print logo

Ärgerlich und zeitraubend - Die unerlaubte Werbung

Der Artikel gibt einen Überblick über die Problematik und gibt Tipps, was man dagegen tun kann
Frank Richter | 21.01.2008
Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen Überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.

Teil I: Werbung per Brief

Nicht adressierte Werbesendungen, Flyer und Wurfsendungen
Nach geltendem Recht wird hinsichtlich Werbematerial im Briefkasten unterstellt, dass der Briefkasteninhaber mit der Zusendung einverstanden ist. Zumindest sofern kein Aufkleber wie zum Beispiel „Keine Werbung“ gut sichtbar an Briefkasten oder Haustür angebracht ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schon vor längerer Zeit entschieden (Urteil vom 20.12.1988, AZ: VI ZR 182/88), dass werbende Unternehmen entsprechende Aufkleber beachten müssen, da ungewollte Werbung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie eine Eigentums- und Besitzstörung und sogar einen Wettbewerbsverstoß darstellt.

Postwurfsendungen
Sollten nicht adressierte Werbesendungen zugestellt werden, kann man auch hiergegen vorgehen. Jedes Postzustellungsunternehmen muss ebenso wie jeder andere Werbeverteiler einen Hinweis auf Ihrem Briefkasten beachten. Sollten dennoch nicht adressierte Postwurfsendungen eingeworfen werden, kann man sowohl gegen das werbende als auch gegen das zustellende Unternehmen vorgehen.

Gratis-Wochenblätter und Werbebeilagen in abonierten Tageszeitungen
Wenn kostenlose Anzeigenblätter auch einen redaktionellen Teil enthalten, reicht der Hinweis „Keine Werbung“ auf dem Briefkasten allein nicht aus. Deshalb ist ein besonderer Hinweis anzubringen, dass auch keine Anzeigenblätter gewünscht werden oder die jeweilige Redaktion ist in einem Schreiben darauf nachweisbar hinzuweisen. Werbebeilagen von Zeitungen oder Zeitschriften sind jedoch deren Bestandteil und können somit nicht einzeln zurückgewiesen werden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.07.1991, AZ: 15 U 76/91).

Persönlich adressierte Werbesendungen per Post
Postzustellungsunternehmen sind verpflichtet, persönlich adressierte Briefe - hierunter fallen auch Werbebriefe - auszuliefern. Die Postzustellungsunternehmen sind zu einer Inhaltskontrolle weder berechtigt noch verpflichtet. Wenn man auch die Zusendung solcher Werbung verhindern möchte, hat man folgende Möglichkeiten:

Man kann sich auf die sogenannte Robinsonliste setzen lassen. Man wird dann (hoffentlich) von den Adressenlisten aller Werbeunternehmen gestrichen, die Mitglied im Deutschen Direktmarketing Verband e.V. (DDV) sind. Der Formularantrag für die Aufnahme in die Robinsonliste ist direkt beim DDV erhältlich.
Bei Firmen, die nicht DDV-Mitglied sind, kann man nur das Unternehmen schriftlich und nachweisbar auffordern, zukünftig die Zusendung von Werbematerial zu unterlassen. Daher hilft ein Eintrag in die Robinsonliste allein selten weiter.

Persönlich adressierte Werbesendungen kann man übrigens schon vorbeugend dadurch verhindern, dass man der Nutzung und Übermittlung der eigenen Daten zu Werbezwecken oder für die Markt- und Meinungsforschung widerspricht bzw. solche Daten nur sparsam herausgibt. Nach § 28 Absatz 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) muss sich jedes Unternehmen, aber auch Behörden, an dieses Nutzungsverbot halten, da ansonsten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € droht. Man kann den Widerspruch einlegen, sobald die eigenen persönlichen Daten erstmals bekannt gegeben werden, z. B. bei der Anforderung eines Katalogs oder bei einer Quizteilnahme. Dies lässt sich aber auch noch jederzeit nachtragen. Es empfiehlt sich folgende Formulierung: „Ich widerspreche der Nutzung, Verarbeitung und/oder Übermittlung meiner Daten zu Werbezwecken oder für die Markt- und Meinungsforschung gem. § 28 Absatz 4 Bundesdatenschutzgesetz“.

