Transformation - Deutschland benötigt ein Jahrzehnt des Wandels
2022 kann für deutsche Unternehmen zum entscheidenden Jahr werden. Der Druck zur Transformation ist auch für deutsche Top-Unternehmen immens – sie sehen sich der Gefahr gegenüber, international den Anschluss zu verlieren.
Patrick Siebert, Managing Director, Head of Corporate Transformation Services und Co-Head A&M Germany, liefert einen Ausblick auf die wichtigsten Themen des Jahres.
Scheitert die deutsche Wirtschaft bei ihrer Transformation, wird sie international ins Hintertreffen geraten. Damit sie aber gelingen kann, benötigt sie ein aktives Mitwirken der Politik. Vier Kernthemen sind es, die 2022 für die Transformationsaktivitäten die wichtigsten Treiber darstellen.
1. ESG: Die Industrie braucht den politischen Rahmen für die Dekarbonisierung
Der Elefant im Raum ist das Thema ESG und hier insbesondere der Umweltaspekt. Die Dekarbonisierung ist die größte Herausforderung, die die Industrie in den nächsten vier bis zehn Jahren meistern muss. Dafür brauchen die deutschen Unternehmen, besonders die Schlüsselindustrien Auto, Chemie und Stahl, von der neuen Regierung klare Leitlinien und Ziele zur Dekarbonisierung. Dies muss innerhalb der nächsten Monate geschehen, die Bundesregierung muss im ersten Halbjahr einen Marshall-Plan vorlegen.
Die Industrie muss wissen, auf welche Weise sie ihre Transformation angehen kann, wohin sie gehen muss und mit welchen Unterstützungen sie dabei rechnen kann. Damit das Reduzieren des immensen CO2-Ausstoßes überhaupt gelingen kann, ist es unabdingbar, dass die Versorgung mit Wasserstoff und Erdgas sichergestellt ist.
2. Digitalisierung und Automatisierung: Ohne Daten geht es nicht mehr
Ein weiteres Thema, an dem es für Unternehmen kein Vorbei gibt, sind die Digitalisierung, Automatisierung und das noch bessere Nutzen der eigenen Daten für die Bereiche Analytics, Machine Learning und Artificial Intelligence. Dies bedeutet für die Industrie gewaltige Transformationsmaßnahmen, um die Digitalisierung in Prozesse und Geschäftsmodelle zu integrieren sowie enorme finanzielle wie personelle Anstrengungen.
3. Mehr Carve-Outs: Der Fokus gilt dem Kerngeschäft
Angesichts all dieser Notwendigkeiten machen sich bereits jetzt viele Unternehmen Gedanken. Viele werden sich künftig noch stärker auf ihr Kerngeschäft fokussieren, was eine erhöhte Anzahl an Carve-Outs bedeutet. Bereits jetzt sehen wir dahingehend ein hohes Niveau an Aktivität. Die Erlöse daraus sollen helfen, die Transformation voranzutreiben. Allgemein herrscht hohe Investitionsbereitschaft, besonders im Bereich der Digitalisierung und Modernisierung.
4. Staatshilfen und finanzieller Druck: Quo vadis, Retail & Zulieferer?
Darüber hinaus bringt 2022 auch Risiken mit sich. Staatlichen Fördergelder werden weniger oder müssen zurückgezahlt werden. Wie viel Geld für künftige Unterstützungen zur Verfügung stehen kann, ist dagegen unklar. Dieser zusätzliche finanzielle Druck wird sich auf den Markt auswirken und zeigen, welche Unternehmen dennoch Schritt halten können. Vor allem der Einzelhandel und Zulieferer im Automobilfeld sehen sich bereits jetzt hohem Preisdruck gegenüber. Letztere kämpfen sowohl mit hohen Rohstoffpreise als auch mit Druck seitens der OEMs, die ihre eigenen Sorgen nach unten weiterreichen wollen.