Inflation: Deutsche rechnen weiter mit steigenden Preisen
Einkauf nur mit Einschränkungen: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher können die steigenden Kosten für Lebensmittel, Energiekosten und Dienstleistungen kaum noch aufbringen. Inzwischen sagt fast jeder zweite Konsument (49 Prozent), dass er nur noch das Nötigste einkauft. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) geben an, sich beim Einkaufen einschränken zu müssen.
Licht am Ende des Tunnels sehen aktuell die wenigsten Konsumenten – im Gegenteil: Fast alle Kundinnen und Kunden gehen von weiteren Preissteigerungen aus. Lediglich vier Prozent denken, dass Produkte und Dienstleistungen innerhalb der nächsten sechs Monate nicht teurer werden. 84 Prozent glauben, dass die Energiekosten weiter steigen werden, 83 Prozent befürchten, mehr für Benzin und andere Kraftstoffe ausgeben zu müssen. Dass Nahrungsmittel teurer werden, damit rechnen 80 Prozent der Befragten in Deutschland.
Die Reaktion der Kundinnen und Kunden? Sie sparen. Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) sagt, dass er aktuell weniger oder gar keine neue Bekleidung kauft. Ebenso viele Befragte geben an, sich beim Erwerb von Unterhaltungselektronik zurückzuhalten oder ganz darauf zu verzichten. Ihren Benzin- und Kraftstoffverbrauch haben 46 Prozent der Befragten reduziert.
Dies ergab der aktuelle EY Future Consumer Index. Es ist die elfte Ausgabe der vierteljährlichen, weltweiten Umfrage unter mehr als 21.000 Verbrauchern. In Deutschland nahmen mehr als 1.000 Personen an der Umfrage teil.
Michael Renz, Leiter des Bereichs Konsumgüter und Handel bei EY Deutschland: „Lieferengpässe infolge globaler Herausforderungen beeinträchtigen immer noch das alltägliche Einkaufsverhalten der Konsumenten. Bis zum Frühjahr dieses Jahres war dies aus Kundensicht ärgerlich, da der Wunsch und auch die Mittel vorhanden waren, Produkte zu kaufen. Durch die Inflation sind die Mittel der Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings inzwischen deutlich begrenzter, die für den Konsum verfügbaren Einkommen sind deutlich geschrumpft. Die Folge: Die Konsumenten müssen bei zahlreichen Produkten sparen.“
So planen Kundinnen und Kunden beispielsweise bei Lieferdiensten den Rotstift anzusetzen: Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) will sich in den kommenden Monaten weniger zubereitetes Essen bestellen. Genauso viele Konsumenten sagen, dass sie weniger Geld für die Lieferung von Lebensmitteleinkäufen ausgeben werden. Auch bei Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände wollen sich die Befragten in Deutschland zurückalten: 46 Prozent sagen, dass sie in den kommenden drei bis vier Monaten weniger für Kino-, Restaurant- oder Barbesuche ausgeben werden. Im Gegenzug sagen nur 18 Prozent, dass sie höhere Ausgaben planen als bisher. Nur bei Lebensmitteln – egal ob frisch oder gefroren – und Hygieneartikeln sagen mehr Verbraucherinnen und Verbraucher, dass sie für diese Produkte höhere Ausgaben einplanen, als umgekehrt sparen möchten.
Enormer Preisdruck im Markt – angespannte Situation zwischen Handel und Herstellern
Das veränderte Einkaufsverhalten der Bundesbürger bei gleichzeitig steigenden Kosten sowohl für Produzenten als auch für Händler wird weiterhin für Konflikte zwischen diesen Gruppen sorgen: „Die Hersteller versuchen natürlich, ihre gestiegenen Kosten an den Handel bzw. die Endverbraucher weiterzugeben. Gleichzeitig steht der Handel vor der Aufgabe, die Kunden nicht mit enormen Preisanstiegen zu vergrätzen.“ Renz rechnet damit, dass daher Eigenmarken zukünftig eine noch größere Rolle spielen werden: „Schaffen es die Supermärkte und Discounter, Eigenmarken als Alternative zu teuren oder nicht mehr vorhandenen Markenartikeln zu positionieren, ist das eine große Chance, um das eigene Profil zu schärfen und gleichzeitig die Kunden bei der Stange zu halten.“
Zwei von fünf Konsumenten in Deutschland (42 Prozent) sagen schon jetzt, dass sie Eigenmarken statt Markenprodukten kaufen, fast jeder dritte Befragte (30 Prozent) gibt an, neue Produkte auszuprobieren, um Geld zu sparen.
Konsumenten in Deutschland im weltweiten Vergleich sehr pessimistisch
Auf die Frage, wie ihr Leben in drei Jahren aussieht, antworten die Bundesbürger zunehmend pessimistisch: Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) ist aktuell der Meinung, dass sich ihre Lebenssituation in diesem Zeitraum verschlechtern wird. Im Sommer sagten dies noch sieben Prozent weniger. Damit sind die Konsumenten in Deutschland deutlich negativer eingestellt als der internationale Durchschnitt. So gehen nur sechs Prozent der befragten Kundinnen und Kunden in China davon aus, dass sich ihre Lebenssituation verschlechtern wird. Umgekehrt gehen 60 Prozent von einer Verbesserung aus. Damit liegt das Reich der Mitte vor den USA (50 Prozent), wo jeder zweite Konsument von einer positiven Entwicklung ausgeht. Spitzenreiter sind die Befragten in Indien: 71 Prozent gehen hier von einer Verbesserung ihrer Lebenssituation in den kommenden drei Jahren aus.
Dies zeigt sich auch, wenn es um Konsum um des Konsums Willen geht: Weltweit sagt jeder Dritte, dass er vor allem deshalb Dinge kauft, um sich besser zu fühlen. In Indien (69 Prozent) und China (52 Prozent) sagt dies sogar die Mehrheit der Konsumenten. In Deutschland dagegen gibt nur jeder Vierte an, dass er Produkte nicht in erster Linie erwirbt, weil er sie braucht, sondern um ein Gefühl der Zufriedenheit zu erzielen. Weiteres großes Anliegen für Konsumenten auf der Welt ist die Vermeidung von Verschwendung: Fast neun von zehn Verbraucherinnen und Verbrauchern (89 Prozent) in Deutschland sagt, dass sie weniger Lebensmittel wegschmeißen wollen. Damit liegen die Befragte in Deutschland über dem weltweiten Durchschnitt von 85 Prozent.