Internationale Automobilmärkte: VDA passt Prognosen an
Der Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) senkt in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen seine Marktprognosen betreffend den Weltmarkt sowie die Märkte China, USA und Europa.
Seit Jahresbeginn haben sich die Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie deutlich eingetrübt. Weiterhin bestimmen die schwierige Verfügbarkeit von Vorprodukten und Rohstoffen, insbesondere der Halbleitermangel, die Märkte. Darüber hinaus verschlechtern die steigenden Preise und die Zinswende in den USA sowie in Europa die Finanzierungskonditionen für die Verbraucher.
Zudem wirken sich regional spezifische Herausforderungen negativ auf die Automobilindustrie aus. In Europa hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine für zusätzliche Knappheiten entlang der Wertschöpfungsketten gesorgt. In China brachten neuerliche Corona-Lockdowns den Markt in einigen Regionen zum Stillstand. Über die – aufgrund der Teilschließung des Hafens in Shanghai – beeinträchtigte Logistik sind auch internationale Lieferketten hierdurch betroffen.
In China kommt es aktuell aufgrund von Lockdown-Maßnahmen zu starken Beeinträchtigungen. Wir gehen für das Gesamtjahr von einem Rückgang von 2 Prozent auf 20,7 Mio. Pkw aus. Bislang hatten wir einen Zuwachs von 2 Prozent erwartet.
Für die Vereinigten Staaten erwarten wir, dass die Light Vehicle-Verkäufe in diesem Jahr um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr sinken und ein Marktvolumen von 14,7 Mio. Light Vehicle erreicht wird. Bisher hatten wir ein Plus von 2 Prozent erwartet.
In Europa (EU27, EFTA, UK) erwarten wir angesichts der Lieferschwierigkeiten für das laufenden Jahr eine Stagnation des Marktes bei 11,8 Mio. Pkw (±0 Prozent). Bislang hatten wir ein Plus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet.
Für den deutschen Markt reduzieren wir unsere Prognose von +5 Prozent auf +3 Prozent (2,7 Mio. Pkw). Die Auftragslage ist weiter sehr gut, der Auftragsbestand in Deutschland befindet sich gar auf einem Allzeithoch. Jedoch halten die angebotsseitigen Schwierigkeiten weiter an: Laut ifo Institut berichteten 89,5 Prozent der Unternehmen in der Automobilindustrie im Mai von Knappheiten bei Vorprodukten.
Für den Weltmarkt erwarten wir für das laufenden Jahr ein Volumen von 70,2 Mio. Einheiten (-1 Prozent). Bislang wurde noch ein leichtes Wachstum von 1 Prozent erwartet. Das Marktvolumen des Vor-Corona-Jahres 2019 wird mit den neuen Werten um 13 Prozent unterschritten, das Volumen des Rekordjahres 2017 sogar um 17 Prozent.
„Es geht jetzt um die Zukunft des Industriestandorts Deutschland“
Anlässlich der Prognoseanpassungen sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller:
„Die Zeiten für die Wirtschaft und damit auch für die deutsche Automobilindustrie bleiben herausfordernd: Der andauernde furchtbare Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die harten Corona-Lockdowns in China und die Knappheiten bei Halbleitern, weiteren Vorprodukten und Rohstoffen strapazieren die Liefer- und Transportketten in bisher ungekanntem und nicht vorhersehbarem Maße. Umso wichtiger ist es, aus den Krisen zu lernen und die richtigen Lehren zu ziehen. Es geht jetzt um die Zukunft des Industriestandorts Deutschland.“
Deutschlands Abhängigkeiten zeigten sich aktuell nicht nur bei Öl und Gas. „Deutschland und Europa brauchen eine aktive Rohstoffaußenpolitik und mehr Energiepartnerschaften. Wir müssen unsere Abhängigkeiten reduzieren und dabei auf Diversifikation setzen. Aktuell passiert in puncto Energie- und Rohstoffpartnerschaften noch deutlich zu wenig, andere Staaten sind weiter.“
Müller: „Manch einer ruft bereits das Ende der Globalisierung aus. Dabei zeigt gerade der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, dass Deutschland und die EU ihre Zusammenarbeit mit anderen Ländern intensivieren müssen. „Unvollendete Handels- und Investitionsabkommen – TTIP, CETA, Mercosur – dürfen und können wir uns nicht länger erlauben, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen. Wir brauchen eine mutige Handelspolitik.“
Die VDA-Präsidentin weiter: „Deutschland braucht zudem endlich eine ambitionierte Standortpolitik: eine Reduzierung der Steuern und Abgaben auf Energie, ein international wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem, weniger Bürokratie, schnellere und effektivere Planungs- und Genehmigungsprozesse, mehr Tempo bei der Digitalisierung, beim Ausbau der Infrastruktur und der Erneuerbaren Energien. Es gibt viel zu tun. Um unsere ambitionierten Ziele beim Klimaschutz zu erreichen, heißt es jetzt: anpacken und umsetzen!“