print logo

Silicon Economy bringt erstes Start-up hervor

Dortmunder Start-up digitalisiert Ladungsträgermanagement.
Die ersten Gründer im Umfeld der Silicon Economy: Jan Möller, Philipp Wrycza, Patrik Elfert und Michael Koscharnyj (von links nach rechts) © Fraunhofer IML
 

Die erste Unternehmensgründung im Umfeld der Silicon Economy steht in den Startlöchern. Bereits wenige Monate nach dem Auftakt des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Großforschungsprojekts bringt ein Gründerteam aus dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML eine App-gesteuerte Plattform für ein cloudbasiertes Ladungsträgermanagement auf Basis von Künstlicher Intelligenz auf den Markt. Dabei kommen erstmals Open-Source-Komponenten der Silicon Economy zum Einsatz.

 

Die Plattform haben die Wissenschaftler im Rahmen des gemeinsamen Enterprise Labs mit der European Pallet Association (EPAL) am Fraunhofer IML entwickelt. Bei der nun hinzugekommenen Open-Source-Komponente handelt es sich um den sogenannten »e-Palettenschein« aus einem Entwicklungsprojekt zur Silicon Economy.

 

»Die Verwendung der Open-Source-Komponente bringt sowohl unser Unternehmen als auch unsere Plattform ein großes Stück nach vorne. Die Integration des digitalen Palettenscheins hat uns monatelange Entwicklungszeit gespart und liefert gleichzeitig die Blaupause zur Industrialisierung von Open-Source-Software aus der Silicon Economy«, erklärt Philipp Wrycza, im Team der Ausgründer verantwortlich für Strategie und Vertrieb.

 

Das Marktpotenzial für eine solche Lösung ist groß. Alleine in Europa befinden sich verschiedenen Erhebungen zufolge rund 600 Millionen Europaletten, 135 Millionen Automotive-Kleinladungsträger (KLT), 600 Millionen Steigen für Obst und Gemüse sowie 700 Millionen Fleisch- und Brotkisten im Umlauf. Deren Nachverfolgung, Verbuchung und Bestandsverwaltung erfolgt überwiegend händisch oder über spezielle technische Systeme, die aufwändig in die jeweilige IT-Landschaft eines Unternehmens integriert werden müssen. Die von den Gründern entwickelte App soll nun Abhilfe schaffen: Sie soll den Tauschprozess digital erfassen, beiden Parteien zugänglich machen und die dazugehörigen Konten vollautomatisch belasten – und das rechtssicher.

 

Von Vorteil ist das vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden, die auf diese Weise alle möglichen Ladungsträger identifizieren, tracken, tauschen und managen können. So erfassen beispielsweise KI-Algorithmen in der Bilderkennung Ladungsträger-IDs und ermitteln auf Basis eines einzelnen Fotos Typ und Anzahl eines Ladungsträgers. Insbesondere der »e-Palettenschein« steht beispielhaft für die unternehmensübergreifende Vernetzung und die Integration unterschiedlicher Partner: Gleichen zum Beispiel zwei Unternehmen ihre Palettenbestände über die App ab, prüft das System zukünftig automatisch, ob durch die Einbeziehung anderer App-Nutzer möglicherweise vorteilhaftere Tauschprozesse möglich sind, um etwa Leerfahrten zu vermeiden.

 

»Die vollständige Digitalisierung von Prozess- und Lieferketten mithilfe Künstlicher Intelligenz wird in der Logistik ein neues Zeitalter einläuten«, betont Prof. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML, und ergänzt: »Diese Ausgründung ist ein wichtiger Schritt, der zeigt, wie schnell innerhalb der Silicon Economy und auf Basis von Open Source neue Geschäftsmodelle umgesetzt werden können.«

 

Mit dem Großforschungsprojekt Silicon Economy will das Fraunhofer IML als Gegenentwurf zum Silicon Valley einer dezentralen, föderalen und offenen Plattformökonomie in Deutschland und Europa zum Durchbruch verhelfen. Dazu arbeiten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in agilen Entwicklungsprojekten an konkreten logistischen Problemlösungen, deren Basiskomponenten sie in Form von Hard- und Software über eine Open-Source-Plattform zur freien Nutzung zur Verfügung stellen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren mit über 25 Millionen Euro. Projektpartner sind neben dem Fraunhofer IML auch das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST und die Technische Universität Dortmund.

 

Die Ausgründung der Wissenschaftler Philipp Wrycza, Michael Koscharnyj, Patrik Elfert und Jan Möller wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit einem EXIST-Gründerstipendium unterstützt, gewährt zum 1. März 2021. Dann wird auch der Name des neuen Start-ups bekannt gegeben.