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Zukunftsstrategie Nachhaltigkeit

Der Begriff der nachhaltigen Medienproduktion gewinnt in allen Mediensegmenten schnell an Bedeutung.
Die Zielgruppe, die durch Nachhaltigkeitskampagnen angesprochen wird, ist extrem attraktiv. Unter dem Stichwort LOHAS („Lifestyle of Health and Sustainability“) werden moderne Konsumenten verstanden, die ihre Nachfrage vor allem auf Produkte richten, die neben dem eigentlichen Produktnutzen noch einen zusätzlichen Mehrwert in Sachen Nachhaltigkeit besitzen. Diese Gruppe ist generell recht einkommensstark und konsumfreudig „Eine bessere, grüne Welt nicht durch Verzicht, sondern durch bessere Ideen und innovative Technologie ist die Vision, die den Konsumenten von heute und den Konsumenten von morgen bewegt“, so Rainer Burkhardt, geschäftsführender Gesellschafter der KircherBurkhardt GmbH.

Für Unternehmen ist es daher entscheidend, sicherzustellen, dass nachhaltige Produktions- und Verarbeitungsmethoden entlang der gesamten Chain of Custody gewährleistet sind. Dies wurde auch auf dem 2. Media Mundo Kongress deutlich, der im Mai in Berlin stattfand. Referenten aus den verschiedensten Bereichen stellten Best-Practice-Beispiele vor, sprachen aber auch über Herausforderungen und Probleme. So bemängelte beispielsweise Henning Krause, Präsident des BDG Berufsverband der Deutschen Kommunikationsdesigner e.V., dass das Konzept in der Nachhaltigkeit in der Kommunikationsbranche noch gar nicht angekommen sei.



Die Forderung der Konsumenten

Dabei ist der Druck, der von den Konsumenten weitergereicht wird, bereits sehr hoch. Das belegt zum Beispiel die Marschrichtung der größten amerikanischen Handelskette Wal-Mart. 2009 wurde bekräftigt, zukünftig nachhaltig wirtschaften und den kompletten Herstellungsweg der angebotenen Produkte dokumentieren zu wollen. Welche Konsequenz es hat, wenn ein solches Unternehmen seine Positionierung zur Nachhaltigkeit neu definiert, wird schnell deutlich, denn jeder Lieferant und ebenso die gesamte Chain of Custody für Tausende von Produkten müssen diesen Weg mitgehen und nachhaltig und transparent produzieren.

Dementsprechend herrscht auch in den Industrien ein starkes Interesse an Möglichkeiten, nachhaltige Konzepte einzuführen und an die Konsumenten zu kommunizieren. Rainer Burkhardt, geschäftsführender Gesellschafter der KircherBurkhardt GmbH stellt fest, dass grüne Themen beispielsweise im Corporate Publishing zunehmen. Kunden würden diese immer öfter in ihre Kommunikationsstrategie mit aufnehmen. „Wie geht die Unternehmenskommunikation am wirkungsvollsten damit um? Man muss umdenken und die eigene Marke nicht bloß als Zugangsschlüssel zu den Kunden sehen.“

Dieser Trend zeigt sich beispielsweise in den Supermarktregalen. Selbst Discounter bemühen sich verstärkt „Gourmet“- oder Bioprodukte anzubieten. Damit diese Strategie funktioniert, müssen die entsprechend beworbenen Produkte die versprochenen Qualitäten hinsichtlich Produktgüte und nachhaltiger Produktion auch für den Verbraucher nachvollziehbar einhalten. Ansonsten könnte es schnell zu einem negativen PR-Fallout kommen, wie das Beispiel Lidl zeigt: Die Discountkette musste nach einer Klage von Verbraucherschützern und Menschenrechtlern auf Werbung für Kleidung aus angeblich weltweit fairer Produktion verzichten. Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) setzte sich dafür ein, dass Lidl nicht mehr behaupten darf, was nachweislich nicht den Tatsachen entsprach.

