Corona bremst positive Entwicklung des gefühlten Wohlstands aus
Die aktuelle Erhebung des Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D) zeigt eine leicht rückläufige Entwicklung des subjektiv empfundenen Wohlstands der Bürger in Deutschland. Der NAWI-D, den Ipsos zusammen mit Zukunftsforscher Professor Opaschowski seit 2012 vierteljährlich erhebt, misst den persönlichen Wohlstand anhand einer Reihe an Kriterien, die die Bevölkerung mit dem Begriff Wohlstand in Verbindung bringt. Seit der ersten Durchführung der bevölkerungsrepräsentativen Untersuchungen im Juni 2012 ist der Wohlstand bis zur letzten Vor-Corona-Erhebung im Dezember 2019 relativ kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2020 ließ sich jedoch ein spürbarer Rückgang bei vielen Faktoren erkennen, die den Menschen für das persönliche Wohlergehen wichtig sind.
Arbeitsplatz wird als weniger sicher eingestuft
In die Berechnung des Wohlstands fließen eine Reihe an ökonomischen, gesellschaftlichen, individuellen und ökologischen Aspekten ein. Vergleicht man die Dezember-Werte aus dem Jahr 2020 mit denen des Vorjahresmonats, so sinkt beispielsweise der Anteil der Deutschen, die ihren Arbeitsplatz als sehr sicher einstufen von 58 auf 53 Prozent.
Größere Unzufriedenheit bei sozialen Kontakten, Gesundheit und Glück
Es fällt vielen Bürgern sichtbar schwer, in diesen Zeiten ihre sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Im Dezember 2019 stuften noch 73 Prozent ihre Zufriedenheit hiermit als sehr hoch ein, ein Jahr später waren es 69 Prozent. Ähnliche Rückgänge gab es auch bei den Einstufungen der eigenen Gesundheit und des Glücks. Im Dezember 2019 stimmten 66 Prozent gegenüber 62 Prozent im Dezember 2020 zu, dass sie sich sehr gesund fühlen. Generell sehr glücklich fühlten sich 2019 noch 65 Prozent. Der Anteil sank zwölf Monate später auf 58 Prozent.
Wachsende Zukunftsangst
Keine Ängste vor der Zukunft hatten im Dezember 2019 47 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Der Anteil der überaus Zuversichtlichen ist auf 44 Prozent gesunken. Ein Indiz dafür, dass weitere persönliche Einschränkungen durch die Pandemie erwartet werden.
Umweltaspekte bestimmen für die Deutschen, wenn auch im geringeren Ausmaß als ökonomische, gesellschaftliche und individuelle Faktoren, auch das eigene Wohlergehen mit.
Aber das Umweltbewusstsein steigt
Die Bevölkerung in Deutschland sieht bei der Ökologie Fortschritte, sowohl im eigenen Verhalten als auch in dem der Gesellschaft. So bekundeten im letzten Dezember 46 Prozent, dass sie sehr umweltbewusst leben und 20 Prozent, dass sie in einer Welt leben, die sehr gut mit der Natur umgeht. Im Dezember 2019 waren es noch 41 bzw. 18 Prozent. Insofern kann die Ökologie den Rückgang des Wohlstandes insgesamt ein wenig abfedern.
Unzufriedenheit mit erlebtem Wohlstand steigt
Alle Faktoren zusammengefasst beurteilt dennoch über die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung im Dezember 2020 nach eigener Einstufung ein hohes Wohlstandslevel erreicht zu haben. Der Anteil ist allerdings gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,5 Prozentpunkte gesunken. Etwa jeder dritte Bürger erreicht wie im Dezember 2019 ein mittleres Wohlstandsniveau. Um 3,1 Prozentpunkte spürbar gestiegen ist der Anteil derjenigen, die mit ihrem erreichten Wohlstand sehr unzufrieden sind.
„In den neun Jahren, in denen wir regelmäßig den NAWI-D erheben, wurde die positive Entwicklung des Wohlstandsempfindens zum ersten Mal Ende 2015 aufgrund der Flüchtlingsströme kurzfristig leicht ausgebremst und nahm dann recht schnell wieder Fahrt auf. Wir vermuten, dass sich der Einbruch, den wir derzeit verzeichnen, ebenfalls rasch wieder zurückbildet, sobald die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie greifen“, so Hans-Peter Drews, verantwortlich bei Ipsos für den NAWI-D.
Steckbrief NAWI-D
Im Frühjahr 2012 konzipierte Ipsos gemeinsam mit Zukunftsforscher Prof. Dr. Opaschowski ein neues Wohlstandsbarometer als Basis für einen umfassenden Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D), das seitdem kontinuierlich quartalsweise erhoben wird.
Methode: Ipsos Capibus Computer Assisted Personal Interviewing im Haushalt des Befragten. Random route - Zufallsauswahl der Haushalte und Befragungspersonen.
Stichprobe: 2.000 Personen ab 14 Jahren je Erhebungswelle.
Grundgesamtheit: Deutschsprechende Bevölkerung in Privathaushalten.
Feldzeit: jeweils in den Monaten März, Juni, September und Dezember.
Für die vorliegende Meldung wurden die Daten der Dezemberwellen 2019 und 2020 verwendet: 25.11.-19.12.2019 und 23.11.-14.12.2020.
Für die Erhebungen zum Wohlstandsbarometer greift Ipsos auf seinen eigenen bundesweiten Stab an Interviewern zurück, der erfahren in der Durchführung sozialwissenschaftlicher Studien mit anspruchsvollen Designs ist. Die Daten-erhebung erfolgt mittels persönlicher Interviews in den Zielhaushalten im Rahmen von wöchentlichen CAPI-Mehrthemenumfragen.
Berechnung der Wohlstandswirklichkeit im Ipsos NAWI-D
Über bevölkerungsrepräsentative Vorbefragungen wurde eine Batterie von 30 Aussagen entwickelt, die das Thema Wohlstand aus Sicht der erwachsenen Wohnbevölkerung in Deutschland umfassend abdeckt. Diese 30 Aussagen wurden in wiederum bevölkerungsrepräsentativen Umfragen Bundesbürgern ab 14 Jahren vorgelegt. Die Bürger selbst entscheiden, welche dieser Aussagen für sie erfüllt sein müssen, um in Wohlstand zu leben. Die Einstufung, ob diese Aussagen für sie in der Realität erfüllt sind, erfolgt anhand einer 10er-Skala, die von 1 = „trifft für mich überhaupt nicht zu“ bis 10 = „trifft auf mich voll und ganz zu“ reicht. Sofern nicht anders aufgeführt, wird im Text auf die so genannten Top 3 - Werte bzw. deren Komplementärgröße zurückgegriffen. Der Top 3 - Wert zu einer Aussage enthält somit die Skalenwerte 8, 9 und 10. Dann wird die Aussage für den Befragten als ausreichend erfüllt angesehen. Bei den Werten 1 – 7 wird sie als nicht ausreichend erfüllt angesehen. Die bei jeder Aussage gemessene Wohlstandswirklichkeit wird mit deren jeweiligen Bedeutung in Bezug gesetzt, d. h. gewichtet. Daraus wird für jede Wohlstands-dimension als auch für den Wohlstand insgesamt der NAWI-D berechnet.