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Mehrheit für autonomes Fahren beim Einparken und im Stau

In einer Studie des Bitkom und des TÜV-Verbands befürworten zwei Drittel autonomes Fahren beim Einparken, aber nur 8 Prozent generell.
bitkom | 18.04.2018
© bitkom
 
Eine Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich, dass Autos zumindest in bestimmten Situationen autonom fahren. Davon versprechen sie sich weniger Unfälle und mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, aber auch einen niedrigeren Verbrauch und eine geringere Umweltbelastung. Das sind Ergebnisse einer Studie von Bitkom Research im gemeinsamen Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des TÜV-Verbands (VdTÜV), die heute in Berlin vorgestellt wurde. Für die Studie wurden 1.238 Bundesbürger ab 18 Jahren repräsentativ befragt.

Gleichzeitig machen sich die Bürger Sorgen um technische Fehlfunktionen, Hacker-Angriffe auf die Fahrzeuge sowie den Datenschutz. Und so wünscht sich eine breite Mehrheit der Bevölkerung transparente Regeln für die in der vernetzten Mobilität anfallenden Daten und regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen der entsprechenden Systeme in den Fahrzeugen. „Die Frage ist nicht, ob vernetzte und autonome Autos auf unseren Straßen fahren werden. Es geht ausschließlich um das Wann – und um die Frage, wer die Technologie dafür entwickelt, wer die Fahrzeuge herstellt und unter welchen Voraussetzungen sie auf die Straße dürfen“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Der TÜV ist keine Spaßbremse, die den Bürgern die Mobilität erschweren will, sondern ein Innovationstreiber, indem er Vertrauen schafft. Vertrauen ist die Grundlage für die Akzeptanz neuer Technologien“, sagte Dr. Joachim Bühler, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VdTÜV.

Drei Viertel der Befragten (74 Prozent) wünschen sich, dass das Auto zumindest in bestimmten Situationen selbstständig fährt. Vor allem beim Ein- und Ausparken (65 Prozent) und im Stau (54 Prozent) ist eine solche Funktion begehrt. Weniger häufig wird autonomes Fahren im fließenden Verkehr auf der Autobahn (28 Prozent) oder auf der Landstraße (18 Prozent) gewünscht, nur 17 Prozent hätten autonome Systeme gerne in kritischen Verkehrssituationen, um einen Unfall zu vermeiden, und nur 8 Prozent grundsätzlich während der gesamten Fahrt. „Während es Einparkhilfen, Spurhalteassistenten und automatische Notbremssysteme bereits gibt und die Menschen sich eine solche Unterstützung vorstellen können, fehlt es offenbar noch an der Fantasie, dass das Auto grundsätzlich alleine fahren kann. Der Computer am Steuer wird aber nicht müde und lässt sich auch nicht ablenken – vieles spricht für das autonome Fahren“, so Rohleder.

60 Prozent der Bundesbürger sagen, selbstfahrende Autos würden mehr Sicherheit für Fahrzeuginsassen oder andere Verkehrsteilnehmer bringen, 29 Prozent rechnen mit weniger Unfällen. Zugleich erwarten 43 Prozent einen geringeren Verbrauch und 27 Prozent geringere Umweltbelastungen. Auch mehr Zeit für den Fahrer und mehr Fahrkomfort gibt jeweils jeder Vierte (26 Prozent) als Plus an. Nur 27 Prozent sehen gar keine Vorteile. Auf der anderen Seite haben 68 Prozent Angst vor technischen Problemen, 63 Prozent fürchten sich vor Hackern und 52 Prozent vor einer unberechtigten Nutzung der anfallenden Daten durch Dritte. „Daran sieht man deutlich: Sicherheit ist ein ganz zentrales Thema für die Akzeptanz von selbstfahrenden Autos“, erläuterte Bühler. Als mutmaßliche Nachteile werden auch die erwarteten Kosten genannt: 42 Prozent rechnen mit hohen Kosten für die Infrastruktur, 35 Prozent sind autonome Autos selbst zu teuer. Und: 37 Prozent wollen sich den Spaß am Selberfahren nicht nehmen lassen.

Den Durchbruch für autonome Autos erwartet die Mehrheit der Bundesbürger in spätestens 20 Jahren. Dann werden nach der Ansicht von 58 Prozent der Befragten in Deutschland pro Jahr mehr selbstfahrende als herkömmliche Autos zugelassen werden. Jeder Zehnte (10 Prozent) sieht diesen Zeitpunkt bereits in zehn Jahren erreicht – und nur 15 Prozent gehen davon aus, dass auch in mehr als 25 Jahren noch überwiegend nicht autonome Autos zugelassen werden. „Damit Deutschland bei vernetzter Mobilität und beim autonomen Fahren eine Führungsrolle übernehmen kann, müssen wir massiv in eine digitale Infrastruktur investieren und dafür sorgen, dass bestehende und neue Gesetze die Mobilität der Zukunft nicht behindern, sondern fördern“, so Rohleder.