Wichtig ist also, dass Nachhaltigkeit kein bloßes Etikett auf den Produkten ist. Die Konsumenten fordern die tiefgreifende strategische Änderung der Unternehmen. Henning Krause: „Unternehmer müssen den Weg vom quantitativen zum qualitativen Wachstum finden. Effizienzsteigerung bedeutet, mit weniger Ressourcen zumindest das gleiche, aber besser noch mehr erreichen.“



Die nachhaltige Medienproduktion

Insofern birgt die Nachhaltigkeit für Unternehmen der grafischen Industrie signifikante Chancen. Dazu zählt vor allem die Möglichkeit, sich wirksam von Mitbewerbern zu differenzieren. „Eine glaubwürdige Strategie für nachhaltiges Wirtschaften ist nach wie vor ein echter Marktvorteil. Wer sich als erster über die bloße Nutzung von Ökostrom und Recyclingpapier hinaus auf eine weitgehende ökologische und soziale Produktionsweise spezialisiert, kann eine echte Dividende erzielen“, so Henning Krause.

Die Printbuyer, vor allem wenn sie in besonderem Maße der Öffentlichkeit ausgesetzt sind, legen Wert darauf, dass ihr Engagement glaubwürdig und deutlich kommuniziert wird. Das bestätigte auch Steffen Rennstich von Boehringer Ingelheim Pharma. „Es muss sichergestellt sein, dass die Unternehmen nicht angreifbar sind. Dazu gehören nicht nur die Inhalte, sondern auch die Produktionsweise. Wurde beispielsweise tatsächlich zu 100 Prozent klimaneutral auf Recyclingpapier produziert?“, so Steffen Rennstich.

Da anders als bei den Konsumenten die Gründe für den Schutz von ökologischen oder sozialen Interessen deutlich pragmatischer sind, stehen daneben auch die materialwirtschaftlichen Aspekte im Fokus. Das heißt, dass neben der Nachhaltigkeit auch Qualität, Preis und Produktionsgeschwindigkeit relevant sind.



Von der Einzelmaßnahme zum Konzept

Diesem Druck von unten Medienschaffende nur mit durchdachten und überzeugenden Konzepten begegnen. Dazu stehen zwar vielfältige Einzelmaßnahmen zur Verfügung, die es erlauben effizienter, ökologischer oder sozialer zu produzieren. So ermöglichen zum Beispiel diverse Angebote und Zertifikate den CO2-Ausgleich der Medienproduktion. Wenn bereits im Vorfeld durch Ressourcenschonung und Energieeffizienz Emissionen weitestgehend vermieden bzw. eingespart werden, geht dies weit über das „klimaneutrale Drucken“ hinaus.

Auch im Bereich der Papiere und Druckfarben ist das Angebot an umweltschonenden Lösungen reichhaltig. Selbst Recyclingpapiere müssen heutzutage nicht mehr mit Qualitätseinbußen dahergehen. Das Gütezeichen „Blauer Engel“ ist deshalb die erste Wahl bei einer nachhaltigen Medienproduktion. Lässt sich eine Nutzung von Papieren mit Frischfaseranteilen jedoch nicht vermeiden, garantiert die Zertifizierung nach FSC die nachhaltige und ökologisch sinnvolle Waldwirtschaft

Nachhaltige Medienproduktion ist aber nicht nur Recyclingpapier und effiziente Workflows. Auch die Schaffung von Mehrwert gehört dazu. Es geht darum, Dinge so zu produzieren und zu gestalten, dass sie auch in Zukunft Bestand haben. Schließlich ist auch ein ökologisch vernünftig produziertes Printprodukt eine Verschwendung von Ressourcen, wenn es ungelesen in den Papierkorb wandert. Insofern ist zum Beispiel das Design oder die qualitativ hochwertige Umsetzung ein entscheidender Faktor für die Nachhaltigkeit von Medien. Sie vermitteln Wertigkeit und sorgen dafür, dass Botschaften beim intendierten Empfänger ankommen.



Zukunft Nachhaltigkeit

Letztendlich macht die Nutzung solcher Einzelwerkzeuge und -maßnahmen aber noch keine nachhaltige Medienproduktion aus. Das wurde bei allen Referenten ganz deutlich. Ein reines Labelling oder Greenwashing verpufft nahezu wirkungslos, sowohl gegenüber den Printbuyern als auch gegenüber den Konsumenten. Wichtig ist deshalb, dass ein sinnvolles, glaubwürdiges Konzept entwickelt und in den Unternehmen auch gelebt wird.

Leider fehlen nach wie vor offizielle Standards oder Empfehlungen, die Nachhaltigkeitsstrategien in der Medienproduktion eine glaubwürdige Basis geben. Gefordert ist deshalb vor allem das Networking mit Meinungsbildnern und NGOs um einen belastbaren Kurs für die nachhaltige Medienproduktion festzulegen.