DSGVO als Türöffner für semantisches Targeting
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist aktuell das Schreckens-Thema der Digitalbranche. Und das zurecht: Über den tatsächlichen Mehrwert für Nutzer, Vorzüge für „Walled Gardens“ und den vermeintlichen Untergang von Retargeting lässt sich vortrefflich debattieren. Doch dabei gerät oft in Vergessenheit, dass die Gesetzesänderung auch Chancen offenbart und Wege ebnet – z.B. für semantisches Targeting. Richtig eingesetzt, eröffnet diese Targeting-Methode neue Möglichkeiten.
Die DSGVO und ihre Folgen
Die Angst vor der Abmahnwelle, die die DSGVO auslösen könnte, steigt. Schließlich hat die Verordnung viele Änderungen mit sich gebracht und fordert Datenschutzbeauftragte in praktisch jedem Unternehmen massiv heraus. Die Online-Marketing-Branche ist davon natürlich in besonderem Maße betroffen, basiert heutiges User Targeting doch in erheblichem Umfang auf dem Sammeln, Analysieren und Nutzen großer Mengen von First-, Second- und Third-Party-Daten. Seit Inkrafttreten der DSGVO ist dies nicht mehr ohne weiteres möglich und die Unsicherheit bei Adtech-Anbietern groß. Der IAB hat mit seinem „Transparency & Consent Framework“ einen wichtigen Schritt in Richtung eines branchenübergreifenden Standards gemacht, den viele Adtech-Unternehmen bereits unterstützen. Ob Initiativen wie diese ausreichen werden, um die Geschäftsmodelle der Adtech-Player langfristig in die Zukunft zu führen, ist aber noch längst nicht ausgemacht. Der aktuelle Status ist also: Werbetreibenden stehen sehr viel weniger Daten für die Erstellung und Ausspielung maßgeschneiderter Werbeanzeigen zur Verfügung als zuvor, die Zukunft ist ungewiss. Die noch bevorstehende E-Privacy-Verordnung, die nach jetzigem Stand Cookie Tracking nahezu unmöglich machen wird, tut ihr übriges. Es ist also an der Zeit, nach alternativen Wegen zu suchen, um die eigenen Zielgruppen zu erreichen, z. B. mit semantischem Targeting.
Semantisches Targeting vs. Cookie Tracking
Schaut man sich semantisches Targeting im Vergleich zum Cookie Tracking etwas genauer an, wird schnell klar, welche Methode sich besser mit der DSGVO vereinbaren lässt. Während beim Cookie Tracking massenhaft Daten gesammelt werden, aus denen detaillierte Nutzerprofile erstellt werden und das Surfverhalten durch Drittanbieter im Regelfall über zahlreiche Websites hinweg verfolgt wird, basiert semantisches Targeting rein auf dem jeweiligen Inhalt einer Seite. Ads können so in thematisch passenden Umfeldern ausgespielt werden, wobei die Basis für die Auswahl des Umfeldes der gesamte Seiteninhalt ist. Irrelevante und möglicherweise sogar schädigende Fehlplatzierungen können dadurch vermieden werden. Semantisch relevant sind Begriffe, die einen thematischen Bezug zu allen Inhalten auf einer Webseite haben. Hierbei werden keinerlei personenbezogene Daten erhoben oder gespeichert. Das macht diese Targeting-Methode definitiv DSGVO- und sogar E-Privacy-freundlich. Anders als z. B. Contextual Targeting, welches nicht den kompletten Seiteninhalt, sondern vornehmlich einzelne Keywords in die Entscheidung der Anzeigenausspielung einbezieht, setzt semantisches Targeting auf den bereits beschriebenen passgenauen thematischen Fit. Die Werbewirksamkeit von semantischem Targeting ist durch das inhaltlich perfekt passende Umfeld also extrem hoch. Der User wird genau dort abgeholt, wo er sich gerade thematisch befindet. Nutzer, die sich beispielsweise ein Wandervideo anschauen, bekommen also Werbung für die passende Ausrüstung angezeigt. Sie sind einer Kaufabsicht viel näher als ein User, der sich ein Schmink-Tutorial anschaut und die gleiche Ausrüstung angezeigt bekommt. Der Vorteil im Vergleich zu klassischem Cookie Tracking liegt auf der Hand: Zwar wird dort ein Nutzer mit Interesse am Wandern gespeichert, jedoch nicht, welchen Inhalt er sich gerade aktuell anschaut. Somit wird beim semantischen Targeting ein User, der sich vielleicht sogar fürs Wandern interessiert, aber aktuell nach Schmink-Tutorials sucht, nicht zum Kauf einer Ausrüstung bewegt bzw. überhaupt auf diese parallele Themenwelt aufmerksam gemacht. Denn er befindet sich gedanklich zu diesem Zeitpunkt weit weg vom Interesse an einer Wanderausrüstung.
Vorteile für Publisher und Werbetreibende
Mit semantischem Targeting lassen sich Werbebudgets optimal einsetzen. Publisher müssen sich nicht mehr mit der User-Einwilligung zur Nutzung der Daten beschäftigen, da keine personenbezogenen Daten erhoben und keine Cookies gesetzt werden. Richtig angewendet, ermöglicht semantisches Targeting eine effizientere Monetarisierung von Werbeinventar, wodurch Publisher eine Maximierung ihrer Werbeeinnahmen erreichen können. Und Werbetreibende? Die erhalten mit semantischem Targeting maximale Reichweite für ihre Ads, Werbebudgets werden voll ausgeschöpft. Und ganz entscheidend: Beim semantischen Targeting ist ein Höchstmaß an Brand Safety garantiert, denn Ads werden ausschließlich in thematisch wirklich passenden Umfeldern ausgespielt. Fehlplatzierungen gehören damit der Vergangenheit an. Der konsumierte Inhalt einer Website verrät viel über eine Person, ohne dass dabei ihre persönlichen Daten ausgewertet werden müssen. Der User hat in dem Fall das Targeting selbst initiiert, indem er eine bestimmte Website besucht hat und ein Interesse an einem bestimmten Thema und Inhalt zeigt.
Werbeformen für semantisches Targeting
Semantisches Targeting bietet also eine gute Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen und das Maximum aus dem Werbebudget herauszuholen. Prinzipiell lässt sich sagen, dass sich so gut wie jede Werbeform für den Einsatz dieser Targeting-Methode eignet. Da Brand Safety gerade in der Bewegtbildwerbung ein großes Problem ist, bietet sich hier semantisches Targeting ganz besonders an. Denn Bewegtbildanzeigen können ihr volles Potenzial am besten entfalten, wenn sie in nativen Umfeldern angezeigt werden. Aber auch weitere Werbeformen wie Display-Banner oder Audiowerbung lassen sich mithilfe von semantischem Targeting ausspielen. Die DSGVO sollte keineswegs nur als Bedrohung, sondern auch als große Chance für die Werbebranche betrachtet werden. Gerade semantisches Targeting ist eine gute Möglichkeit, um Werbeinhalte zielgerichtet zu platzieren und dabei besonders viel aus den Werbebudgets herauszuholen. Wenn die Werbebranche dies erkennt, können Kampagnen zukünftig noch erfolgreicher ausgespielt werden – und das ganz ohne Angst vor der Abmahnwelle.