Generation Z Hauptverlierer der Corona-Pandemie
Die Angehörigen der Generation Z, also die jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 24 Jahren, fühlen sich stärker als die Älteren durch die Corona-Krise in ihrem persönlichen Wohlergehen beeinträchtigt. Das zeigt ein Vergleich der Daten des Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D), den Ipsos in Kooperation mit Zukunftsforscher Opaschowski kontinuierlich seit 2012 durchführt. Für die Analyse wurden die Daten von jeweils 2.000 Befragten vom Dezember 2020 mit denen vom Dezember 2019 verglichen.
So zeigt sich beispielsweise, dass die Jüngeren offenbar besonders unter den Kontaktbeschränkungen leiden. Der Anteil der 14 bis 24-Jährigen, die angeben, gute soziale Kontakte zu Freunden zu haben, ist in diesem Zeitraum um zehn Prozentpunkte auf 71 Prozent zurückgegangen. Bei den Kontakten zu Familienmitgliedern liegt die Differenz gegenüber der Befragung vom Dezember 2019 bei acht Prozentpunkten. Ebenso sinkt der Anteil derjenigen, die in gewünschtem Umfang „für andere da sein“ können, bei der Generation Z um acht Prozentpunkte auf 52 Prozent.
Generation Z fühlt zunehmende Zwänge
Insbesondere die jungen Deutschen sehen im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit in hohem Maße gesellschaftliche Veränderungen. So stimmten im Dezember 2019 noch 71 Prozent der Jüngeren der Aussage stark zu, in Frieden mit ihren Mitmenschen zu leben, ein Jahr später sind es nur noch 60 Prozent. Auch die starke Zustimmung zu der Aussage „ich kann meine Meinung frei äußern“ sank innerhalb eines Jahres in dieser Altersgruppe deutlich von 62 auf 55 Prozent. Nur noch 40 Prozent gegenüber 53 Prozent vor dem Corona-Ausbruch meinen, sie leben in einem Land ohne Grenzen.
Sinkendes Glücksgefühl und steigende Zukunftsängste
In den bis 2019 durchgeführten Erhebungen des NAWI-D fühlten sich die Jüngeren stets glücklicher als die Älteren. Die aufgezählten Entwicklungen bei den Faktoren, die den Wohlstand in der Corona-Zeit beeinflussen, dürften der Grund dafür sein, dass diese Aussage Ende 2020 nicht mehr zutrifft. Bei allen Altersgruppen misst der NAWI-D gesunkene Zufriedenheitswerte mit dem Glücklichsein, bei den Jüngeren allerdings im deutlich stärkeren Ausmaß. Zwar gibt noch eine knappe Mehrheit (57%) an, sich glücklich zu fühlen, vor Corona waren es jedoch noch 69 Prozent in dieser Gruppe.
Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Optimismus hinsichtlich der Zukunftserwartungen. Trotz geringerer Sicherheit bei ökomischen Faktoren wie Einkommen oder Arbeitsplatz hatten die Jüngeren in der Vergangenheit deutlich weniger Angst vor der Zukunft als der Durchschnitt der Bevölkerung. Corona hat diese Ängste aber geschürt, sodass die Angst vor der Zukunft im Dezember 2020 bei der Generation Z in etwa auf dem Niveau der anderen Altersgruppen liegt.
Diese Unsicherheit wird laut Hans-Peter Drews, Projektleiter des NAWI-D bei Ipsos, von vielen Faktoren beeinflusst. „Können die Schul- oder Berufsausbildung oder das Studium überhaupt wie geplant beendet werden? Sind Jobs zur Finanzierung eines Studiums vorhanden? Kann eine Ausbildung/ ein Studium mit wertvollen Praktika oder Auslandsaufenthalten angereichert werden? Übernehmen Unternehmen derzeit überhaupt ihre Auszubildenden bzw. stellen sie neue Mitarbeiter*innen ein? Da Erwartungen bedeutend für zukünftige reale Entwicklungen sind, sollte die Politik bei ihren Maßnahmen und deren Kommunikation auf diese Zielgruppe besonderen Wert legen.“
Die jungen Erwachsenen sind auf jeden Fall verunsichert. Völlig frei von finanziellen Sorgen fühlen sich im Dezember 2020 nur noch 32 Prozent gegenüber 41 Prozent im Dezember 2019.
Zukunftsforscher Professor Horst Opaschowski warnt deshalb vor irreparablen Langzeitwirkungen:
„Kontaktsperren, Verweilverbote und Schulschließungen haben vielfach soziale Unterernährung der jungen Menschen zur Folge, wozu auch Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung gehören. Beziehungsprobleme und Bindungsängste im späteren Erwachsenenalter sind nicht auszuschließen. Der empirisch nachweisbare drastische Rückgang des persönlichen Glücksgefühls binnen eines Jahres kann Lust- und Mutlosigkeit chronisch werden lassen – zu Lasten von Eigeninitiative und Unternehmertum. Die kommende Generation von Arbeitnehmern, Selbstständigen und Familiengründern droht in der Adoleszenz-Falle zu landen. Sie „muss“ nach der Krise ihr Erwachsenenleben plötzlich planen, ohne ihre Jugendlichkeit wirklich ausgelebt zu haben. Die Forderung an Politik und Gesellschaft kann nur lauten: Gebt jungen Menschen so schnell wie möglich ihre Frei- und Entfaltungsspielräume zurück. Die Generation Z soll mit Zuversicht ihre Zukunft gestalten können und nicht eine Generation verpasster Lebenschancen sein müssen. Die Generation Z will zurück in die Zukunft! Sie will ihr Leben zurückbekommen und ein Leben mit immer neuen Anfängen beginnen können. Die Generation Z im Pandemie-Zeitalter braucht jetzt eine starke Lobby.“