Für die Automobilindustrie könnte das gravierende Veränderungen mit sich bringen. Denn jeder Dritte, der sich heute schon vorstellen kann, ein autonomes Auto zu kaufen, würde dazu am ehesten zu einem neuen Autohersteller wie Tesla (30 Prozent) oder einem Digitalunternehmen (3 Prozent) gehen. Damit sind die neuen Wettbewerber für Autokäufer ähnlich attraktiv wie die Autohersteller aus Deutschland (36 Prozent) und liegen deutlich vor den klassischen ausländischen Automobilherstellern (18 Prozent). Rohleder: „Das Rennen um die Weltmarktführerschaft bei selbstfahrenden Autos ist gestartet. Wer diese Technologie beherrscht, beherrscht den Mobilitätsmarkt der Zukunft.“

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Bereits für die kommenden zehn Jahre geht jeder Zweite (49 Prozent) davon aus, dass klassische Autohersteller deutlich Marktanteile verlieren und das eigene Auto kein Statussymbol mehr sein wird (48 Prozent). In Ballungsräumen wird der Einschätzung der Bundesbürger zufolge bis 2028 die Mehrheit Car-Sharing und On-Demand-Shuttles nutzen (52 Prozent) und kein eigenes Auto mehr besitzen (51 Prozent). Gleichzeitig werde vernetzte Mobilität zu deutlich weniger Verkehrsunfällen führen, damit rechnet ebenfalls jeder Zweite (50 Prozent). Und jeder Vierte (25 Prozent) erwartet sogar, dass es dank dieser neuen Technologien praktisch keine Verkehrstoten mehr geben wird. „Das autonome Auto ist keine Weiterentwicklung des Autos wie wir es kennen, es wird Bestandteil einer völlig neuen vernetzten Mobilität sein. Dazu gehören Car-Sharing und Ride-Sharing ebenso wie das Zusammenspiel von verschiedenen Verkehrsmitteln auf der Straße, der Schiene und in der Luft“, sagte Rohleder.

Dabei fordern die Bundesbürger sichere Systeme für die Vernetzung von Fahrzeugen. So ist 91 Prozent wichtig, dass der Datenaustausch unterbrechungsfrei funktioniert, 87 Prozent wollen eine technisch ausgereifte, 82 Prozent eine topaktuelle Technik. Und 79 legen Wert darauf, dass die Technologie gegen Angriffe von außen abgesichert ist. „Auch künftig werden Bremsen, Beleuchtung und Achsen für die Sicherheit eines Autos eine Rolle spielen. Mindestens genauso sicherheitsrelevant sind aber die digitalen Systeme, die nach und nach das Steuer übernehmen“, sagte Bühler.

Um all dies zu gewährleisten, fordern 95 Prozent der Bundesbürger, dass die Systeme in vernetzten Autos regelmäßig auf Datenschutz und Datensicherheit geprüft werden. Zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten, die ein Auto im Haushalt haben, wären sogar bereit, Mehrkosten für eine solche Überprüfung zu tragen. Dabei würde jeder Fünfte (22 Prozent) bis zu 100 Euro bezahlen. 45 Prozent sehen die Obergrenze bei 50 Euro und 31 Prozent bei 10 Euro. Mehr als 100 Euro würden 2 Prozent bezahlen. Bühler: „Verbraucherinnen und Verbraucher haben bereits eine klare Vorstellung davon, wie mit Daten, Software und künstlicher Intelligenz im vernetzten Auto umzugehen ist. IT-Sicherheit und Datenschutz sollen regelmäßig, etwa bei der Hauptuntersuchung, geprüft werden.“

In vernetzten Autos entsteht eine Vielzahl von Daten, etwa zur Motorleistung, zum Fahrverhalten oder auch zur Position des Fahrzeugs. Der großen Mehrheit der Bürger ist es wichtig zu wissen, welche Daten erzeugt werden (83 Prozent) und wer sie nutzt (93 Prozent). Dabei fordern die Meisten, dass der Eigentümer des Fahrzeugs (69 Prozent) bzw. der Fahrer (57 Prozent) entscheiden soll, wer die Daten nutzen darf. 28 Prozent wollen diese Entscheidung dem Gesetzgeber überlassen, nur 2 Prozent dem Automobilhersteller.

Eine deutliche Mehrheit von 69 Prozent fordert, dass in selbstfahrenden Autos serienmäßig eine sogenannte Black-Box wie in Flugzeugen eingebaut wird. Sie zeichnet automatisch alle anfallenden Daten auf, die bei einem Unfall ausgelesen werden können, um den Hergang nachzuvollziehen. „Eine Black-Box könnte wichtige Informationen bei Unfällen liefern. Für eine solche Black-Box benötigen wir einen transparenten, herstellerübergreifenden Standard“, so Bühler.

Aber auch darüber hinaus wären viele Bürger bereit, die anfallenden Daten Dritten zur Verfügung zu stellen. 42 Prozent würden dies tun, wenn damit ein gesellschaftlicher Nutzen verbunden wäre, etwa ein besserer Verkehrsfluss oder die Aufklärung von Straftaten. 27 Prozent wären zur Datenweitergabe bereit, wenn sie dadurch einen individuellen Nutzen hätten, etwa persönliche Verkehrsmeldungen oder automatische Parkplatzreservierungen. Und 15 Prozent würden ihre Daten sogar zur Verfügung stellen, ohne dies an Bedingungen zu knüpfen.

Damit Dritte die Daten nutzen können, müssten diese auf digitalen Plattformen gespeichert werden, die den Zugriff für Berechtigte regeln. Das bei weitem größte Vertrauen, eine solche Plattform zu betreiben, wird unabhängigen Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra entgegengebracht (55 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen Automobilclubs (11 Prozent), staatliche Behörden wie das Kraftfahrtbundesamt (8 Prozent) oder Automobilhersteller (5 Prozent). „Als Mobilitätsexperte trägt der TÜV eine große Verantwortung für die kommenden Generationen. Die Potenziale von Vernetzung und Digitalisierung müssen unbedingt genutzt werden, um multimodale und umweltschonende Mobilitätsprogramme zu schaffen“, sagte Bühler.


Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag von Bitkom und VdTÜV durchgeführt hat. Dabei wurden 1.238 Bundesbürger ab 18 Jahren telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.