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Daten können Plattformen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil verschaffen

Alle profitieren von zusätzlichen Daten, Google-Betreiber Alphabet am meisten.
DIW Berlin | 12.07.2023
Onlinekonzerne profitieren von Daten, aber Google sticht heraus: Daten könnten dem Google-Betreiber Alphabet eine uneinholbare Position im Markt bescheren © DIW Berlin
 

Der US-Digitalkonzern Alphabet, Betreiber der Google-Dienste, könnte nicht zuletzt durch seine Menge an gesammelten Daten einen kaum einholbaren Vorteil im Online-Werbemarkt erlangt haben. Für technische Innovationen oder nutzungsfreundlichere Angebote könnte der Markt dann verschlossen bleiben. Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) können den Wert der Daten für die demografische Personalisierung von Online-Werbung messen und zeigen: Alle Unternehmen profitieren von größeren Datenmengen, aber Google zieht einen größeren Vorteil aus zusätzlichen Daten als andere. „Unternehmen können digitale Märkte mit ihren Datenmengen zu Kipppunkten führen, die unüberwindbare Hürden für Wettbewerber schaffen“, erklärt Studienautor Hannes Ullrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin.

Datenmengen sind entscheidend für den Erfolg von Digitalunternehmen

Daten sind die Grundlage des Erfolgs vieler großer Digitalunternehmen. Aus den gesammelten Daten können Profile von Konsument*innen erstellt werden, die Vorhersagen über Eigenschaften oder Interessen ermöglichen. Anhand dieser Profile wird Nutzer*innen zielgerichtete Werbung angezeigt. Die zugrundeliegenden Daten werden mit Tracking-Tools gesammelt, die an verschiedensten Stellen geladen werden, etwa bei der Nutzung von Apps oder bei dem Besuch von Websites.

Für die Unternehmen ist entscheidend, wie gut sie Vorhersagen über Nutzer*innen treffen können – denn je passender eine Werbung ist, desto eher wird sie geklickt oder das Produkt gekauft. Mit einem neuartigen Analysedatensatz konnten die Forscher erstmals messen, wie Datenmengen mit der Qualität der Vorhersagen über Nutzer*inneneigenschaften zusammenhängen.

Die Studie zeigt, dass alle Unternehmen im Tracking-Markt von zusätzlichen Daten profitieren – sowohl in Bezug auf die Zahl der erfassten Nutzer*innen als auch in Bezug auf die Zahl der erfassten Websites. Die Qualität der Vorhersagen wird besser, doch je mehr Daten dazukommen, desto weniger steigt diese Qualität. Google sticht aber heraus: Durch die enormen Datenmengen und Datentiefe, auf die der Konzern Zugriff hat, kann er Internetnutzer*innen systematisch präziser einschätzen. Google kann dadurch potenziell den Markt zu einem Kipppunkt führen, so dass der Konzern nicht mehr von Wettbewerbern eingeholt werden kann. „So ein Vorsprung setzt Schranken für den Markteintritt, das heißt neue Firmen oder innovative Angebote haben es schwer. Am Ende stehen die Verbraucher*innen schlechter da, weil sie weniger Auswahl, weniger Nutzer*innenfreundlichkeit und schlechtere Angebote vorfinden“, erklärt Studienautor Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am DIW Berlin und Mitglied der Monopolkommission. Duso sieht in der aktuellen Marktlage die Notwendigkeit, den Zugang zu Daten zu regulieren. „Einige der neuen Regulierungsinstrumente der EU sehen beispielsweise vor, Unternehmen dazu zu verpflichten, gesammelte Daten mit Wettbewerbern zu teilen. Das geht in die richtige Richtung. Jetzt kommt es darauf an, diese Regelungen auch durchzusetzen“, so Duso.

Aus der Vergangenheit für den Umgang mit ChatGPT lernen

KI-Sprachmodelle wie ChatGPT und andere Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) basieren genauso auf Daten wie Online-Werbung. Aus der Untersuchung des Online-Werbemarktes ziehen Ullrich und Duso mit ihren Koautoren Schlüsse für andere datenbasierte Geschäftsmodelle. „Der potenzielle Marktvorteil von Google folgt daraus, dass der Markt lange nicht reguliert wurde und die Wettbewerbsbehörden die entscheidenden Faktoren zu zögernd eingeschätzt haben und angegangen sind“, sagt Ullrich. „Der Wert von Daten muss auch für neue Technologien wie ChatGPT als zentraler Wettbewerbsfaktor verstanden werden. Ansonsten könnten sich auch hier Monopole bilden, die Nachteile für Nutzer*innen bedeuten.“