Rüdiger Ratte - Der Missionar für die Organisationsform Callcenter
Im Interview mit Call-Center-Experts spricht er über seine Wünsche und Ziele.
Wie kamen Sie in Kontakt zur Telemarketing -, bzw. Callcenter Branche?
Als selbständiger Trainer im Bereich Persönlichkeitsentwicklung und Berater im Bereich Organisationsentwicklung traf ich 1997 auf die PRISMA Unternehmensberatung in Rodgau, also genau zu der Zeit als die Call-Center Branche in Deutschland boomte. Eine spannende Zeit in der die Branche begann durchzustarten, um die Servicewelt nachhaltig zu verändern und vor allen Dingen auch die internen Organisationen weiterentwickelte und in den Köpfen der Verantwortlichen ein Umdenkungsprozess stattfand. Nämlich das man Kunden besitzt und schützen muss und keine Benutzer oder Abnehmer hat.
Was fasziniert Sie heute noch an dieser Branche?
Die Abwechslung und die Geschwindigkeit mit der wir uns entwickeln und wie gut gemachter Kundenservice ein Unternehmen strategisch deutlich nach vorne bringt. Nach wie vor freue ich mich, wenn ein Kunde eine Kundenkontaktstrategie mit positivem Feedback und erhöhtem Umsatz goutiert und zudem die Mitarbeiter mit Spaß und Begeisterung dabei sind.
Faszinierend ist auch die Wertigkeit, wie Callcenter heute in Unternehmen gesehen werden. Ich kenne noch die Zeit, als man verschämt im Keller saß – eine rasante Entwicklung.
Wie ist es dann beruflich weiter gegangen (was machen Sie jetzt)?
Irgendwann fragte mich dann ein Kunde nach einem Projekt, ob ich das, was ich gerade beraten habe, auch in der Linie verantworten wolle und damit wechselte ich 2000 zurück in die Personalverantwortung.
Über Stationen bei DHL Worldwide Express und der Deutschen Post, verantworte ich aktuell die ADT Service-Center GmbH, die zentrale Kundenkontaktschnittstelle des Tyco-Konzern ins Deutschland, ein Hochtechnologiekonzern im Bereich Sicherheitstechnik und Brandschutz, der in Deutschland mit seinen beiden Kernmarken ADT und TOTAL WALTHER am Markt agiert.
Was ist Ihr Eindruck von der momentanen Situation der Callcenter Branche?
Wir stehen aus meiner Sicht am Scheideweg. Grundsätzlich aber eher positiv, wenn sich die Branche bewegt. Wir brauchen ein positives Gesamt- und Erscheinungsbild. Wir müssen uns als Lösungsanbieter positionieren und nicht nur als Handlanger fungieren.
Und wir müssen den sich ständig ändernden Kundenwünschen Rechnung tragen und uns anpassen. Kunden entscheiden, wann und wie sie mit dem Unternehmen in Kontakt treten wollen. Telefonische Erreichbarkeiten zwischen 8.00 und 18.00 Uhr akzeptiere ich persönlich auch nicht mehr. Wird sich die Qualität durchsetzen oder werden sich einige, trotz Mindestlohndebatte Ihre Marktanteile durch Preisdumping sichern. Damit würden wir eine unheilvolle Spirale in Gang setzen. Gelingt es aber die gelieferte Qualität preislich adäquat am Markt umzusetzen werden wir alle profitieren. Unternehmen, Kunden und letztendlich auch die Mitarbeiter.
Wie sieht denn aus Ihrer Sicht der Kundenservice und der Vertrieb der Zukunft aus?
Kann in Zukunft aus meiner Sicht nur eng verzahnt und in enger Abstimmung miteinander funktionieren. Insbesondere da wir in unsere heutigen vernetzten Zeit schnelle Reaktionen liefern muss auf Rückmeldungen oder Diskussionen in den Social Media.
Grundsätzlich erwarte ich einen höheren Wettbewerbsdruck, da die Produkte und Dienstleistungen immer gleicher und austauschbarer werden und die Unterscheidungskriterien für den Kunden immer mehr verwässern. Da ist exzellenter Service einfach unabdingbar. Zudem wird die Channelplanung zur Kundenansprache wichtig um die Zielgruppen entsprechend abzuholen und um unnötige Kosten im Vertrieb zu vermeiden und den größten Benefit für das Unternehmen zu erzielen.
Wie viele Stunden arbeiten Sie heute in der Woche?
Das Thema Work-life-balance wird in der heutigen Zeit immer wichtiger und man selber ja auch nicht jünger. Ausgeruht den kommenden Tag angehen ist meine Devise, weil auch der nächste Tag von uns wieder eine quasi unmögliche Lösung in relativ kurzer Zeit von unseren Kunden erwartet wird. In der Regel arbeite ich heute im Schnitt 50 Stunden pro Woche und verbringe den Rest in der Natur beim Golfen oder Wandern.
Was machen Sie, wenn Sie nicht im Business beschäftigt sind, also in Ihrer Freizeit?
Ich habe ein Haus in Nordhessen mitten im Grünen in der Nähe des Edersee. Dort kann ich am Wochenende entspannen und mit Gartenarbeit oder Arbeiten am Haus meine handwerklichen Fähigkeiten testen. Und der Freizeitwert der Region mit seinen Wäldern und den Wassersportmöglichkeiten des nahen Sees ist einfach phänomenal.
Welches ist das tollste Buch, das Sie je gelesen haben, und was lesen Sie gerade?
Ich liebe die Geschichten von Terry Pratchett und seinen Romanen von der Scheibenwelt. Die kann ich verschlingen und lese diese auch schon mal nächtelang durch. Da habe ich mehrere Favoriten. Aktuell lese ich Dschungelkind, die wahre Geschichte eines Kindes, das mit seiner Eltern als kleines Kind in den Dschungel von Papua gezogen ist und dort bei einem Naturvolk aufwuchs und mit 17 zurück nach Europa kam und heute zwischen den Welten gefangen ist und nach Ihrer wahren Natur sucht.
Was ist der größte Wunsch oder Traum, den Sie sich gerne einmal erfüllen wollen oder, was würden Sie beruflich machen, wenn Sie nicht das machen, was Sie zurzeit beruflich machen?
Ich liebe das Meer und mein Traum ist es, irgendwann direkt am Meer zu wohnen (aber da wo es warm ist) und ein altes Holzsegelboot zu restaurieren und dann damit irgendwann auf große Fahrt zu gehen. Und da ich gleichzeitig ein Autofanatiker bin, danach einen amerikanischen Oldtimer aus den 60ern restaurieren.
Rüdiger Ratte
Experte: Herr Rüdiger Ratte
Rüdiger Ratte begann nach einer Offizierslaufbahn mit dem Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der Bundeswehr in München. Nach einer Tätigkeit als freiberuflicher Managementtrainer begann er als Trainer und Berater bei der PRISMA Unternehmensberatung in Rodgau. Von da wechselte er zur DHL Worldwide und betreute dort Aufbau mehrerer Callcenter und Kommunikationscenter. Heute arbeitet er bei ADT Service-Center GmbH in Ratingen. Er ist Verantwortlicher Leiter für die zentrale Kundenschnittstelle der Tyco- Gruppe in Deutschland (ADT und Total Walther) und der Notruf- und Serviceleitstelle für Deutschland und Österreich.