Teil II: Werbung per Fax, E-Mail, Anruf oder SMS

Seit das Internet und E-Mail sich etabliert haben, hat auch die Werbung diesen Bereich für sich entdeckt. Immer öfter wird Werbung per E-Mail, sowohl individuell als auch massenhaft, versandt. Leider handelt es sich in den meisten Fällen um unerwünschte Nachrichten. Auch das aus den USA und Großbritannien herüberkommende Telefonmarketing stößt vielen sauer auf.

Zunächst ist zu beachten, dass das deutsche Werberecht auch für ausländischer Absender gilt, selbst wenn diese ihren Sitz außerhalb der EU haben. Man sollte aber nicht versuchen, gegen diese ausländische Absender rechtlich vorzugehen – es ist sinnlos. Denn eine deutsche Entscheidung, die man gegen ausländische Absender durchaus erwirken könnte, wäre im außereuropäischen Ausland kaum vollstreckbar. Im Übrigen ist schon die Vollstreckung innerhalb der EU ein wahres Trauerspiel.

Nach ständiger Rechtsprechung ist auch die unverlangte Werbung mittels E-Mail, Telefax, SMS oder Werbeanruf unzulässig, und zwar auch und gerade dann, wenn sie zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontaktes dient. Auch Heidelberger Gerichte haben wiederholt einstweilige Verfügungen wegen belästigender Werbung erlassen. So stellte das Amtsgericht Heidelberg u.a mit Beschluss vom 04.01.2007 – AZ: 61 C 2/07, bestätigt durch Landgericht Heidelberg, 2 O 173/07 – fest, dass Telefonmarketing grundsätzlich verboten ist. Gleiches entschied das Landgericht Heidelberg, u.a. mit Beschluss vom 20.04.2006 – AZ: 2 O 112/06 – für die E-Mail-Werbung.

Diese Werbung gegenüber Unternehmen bedarf der vorherigen Einwilligung. Allerdings reicht dafür ein sog. mutmaßliches oder vermutetes Einverständnis aus. Für den Anrufer muss sich aufgrund konkreter Tatsachen die Schlussfolgerung ziehen lassen, der Angerufene sei mit dem Telefonanruf zu Werbezwecken einverstanden (BGH, Urteil vom 05.02.2004, AZ: I ZR 87/02). Bei einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung zu dem Angerufenen kann der Anrufer von einem vermuteten Einverständnis mit dem Werbeanruf ausgehen (BGH, Urteil vom 24.01.1991, AZ: I ZR 133/89). Nicht ausreichend ist ein bloß allgemeiner Sachbezug zum Geschäftsbetrieb des Anzurufenden (BGH, Urteil vom 24.01.1991, AZ: I ZR 133/89) oder der Umstand, dass der Angerufene seine Telefonnummer beispielsweise in den Gelben Seiten angegeben hat (OLG Frankfurt, Urteil vom 24.07.2003, AZ: 6 U 36/03).
Dabei trägt der Absender die Beweislast für das Bestehen eines Einverständnisses.

Die Betroffenen können sich mit der vollen Härte des Gesetzes gegen die Absender wehren. Sofern die Betroffenen Anwälte sind oder Anwälte einschalten, können diese Abmahnungen für den Werbenden teuer werden. Ferner besteht nach deutschem Datenschutzrecht ein Auskunftsanspruch des Betroffenen; der Absender muss offen legen, woher er die Adressdaten hat und an wen er sie weitergegeben hat. Ist der werbende auch noch Konkurrent des Betroffenen oder erfährt ein Konkurrent eines Werbenden von diesen Praktiken ist das Wettbewerbsrecht einschlägig, mit der Folge, dass die Kosten und Vertragsstrafen deutlich steigen können.

Gibt der Werbende eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, so kann der Betroffene für jede weitere Belästigung die Vertragsstrafe von dem Werbenden fordern. Solche Vertragstrafen liegen meist bei 5000,00 €. Dieses Geld kann der Betroffene dann frei verwenden. Der Werbende wird – um diese Zahlung zu vermeiden – sicher alles tun, den Betroffenen nicht mehr zu belästigen.

