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Corona-Sommer 2020: So werden Verbraucher handeln

Themenfokus Einzelhandel: Kunden gewinnen im Corona-Sommer 2020
hopp Marktforschung | 08.07.2020
Corona-Sommer 2020: So werden Verbraucher handeln. © hopp Marktforschung
 

1.Es hapert im Corona-Sommer 2020 nicht an Kaufkraft

Corona reduziert Einkommen von 18 Mio. Deutschen –zwei Drittel haben dagegen keine Einbußen. Hochgerechnet 18 Mio. Deutsche geben an, dass sich in den Monaten März -Mai das eigene Einkommen aufgrund von Corona reduziert hat, bei 6,4 Mio. sogar deutlich. Damit steht aber auch fest: Bei der überwiegenden Mehrheit von zwei Dritteln der Deutschen (67%) hat sich das Einkommen während der Corona-Krise nicht verringert.

Deutsche halten sich bei Konsum zurück und sparen 3,8 Mrd. € während Corona-Krise.

Wie oft in Krisensituationen haben auch in den Monaten März -Mai 2020 viele Menschen verhaltener konsumiert. Die Schließung der Geschäfte dürfte ebenfalls hierzu beigetragen haben. 18 % der Deutschen haben ihre Ausgaben reduziert, durchschnittlich um 360 € pro Monat. Das entspricht hochgerechnet Einsparungen von ca. 3,8 Mrd. €. Es ist zu erwarten, dass zumindest ein Großteil dieser Summe nicht langfristig auf den Sparkonten landet, sondern mit zunehmend ansteigendem Sicherheitsgefühl verausgabt wird.

43 % der Deutschen haben Investitionen aufgeschoben

Viele Deutsche sind mit Blick auf die mittelfristige Entwicklung noch unsicher und sparen. Wie die Ergebnisse der repräsentativen Befragung zeigen, haben 43 % der Deutschen während der Corona-Krise Investitionen aufgeschoben und planen diese nach der Krise nachzuholen.

2.Doppelbelastung durch weniger Kunden und kürzere Aufenthaltsdauer

Über die Hälfte der Deutschen wird weniger Shoppen

Nach Wiedereröffnung der Geschäfte waren die meisten Einzelhändler mit einer erheblich verringerten Kundenfrequenz konfrontiert –vielerorts 50 % und mehr. Auch für die Monate Juni bis August planen die Verbraucher weniger Besuche von Geschäften als vor der Krise –allerdings nun in geringerem Ausmaß. Über die Hälfte der Deutschen gibt an, im Corona-Sommer 2020 seltener Einkaufsbummel zu machen(55%), Einkaufszentren zu besuchen (56%) und Bekleidung in Geschäften einzukaufen(51%).

Kundenverluste von -8 bis -24% erwartet

Die Kundenverluste im Einzelhandel werden im Corona-Sommer 2020 abhängig von der Branche schätzungsweise -8 bis -24 % betragen. Während Bau-und Gartenmärkte mit einem erwarteten Rückgang von -8 bzw. -10 % verhältnismäßig glimpflich davonkommen, sind Bekleidungsgeschäfte stärker betroffen (-18 %). Einkaufszentren bilden mit -24 % das Schlusslicht unter den abgefragten Einkaufsstätten.Kundenverluste aufgrund von Kapazitätsgrenzen sind hierbei noch nicht berücksichtigt und reduzieren die Kundenzahl zusätzlich.

Maskenpflicht reduziert Verweildauer in Bekleidungs-Geschäften um 41 %

Aufgrund der Maskenpflicht kürzen die Kunden ihren Besuch in allgemeinen Geschäften um 35 % ab. Damit steht ein Drittel weniger Zeit für die Auswahl und Kaufentscheidung sowie für Spontankäufe von Artikeln zur Verfügung. Besonders radikal wirkt sich dies im Bekleidungshandel aus. Dort reduziert sich die Aufenthaltsdauer dramatisch um 41 %.

Historische Belastung des Einzelhandels: Rückgang von Kundenzahl und Pro-Kopf-Umsatz könnte im Corona-Sommer 2020 Umsatzverluste von über 50 % bedeuten.

Neben dem prognostizierten Kundenrückgang müssen Einzelhändler damit zusätzlich einen reduzierten Pro-Kopf-Umsatz verkraften. Würde sich die verringerte Aufenthaltsdauer im Bekleidungshandel linear auf den Pro-Kopf-Umsatz auswirken, würde das im Worst Caseeinen Pro-Kopf-Umsatzrückgang von 41 %, bzw. angesichts von 18 % weniger Kunden, ein Gesamt-Umsatzrückgang von 52% im Durchschnitt für den Zeitraum Juni bis August bedeuten. Da die verringerte Aufenthaltsdauer jedoch auch umgekehrt zu einer schnelleren Kaufentscheidung führen kann, ist von einem weniger dramatischen Umsatzrückgang auszugehen.

3.Deshalb fehlen die Kunden: Einkaufslaune wegen lästiger Maßnahmen im Keller

Einkaufslaune wegen lästiger Maßnahmen im Keller

Die weit überwiegende Mehrheit von 75 % der Deutschen hat derzeit wenig Lust auf Shopping-Touren, denn wegen der obligatorischen Corona-Maßnahmen in den Geschäften, macht es nicht mehr so viel Spaß. Besonders kritisch für den Einzelhandel: Vor allem die wichtigen Zielgruppen Frauen (Zustimmung: 79 %) und Besserverdienende (HH-Nettoeinkommen >3500 €: 87 %) werden von den Maßnahmen abgeschreckt.

