Handel und Dienstleistung brauchen neue hybride Modelle
Zwischen 96 und 98 Prozent der Deutschen, Österreicher und Schweizer haben 2020 online eingekauft. Zu diesem Ergebnis kommt der E-Com Report DACH 2020, eine Befragung von knapp 4.000 Konsumenten, die von Kantar Sifo zwischen September und Dezember 2020 im Auftrag des europäischen Zahlungsdienstleisters Nets Group erstmals auch für die DACH-Region durchgeführt wurde.
Insgesamt hat sich das Konsumentenverhalten drastisch gewandelt. Bedingt durch die Pandemie und staatliche Einschränkungen verlagerte sich der Verkauf von Waren und Dienstleistungen stark ins Internet. So wurden viele lange existierende Hemmschwellen abgebaut und nahezu alles im Netz angeboten und auch gekauft. 46 Prozent der Deutschen bevorzugen inzwischen den Online-Einkauf gegenüber 43 Prozent, die das Ladengeschäft bevorzugen. Damit liegt Deutschland bei der Präferenz des Online-Einkaufs in der DACH-Region vor Österreich (40 Prozent) und der Schweiz (26 Prozent). Während fast jeder der Befragten 2020 online Produkte einkaufte, haben bis zu 75 Prozent in der Region auch Dienstleistungen erworben.
„2020 hat unseren Alltag komplett verändert. Unsere Arbeitswelt, unser privates Leben und auch unsere Einkäufe sind deutlich digitaler, als noch im Jahr davor“, sagt Robert Hoffmann, CEO von Concardis und Nets Merchant Services. „Unternehmen, insbesondere Händler und Dienstleister, mussten in rasanter Geschwindigkeit ihre Geschäftsmodelle umstellen und Vertriebswege neu denken. Kunden haben diese neuen Online-Angebote dankbar angenommen und dabei viele Vorbehalte abgebaut. Die Akzeptanz von Online-Services und hybriden Vertriebsmodellen hat sich langfristig etabliert und der E-Com Report zeigt: Jeder Vierte wird dieses neu erlernte Konsumverhalten in der DACH-Region auch nach der Pandemie beibehalten.“
Waren und Dienstleistungen online gleichermaßen stark nachgefragt
Lebensmittel sind – direkt nach dem Klassiker Bekleidung – die 2020 mit am häufigsten online gekauften Waren. Zwischen 25 Prozent und 30 Prozent der Befragten kauften Nahrung oder Alkohol im Netz in dem Zeitraum vier Wochen vor der Befragung. Restaurantlieferungen und fertige Mahlzeiten kommen zusätzlich auf rund 14 Prozent. In ähnlichem Umfang wurden Pharmazeutische Artikel und Arzneimittel gekauft. Die Pandemie hat in beiden traditionell analogen Branchen den Onlinevertrieb auf ein neues hohes Niveau gebracht.
Selbst traditionelle Dienstleistungen, bei denen Verbraucher früher viel Wert auf persönliche Beratung gelegt haben, wurden 2020 online stark nachgefragt. So haben zwischen 13 Prozent und 17 Prozent der Befragten angegeben online eine Versicherung abgeschlossen zu haben. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr und mit Umsätzen von bis zu 5,7 Mrd. Euro allein in Deutschland ein beachtlicher Wert für die Branche und ein Paradigmenwechsel hin zu den Herausforderern der Branche, den Insurtechs.
Auch wenn das Pandemiejahr für die Reisebranche hohe Verluste brachte, so wurden in der Region doch reiseähnliche Dienste, wie z.B. Parkservices vor allem in Deutschland und Österreich online gekauft. Nur in der Schweiz liegt die Online-Buchung von Zugtickets vor der Nutzung von Dienstleistungen rund ums Parken. Dennoch hat auch hier jeder Fünfte im Untersuchungszeitraum online ein Parkticket gekauft.
Breiter Zahlungsmix von allen Verbrauchern der DACH-Region gewünscht
Während viele Ergebnisse zeigen, wie nahe sich die Länder der DACH-Region im Einkaufsverhalten sind, so zeigen sich beim Bezahlverhalten deutliche Unterschiede: Die Schweizer und Österreicher setzen beim Online-Shopping am liebsten die Kreditkarte ein; in Deutschland wird bevorzugt mit E-Wallets oder auf Rechnung bezahlt. Was aber in den Befragungsergebnissen alle Länder in puncto Bezahlmethoden vereint, ist die Notwendigkeit zukünftig den Kunden einen breiten Zahlungsmix anzubieten, weil neben den drei genannten Zahlungsarten in der Region auch gerne per Online-Überweisung, Debitkarte, SEPA-Lastschrift, Mobile-Payments, Ratenzahlungen oder Vorkasse gezahlt wird.
„Ein breiter Zahlungsmix, der die länderspezifischen Bedürfnisse seiner Verbraucher berücksichtigt, ist einer der wichtigsten Aspekte für den Handel im E-Commerce. Schließlich geben bis zu 26 Prozent der Befragten an, einen Kauf beim Check-out abgebrochen zu haben, weil die bevorzugte Zahlungsmethode nicht verfügbar war“, so Hoffmann. Auch interessant für den Handel in der Region: Über die Hälfte der Kunden in Deutschland und Österreich kauft online lieber bei den großen Marktplätzen wie Amazon ein. Ein Verhalten, dass den klassischen Handel kurz- bis mittelfristig vor neue Herausforderungen stellen wird.
Handel und Dienstleistung brauchen neue hybride Modelle
Hoffmann sieht in diesem Wandel eine klare Herausforderung, aber auch eine große Chance für den stationären Handel: „2020 zeigt eindrücklich, dass sich Handel und Dienstleistung neu aufstellen müssen, um ihre Zielgruppe überall dort zu erreichen, wo sie ist. Wer heute im Netz sichtbar ist und dabei nicht mehr den Absatzkanal, sondern den Kunden ins Zentrum seiner Bemühungen setzt, der kann ihn durch passgenaue Ansprache, individuelle Angebote und ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis auch wieder ins Ladengeschäft bringen. Social Media, Newsletter, Apps und Online-Shops bildeten die Brücke, um Kunden in den Laden vor Ort zu holen. Auf den Punkt gebracht: Wer im Netz nicht sichtbar ist und dort nichts anbietet, findet auch im echten Leben nicht statt. Es führt kein Weg mehr an hybriden Modellen vorbei – die Zukunft liegt im Unified Commerce“, so Hoffmann.
Der E-Com-Report DACH 2020 betrachtet jeweils für die einzelnen Länder der DACH-Region, welche Umsätze in welchen Segmenten gemacht wurden, was Verbraucher hinsichtlich Einkaufserlebnis, Angeboten und Internationalität wollen und auf was es beim Check-out ankommt. Detailliert werden die Umsätze und Häufigkeiten für die einzelnen Länder betrachtet und miteinander vergleichen. Die Interviews mit den Konsumenten wurden zwischen September und Dezember 2020 geführt. Die Umfrage ist Teil einer Gesamt-Erhebung, die 2021 fortgesetzt wird.