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Die Elbphilharmonie - Branding mit Wow-Effekt

Am 11. Januar 2017 eröffnete die Elbphilharmonie. Das spektakuläre Wahrzeichen wertet die Marke Hamburg mit Nebeneffekt für Deutschland auf.
marketing-BÖRSE | 11.01.2017
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Elbphilharmonie (Dez 2016) © Thies Rätzke


Die Sozialen Medien, Zeitungen, Nachrichten-Magazine im Internet, Radio und TV sind voll davon: Nach der offiziellen Fertigstellung Ende 2016 und zum Eröffnungsspektakel am 11. Januar mit Livestream und viel Prominenz, u.a. Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel, ist die Elbphilharmonie nach fast zehnjähriger Bauzeit weltweit auf allen Kanälen zu bestaunen.



Die stadteigene Hamburg-Marketing sowie die beauftragten Agenturen Jung von Matt (Werbemaßnahmen) und Achtung! (PR) haben ganze Arbeit geleistet. Allerdings hätte ein so spektakuläres Bauwerk, das 110 Meter hoch über den grauen Fluten gegenüber der Zufahrt zu einem der größten Häfen der Welt thront, fast von ganz allein den Weg in die öffentliche Wahrnehmung gefunden. Doch bei den enormen Baukosten von rund 800 Millionen Euro, die überwiegend von der Hansestadt selbst getragen wurden, muss die Inszenierung perfekt ausfallen.

Hohe Nutzen-Erwartungen


Der amtierende Bürgermeister Olaf Scholz hat die Erwartungen an Elbphi, wie das neue Hamburger Konzerthaus von seinen Fans liebevoll genannt wird, denn auch deutlich formuliert. Sie soll den Wirtschaftsstandort Hamburg als EU-weit größte unter den Second Cities, den großen Nichthauptstädten, international bekannter machen. Hamburg leidet nämlich darunter, dass die etwas kleineren Metropolen Barcelona, Mailand und selbst München mit nur zwei Drittel der Einwohnerzahl global einen höheren Bekanntheitsgrad aufweisen.

Zum einen sollen Unternehmen und hochqualifizierte Fachkräfte für den Standort Hamburg gewonnen werden. Zwar bildet die Hansestadt eine wirtschaftlich außerordentlich potente Insel im ansonsten relativ schwachen Norden. Doch im Städtewettbewerb ist der Konkurrenzdruck enorm. Sowohl bei der Kaufkraft wie bei den Unternehmenswerten gehört die zweitgrößte Stadt der Republik nicht zu den Top-ten. Die nur 100 ICE-Minuten entfernte Hauptstadt hat einen nicht geringen Teil der Medien- und Musikindustrie von der Elbe an die Spree ziehen können.

Zum anderen will der Senat den Wirtschaftsfaktor Tourismus stärken. Hier hat Hamburg bereits einiges erreicht. Neben den traditionellen Attraktionen Speicherstadt, Reeperbahn und Hafen hat die Stadt spürbar aufgerüstet. Unter anderem locken nicht weniger als vier große Musicalhäuser Übernachtungsgäste vor allem aus dem deutschsprachigen Raum. Was fehlte, war ein auf der ganzen Welt berühmter Signaturbau, durch den bei Touristen aus fernen Ländern Hamburg ebenso selbstverständlich zur Reiseroute gezählt wird wie das Schloss Neuschwanstein.

Teil einer Marketing-Strategie

Natürlich stärkt eine Einzelattraktion vor allem den Tourismus, was ja schon ein Wert an sich ist. Das belegen Städte wie Bilbao mit dem Guggenheim-Museum und Sidney mit seiner Oper. Wenn eine derartige Leuchtfeuer-Attraktion in ein Gesamtkonzept eingebunden wird, kann das Standortmarketing zu einer Erfolgsgeschichte werden, die auch Menschen dauerhaft in die Stadt zieht. So hat Jung von Matt in der Kampagne für Elbphi unter anderem die freie Zugänglichkeit der Plaza als Erlebnisbereich und den attraktiven Standort Hamburg in den Mittelpunkt gestellt. So sind die Wochen vor und nach der Fertigstellung der Paukenschlag in einer langfristigen Strategie, die Marke Hamburg nach der gescheiterten Olympia-Bewerbung im Bewusstsein seiner Bewohner und der globalen Öffentlichkeit zu verankern. Ein Paukenschlag mit Wow-Effekt ist es für alle, die zum ersten Mal einen Blick auf die fertiggestellte Elbphilharmonie werfen oder die einem Konzert im 2.100 Zuhörer fassenden Konzertsaal lauschen, dem laut Hamburgs Generalmusikdirektor Kent Nagano besten der Welt.

Spannend wird die Entwicklung mit Blick auf die Bedeutung des Konzerthauses über Hamburg hinaus. Wird sie möglicherweise das Brandenburger Tor in Berlin als nationales Wahrzeichen ablösen? Sicher ist, dass ein Bauwerk dieses Ranges die Aufmerksamkeit der ausländischen Reiseveranstalter und ihrer Kunden nicht nur auf Hamburg, sondern auf ganz Deutschland lenken und neue Touristen bringen wird.

Content und Media

Im Marketing sprechen alle von Content. Was gibt da mehr her als (bewegte) Bilder eines spektakulären Gebäudes? Die höchsten Hochhäuser der Welt, Monumentalbauten und außergewöhnliche Konstruktionen, sie alle bieten Themen und Plattformen für interessantes Storytelling. Die für die Elbphilharmonie zuständigen Marketer bedienen alle Kanäle und erreichen damit auch Zielgruppen, die nicht unbedingt als typisch für ein klassisches Konzerthaus gelten. Drohnen-Rennen durch das verwinkelte Innenleben des Hauses sind nicht nur auf Youtube zu bewundern, sondern jeder kann virtuell selbst daran teilnehmen. JvM sorgt mit Influencer-Marketing und Multiplikatoren für breite Bekanntheit auch bei jüngeren Zielgruppen. Pinterest und Instagram werden mit eindrucksvollen Bildern bedient. Über Fertigstellung und Einweihung berichten klassische Printmedien und Sender in der ganzen Welt.

Auch der ausführende Baukonzern Hochtief nutzt den Hype und widmet dem Bauwerk die Titelstory seines Kundenmagazins Concepts, natürlich mit vielen technischen Details, die als besondere Herausforderungen eine gelungene Eigenwerbung darstellen. BMW und SAP als wichtigste Partner engagieren sich in Form klassischen Sponsorings. Die Elbphilharmonie ist eben Produkt, ikonische Marke und Event-Location in einem und entsprechend vielseitig kommunizierbar.

Fazit

Im Stadtmarketing gilt noch mehr als im Produktmarketing, durch ein starkes Flaggschiff kann eine Marke richtig aufgebaut werden. Was für Porsche der 911er oder für Apple das iPhone bedeutet, ist die Elbphilharmonie für Hamburg - und vielleicht sogar für Deutschland. Applaus!


Autor: Stephan Bordt / marketing-BÖRSE