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Unterhaltungsindustrie setzt digital mehr als analog um

PwC-Studie: Netflix und Co. ziehen erstmals an DVD- und Blue-ray vorbei, Musikindustrie verdient mehr Geld im Internet als mit physischen Tonträgern.
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Die weltweite Medienindustrie hat im vergangenen Jahr gleich mehrere historische Wendepunkte passiert. Das geht aus dem „Global Entertainment and Media Outlook“ hervor, für den die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Branchendaten aus 54 Ländern analysiert hat. So erlöste die Musikbranche im vergangenen Jahr mit Streaming, Downloads und Mobile Music erstmals mehr Geld (10,7 Milliarden Dollar) als durch den Verkauf physischer Tonträger (8,5 Milliarden Dollar) – wobei zugleich die Umsätze mit Streaming zum ersten Mal höher waren als mit Downloads. Für dieses Jahr geht PwC von einer identischen Entwicklung bei Videos aus: Video-on-Demand-Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime dürften höhere Umsätze erwirtschaften, als die Videoindustrie durch den Verkauf von DVDs und Blue-rays einnimmt. Und ein weiteres Novum: Zeitungsverlage nahmen 2016 mehr Geld mit dem Verkauf von Zeitungen als mit Anzeigen ein.

„Wer sein Geschäftsmodell nur halbherzig digitalisiert, hat keine Chance“

„Unterm Strich steht die Erkenntnis, dass das Internet den klassischen Medien endgültig den Rang abläuft – was auch dadurch deutlich wird, dass mit Online-Anzeigen inzwischen mehr Geld umgesetzt wird als mit klassischer TV-Werbung. Diese Zäsur war zwar absehbar, das ändert aber nichts an ihrer einschneidenden Bedeutung“, sagt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC in Deutschland. Die Botschaft für traditionelle Medienkonzerne sei eindeutig, so Ballhaus: „Wer sein Geschäftsmodell nur halbherzig digitalisiert, wird in den kommenden Jahren den Anschluss verlieren. Dabei wird es stärker als je zuvor auf die User-Experience ankommen. Nur die Anbieter, die es schaffen, sich für ihre Kunden unverzichtbar zu machen, werden überleben. So werden Konsumenten in regelrechte Fans verwandelt.“

Deutsche Medienbranche wächst nur noch mit knapp zwei Prozent

Dabei zeigen die Ergebnisse der PwC-Studie, dass in den kommenden Jahren nicht nur einzelne Geschäftsmodelle, sondern die Medienindustrie als Ganzes unter Druck gerät. So dürfte die Branche bis 2021 nur noch mit jährlich 4,2 Prozent wachsen – und damit weniger stark als die Weltwirtschaft insgesamt. Die Vorhersage für Deutschland fällt dabei besonders mau aus. So rechnen die PwC-Analysten für die hiesige Medienbranche nur noch mit jährlichen Zuwachsraten von 1,8 Prozent. Am heftigsten dürfte es mit Rückgängen von minus 0,7 bis minus 1,8 Prozent die Zeitungs-, Zeitschriften und Buchverlage erwischen. Doch auch im Onlinegeschäft werden die Wachstumsraten bescheidener. So dürfte der digitale Werbemarkt hierzulande nur noch um knapp sechs Prozent jährlich zulegen.

Werbekunden und Konsumenten werden immer anspruchsvoller

Auch global sieht PwC die Wachstumschancen im Werbegeschäft zunehmend skeptisch – und senkt die entsprechende Prognose von 5,1 Prozent auf 4,2 Prozent pro Jahr. Ballhaus: „Das liegt zum einen daran, dass immer mehr Konsumenten werbefreie Angebote eindeutig bevorzugen. Parallel verlangt die Werbeindustrie heutzutage nach Tools, mit denen sich die Effizienz ihrer Kampagnen eindeutig messen lässt. Das fällt klassischen Medien naturgemäß schwer – weshalb signifikante Zuwächse überhaupt nur noch im Digitalbereich möglich sind.“

„Es geht darum, die eigenen Inhalte zum Erlebnis zu machen.“

Regional gesehen dürften Schwellenländer wie Indien (10,6 Prozent), Indonesien (9,6 Prozent) oder China (8,3 Prozent) in den nächsten Jahren die höchsten Wachstumsraten verzeichnen. Schaut man auf die einzelnen Teilbranchen der Medienindustrie, so traut PwC nur noch den vergleichsweise jungen Märkten wie Virtual Reality (77,0 Prozent) oder E-Sports (21,7 Prozent) höhere zweistellige Zuwachsraten zu. Dahinter folgen Internetvideos (11,6 Prozent), Internetwerbung (9,8 Prozent) und Videospiele (8,2 Prozent). Werner Ballhaus: „Letzten Endes werden sich die Player durchsetzen, die es schaffen, den digitalen Konsumenten mit ihren Inhalten möglichst unmittelbar anzusprechen. Der Fachbegriff dafür heißt D2C, also Direct-to-Consumer-Geschäftsmodelle. Gute Inhalte und geschickter Vertrieb allein reichen nicht mehr. Es geht darum, das Produkt zum Erlebnis zu machen.“