Gibt der Werbende keine Unterlassungserklärung ab, kann der Betroffene auf Unterlassung klagen. Das Gericht wird dann dem Werbenden für jede weitere Belästigung ein saftiges Ordnungsgeld androhen und ggf. auch kassieren.

Sogar politische Parteien oder gemeinnützige Vereine müssen sich an die oben genannten Grundsätze halten – auch wenn keine kommerziellen Absichten verfolgt werden. Sollten Sie trotzdem Material von solchen Vereinigungen erhalten, ist es angezeigt, zumindest den jeweiligen Vorstand anzuschreiben und unmissverständlich aufzufordern, zukünftig weitere Werbung zu unterlassen. Die rechtlichen Möglichkeiten gegen E-Mail-Sendungen politischer Parteien sind aber dadurch nicht eingeschränkt. So haften diese auch dann, als mittelbare Störer, wenn sie auf ihrer Homepage E-Cards mit werbendem Inhalt bereitstellen, die dann an jeden beliebigen Dritten weitergeleitet werden können.

Auch reine Informationsnewsletter werden von den meisten Gerichten wie Werbe-E-Mails behandelt.

Die meisten Rechtsschutzversicherungsverträge umfassen den Schutz gegen unerbetene Werbung. Im Zweifel sollte man seine Versicherung oder seinen Anwalt fragen. Zwischen Unternehmen greift hier jedoch oftmals das Wettbewerbsrecht, für das kein Deckungsschutz besteht. Letztlich muss der Betroffene nur dafür sorgen, dass die Belästigung beweisbar und der Störer zu ermitteln ist. Daher empfiehlt es sich, sich Unterlagen (am Besten per Fax) zusenden zu lassen.

Annex:

Die Abmahnung ist ein Vertragsangebot. Der Abmahnende behauptet, einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Abgemahnten zu haben und bietet ihm an, diesen Anspruch vertraglich zu regeln. Erst wenn der Abgemahnte sich weigert, wird der Anspruchsteller im Normalfall gerichtliche Schritte einleiten.

Die Abmahnung ist also die außergerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs. Der Abgemahnte wird aufgefordert, seine Bereitschaft zu erklären, den Rechtsverstoß für die Zukunft zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung besteht bereits bei einem einmaligen Verstoß die sog. Wiederholungsgefahr, d.h. der Abmahnende darf annehmen, dass der Abgemahnte immer wieder in gleicher Weise gegen die Vorschriften verstoßen wird. Diese Wiederholungsgefahr kann außergerichtlich nur ausgeräumt werden, indem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird.

Wenn die strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschrieben wird, kommt ein wirksamer Vertrag zwischen Abmahnendem und Abgemahntem zu Stande, aus dem der Abgemahnte nicht mehr so leicht herauskommen: pacta sunt servanda (lat.: Verträge sind einzuhalten).

Lediglich bei einer nicht unerheblichen, nachträglichen Änderung der Rechtslage kann man die Abänderung des Vertrages verlangen oder bei Vorliegen eines Irrtums den Vertrag anfechten. Der Vertrag ist daher auch wirksam und verbindlich, wenn die Unterlassungserklärung nur unterschrieben wurde, um einem teuren Streit aus dem Weg zu gehen, ein Rechtsverstoß aber gar nicht vorliegt.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

Hinweis: Sie dürfen diesen Artikel ohne Veränderungen zum Privatgebrauch oder zum internen Gebrauch gerne frei kopieren und weitergeben. Für die kommerzielle Nutzung ist das vorherige Einverständnis des Autors einzuholen.

Fragen zu diesem Beitrag beantwortet der Verfasser nur im Rahmen eines Mandates.

Frank Richter
Rechtsanwalt

Kastanienweg 75a
D-69221 Dossenheim
Tel.: +49 - (0) 6221 - 727 4619
Fax: +49 - (0) 6221 - 727 6510
Mailto: anwalt@richterrecht.com
Internet: www.richterrecht.com