Mehr Einnahmen, mehr Jobs: Wie Filme und Serien aus Deutschland den Wirtschaftsstandort stärken
Haus des Geldes, Game of Thrones, Wunderschön, The Crown oder Babylon Berlin: In Europa realisierte Kinofilme und Serien sind zunehmend beliebt. Bereits 70 Prozent der Menschen in Deutschland nutzen Videostreaming, Anbieter wie Netflix, Joyn, Sky, Prime Video und Co. produzieren daher auch immer mehr europäische Serien und Filme und nehmen diese in ihr Angebot auf. Doch im internationalen Wettbewerb der Produktionsstandorte droht Deutschland aufgrund veralteter Filmförderinstrumente zurückzufallen und lässt viel Potenzial für Serien und Kinofilme ungenutzt, wie eine neue von Deloitte durchgeführte Bitkom-Studie zeigt. Demnach würde ein steuerliches Anreizmodell, wie es etwa im Vereinigten Königreich oder in Spanien existiert, die Produktion von Filmen und Serien in Deutschland deutlich stärker fördern als die bisherigen, stark gedeckelten Filmförderfonds. „Wir brauchen mehr exzellente, hochwertige in Deutschland produzierte Filme und Serien, um Kultur und Wirtschaft zu stärken. Im internationalen Wettbewerb um die Produktionen können wir zugleich nur bestehen, wenn wir attraktive Rahmenbedingungen bieten“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Die Studie berechnet dabei die Effekte einer Steuergutschrift in Höhe von 30 Prozent der Produktionskosten, was dem internationalen Durchschnitt entspricht. Das Ergebnis: Von neuen Serien und Filmen aus Deutschland profitieren dabei nicht nur die Zuschauerinnen und Zuschauer, sondern auch der Wirtschaftsstandort. Je nach Wirkungsgrad der Steuergutschrift ergibt sich eine zusätzliche Bruttowertschöpfung zwischen 578 Millionen und 1,36 Milliarden Euro. Daraus resultiert ein Beschäftigungseffekt von bis zu 15.000 zusätzlichen Stellen pro Jahr. Rohleder: „In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP vorgenommen, die Filmförderinstrumente und die Rahmenbedingungen des Filmmarktes neu zu ordnen, zu vereinfach und transparenter zu machen. Zentraler Baustein muss ein Abschied vom nicht mehr zeitgemäßen Modell der Filmförderfonds hin zu einem steuerlichen Filmförderungsmodell sein.“ Dabei würden auch lange Bearbeitungszeiten, die Beachtung von Förderfristen sowie insgesamt ein teurer Verwaltungsapparat vermieden.
Das in der Studie untersuchte Modell besteht im Kern in der Verrechnung einer Steuergutschrift gegen die Steuerlast eines Produktionsunternehmens. Die Verrechnung erfolgt über das Finanzamt mittels der Steuererklärung. Zunächst wird mit einem kulturellen Eignungstest überprüft, ob eine Produktion förderungswürdig ist. Danach erhalten die Produzenten eine Steuererstattung auf ihre Unternehmenssteuern in Höhe der Förderung.
Fördervolumina werden jährlich erhöht – reichen aber nicht aus
Aktuell ist die Nachfrage nach Fördermitteln so hoch wie nie. Das Förderbudget für Filme und Serien für die Ausstrahlung im deutschen Fernsehen sowie auf Streaming-Plattformen wurde im entsprechenden Filmförderfonds GMPF (German Motion Picture Fund) 2021 bereits um 30 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro erhöht. Mit 47 Millionen Euro wurden deutsche Produktionen gefördert, mit 3 Millionen Euro internationale Koproduktionen. Der deutlich steigende Trend des Fördervolumens setzt sich 2022 mit einem Wert von 90 Millionen Euro fort. „Die Deckelung des Fördervolumens beeinträchtigt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft erheblich“, betont Rohleder, „denn oft sind die Töpfe bereits Mitte des Jahres leer. Das erlaubt keine verlässliche Planbarkeit für Investitionen in deutsche Filmproduktionen.“
Wie die Studie darlegt, wurden in UK, Spanien und Ungarn mit steuerlicher Film- und Serienförderung deutlich mehr Produktionen in den jeweiligen Ländern angesiedelt. So hat etwa Ungarn schon seit 2004 günstige Bedingungen für die Branche geschaffen, was das Land heute zu einem der wichtigsten Produktionsstandorte der Welt macht, etwa für erfolgreiche Serien wie „The Lost Kingdom“ oder den Blockbuster „Dune“. In UK wurden 2007 mehrere steuerliche Filmförderprogramme aufgelegt, seitdem sind die Investitionen in Filmproduktionen stark gewachsen.
Die Studie beziffert in einer Modellrechnung auch die Effekte von möglichen Steuergutschriften auf die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung und damit mittelbar auch auf die Einnahmen des Staates. Das steuerliche Fördermodell erzielt demnach einen beachtlichen Hebeleffekt von bis zu 6,6. Das bedeutet, dass jeder über die Steuererklärung von Unternehmen ausgezahlte Euro weitere 6,60 Euro direkte, indirekte oder induzierte Wertschöpfung im der deutschen Wirtschaft nach sich zieht. Dies wirkt sich dann auch wieder auf die Steuereinnahmen des Staates aus: Wird eine neue bzw. zusätzliche Tätigkeit geschaffen, können die durch diese Tätigkeit generierten Steuereinnahmen die direkten Kosten der Steuergutschrift für den Staat teilweise ausgleichen oder sogar überkompensieren.
Aus Bitkom-Sicht sollte die Ampel-Koalition nun die Weichen für die Einführung eines steuerlichen Fördermodells stellen. Es sollte folgende Eckpunkte enthalten:
- Eine Höhe von 30 Prozent der in Deutschland getätigten Ausgaben zur Herstellung eines Films oder einer Serie. Für besonderes Engagement etwa bei Diversität oder ökologische Nachhaltigkeit können zusätzliche Gutschriften gewährt werden.
- Eine vollständig papierlose, digitale Einreichung von Förderanträgen. Die am 1. Januar 2020 gestartete steuerliche Forschungszulage kann als Musterbeispiel für eine steuerlichen Anreizmodellierung dienen.
- Eine Deckelung der Steuergutschriften sollte nicht vorgesehen werden. Durch das Steueranreizmodel würde jeder gewährte Steuer-Euro durch deutlich erhöhte Steuereinnahmen überkompensiert.
- Insgesamt: Planungssicherheit, schlanke Handhabung und Zugang für alle Film und Serien produzierende Unternehmen.
Download der Studie: https://www.bitkom.org/Themen/Recht-Regulierung/Medienpolitik/Tax-Incentives-Deutscher-Film-und-Serienproduktionsmarkt
Hintergründe und FaQ zur Studie: https://www.bitkom.org/Filmfoerderung
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die im Auftrag des Digitalverband Bitkom von Deloitte durchgeführt wurde.