedoch nicht bekannt. Sie erwarten vielmehr, dass derart beworbene Produkte tatsächlich weniger klimaschädlich hergestellt sind. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des SINUS-Instituts im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW.
„Selbst besonders umweltbewusste Konsument:innen können oft nicht richtig einordnen, was ,klimaneutral‘ auf Produkten bedeutet. Der Fehlglaube, dass sich die Herstellerunternehmen zu einer CO2-Reduzierung verpflichten würden, ist in dieser Gruppe sogar überdurchschnittlich vertreten. Somit führen solche Bezeichnungen Verbraucher:innen in die Irre. Wir brauchen verlässliche Kennzeichnungen, die die Erwartungen der Menschen erfüllen und keinen Platz für Greenwashing lassen“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.
Assoziationen zum Begriff „klimaneutral“ sind vielfältig
Insgesamt hatte das SINUS-Institut 1.000 Verbraucher:innen im Alter von 18 bis 69 Jahren befragt. Diese wurden unter anderem gebeten, in eigenen Worten zu erläutern, was die Bezeichnung „klimaneutrales Produkt“ ihrer Ansicht nach bedeutet. Hierbei wurde deutlich, dass es dazu ganz unterschiedliche Vorstellungen gibt: 42 Prozent der Befragten äußerten, dass bei klimaneutralen Produkten „Klima- und/oder Umweltschutz berücksichtigt“ werden oder dass sie „umweltfreundlich“ seien. 21 Prozent waren der Meinung, dass es allgemein um „umweltfreundliche Herstellung“ geht, 18 Prozent verbanden klimaneutrale Produkte mit „weniger/reduzierter/kein CO2-Ausstoß“. Weitere 21 Prozent gaben an, es gehe um „Regionalität, kurze Transportwege“ oder um „weniger Plastik und Verpackungen“. Lediglich 13 Prozent der Umfrageteilnehmenden erwähnten explizit das Prinzip des CO2-Ausgleichs beziehungsweise der Kompensation. Im Detail angeben, was „klimaneutral“-Aussagen bedeuten, konnten in einer weiteren Fragerunde sogar nur 3 Prozent. 86 Prozent waren hingegen der Auffassung, dass ein Produkt nicht die Bezeichnung „klimaneutral“ tragen dürfe, wenn es nicht klimafreundlich hergestellt wurde.
Starker Wunsch nach vertrauenswürdigem Label
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die marktgängigen ,klimaneutral‘-Aussagen für die meisten Verbraucher:innen missverständlich sind“, sagt Schuldzinski. Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt daher die EU-Initiative, Werbung mit allgemeinen Umweltaussagen zu regulieren, mahnt aber noch Nachbesserung des aktuellen Richtlinienvorschlags an. „Aus unserer Sicht muss die konsequente Vermeidung und Verringerung von CO2-Emissionen durch Unternehmen im Mittelpunkt zukünftiger Regulierung stehen – Klima-Aussagen, die nur auf Kompensation beruhen, müssen unterbunden werden“, unterstreicht der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Die Umfrageergebnisse sind an dieser Stelle eindeutig: 89 Prozent der von uns befragten Verbraucher:innen wünschen sich klare Regeln für klimaneutrale Produkte, 88 Prozent sind der Meinung, dass bei solchen Produkten garantiert sein sollte, dass das Unternehmen den eigenen Kohlendioxid-Ausstoß reduziert und nicht nur ausgleicht.“
Hintergrund
Befragungsmethode: Onlinebefragung (CAWI = Computer Assisted Web Interviewing). Grundgesamtheit: nach Alter, Geschlecht, Bildung,
Haushaltseinkommen und Region quotierte Stichprobe. Stichprobengröße: 1.000 Befragte. Erhebungszeitraum: 13. bis 20. Juni 2022. Institut: SINUS Markt- und Sozialforschung
Die Befragung wurde durchgeführt im Rahmen des EU-und landesgeförderten Projekts MehrWert21 der Verbraucherzentrale NRW.