Masken verursachen Atemprobleme und hemmen Verständigung

Viele Verbraucher berichten von Atemproblemen und Kommunikationsschwierigkeiten. Vor allem aber verhindert der Mund-und Nasenschutz ein relaxtes Shopping-Erlebnis. Es wird daher oft nur das Notwendige gekauft.

Besuchsbarrieren: Deshalb bleiben Kunden fern.

  • Die Corona-Maßnahmen im Einzelhandel beeinträchtigen das Besuchserlebnis erheblich. Vor allem die Maskenpflicht, die Unannehmlichkeiten wie erschwertes Atmen mit sich bringen können, führt bei vielen zu einem Verzicht auf den Besuch eines Geschäftes: 25 Mio. Deutsche besuchen Geschäfte wegen der Maskenpflicht gar nicht oder seltener.
  • Noch abschreckender sind Warteschlangen vor dem Geschäft: Die weit überwiegende Mehrheit von 74 % oder hochgerechnet 43 Mio. Deutsche (16 -69 Jahre) machen um Geschäfte mit Warteschlangen einen Bogen. Unternehmen sollten daher alle Möglichkeiten zur Entzerrung der Kundenfluktuation bzw. schnelleren Bearbeitung in Service-Bereichen nutzen.
  • Shopping hat auch eine wichtige soziale Dimension: Der erschwerte persönliche Kontakt zu Verkäufern aber auch zu anderen Kunden hält 35 % bzw. 30 % der Kunden von einem Besuch ab.

Vertrauen aufbauen: Diese Corona-Maßnahmen sind den Kunden wichtig

Vor allem für die Kundengruppe mit hohem Sicherheitsbedürfnis ist eine verantwortungsvolle Umsetzung der Schutzmaßnahmen wichtig. Das nachfolgende Ranking zeigt -einmal unabhängig von gesetzlichen Vorgaben oder dem faktischen Nutzen -auf, in welchem Grad die jeweiligen Maßnahmen das Kundenvertrauen erhöhen. Sie sollten von Unternehmen umgesetzt und vor Ort und online deutlich kommuniziert werden.

Maßnahmen mit niedrigem Kunden-Involvement bevorzugt

Auffallend ist, dass vor allem Maßnahmen gutgeheißen werden, welche vom Unternehmen selbst umgesetzt werden müssen: Desinfizieren von Kontaktflächen,Einhaltung von Sitzabständen, Aufstellung von Trennwänden und Hygienestationen. Maßnahmen, welche ein größeres Involvement des Kunden bedürfen, werden ebenfalls oft befürwortet, jedoch in deutlich geringerem Maße: Maskenpflicht, Erfassung von Adressen, Bodenaufkleber für Mindestabstand.

4.So kann der Einzelhandel wieder mehr Kunden gewinnen

Die Ergebnisse der Studie zeigen:

1. Hauptgrund für derzeitigen Kundenschwund: Shopping macht wegen der Corona-Maßnahmen keinen Spaß mehr. Zielsetzung muss daher sein, die Erlebnisqualität vor Ort zu verbessern.

2. Viele Einzelhändler schrecken die eigenen Kunden ab, indem Sie Corona-Maßnahmen kundenunfreundlich umsetzen.

3. Die Umsetzung der Maßnahmen sollte korrekt, aber weniger vordergründig als bislang und immer kundenfreundlich erfolgen.

4. Die aufgrund der Schutzmasken stark eingeschränkte Kommunikation zwischen Personal und Kunden muss verbessert werden, denn ohne persönliche Bindung bleibt die Aufenthaltsdauer kurz.

Schutzmaßnahmen smart umsetzen

Die gesetzlich vorgegebenen sowie zusätzliche, von Kunden geschätzten Schutzmaßnahmen lassen sich auch ohne „Katastrophen“-Look umsetzen. Überdimensionierte Schilder voller Verbote in grellen Warnfarben wirken nicht einladend, sondern schrecken ab. Gelb-schwarze Absperrbänder auf Sitzmöbeln erinnern Kunden eher an schockierende Crime Scenes, anstelle sie in gemütliche Shopping-Laune zu versetzen.

Stattdessen können Hinweise auch freundlich formuliert und gut sichtbar angebracht werden, so dass sie nicht als psychologische oder gar physische Barriere wirken. Ohnehin sind die Maßnahmen durch die wiederholte Wahrnehmung beim Betreten jedes Geschäfts mittlerweile bekannt und werden größtenteils ohne Probleme eingehalten.

Eine respektvolle und höfliche Behandlung von Kunden, welche die Regeln nicht verstehen oder sofort beachten erscheint angebracht. Der derzeit oft zu beobachtende raue Umgangston von Security-Personal am Eingang erscheint der Situation kaum angemessen und ist geschäftsschädigend.

Das Ziel: Eine optimale Balance zu schaffen zwischen dem Ernstnehmen der Maßnahmen für die Kunden mit hohen Sicherheitsempfinden und einem relaxten, unterhaltsamen Shopping-Erlebnis.

Kommunikation verbessern

Gesicht und Gesichtsmimik sind von zentraler Bedeutung für die Verständigung und den Aufbau von Vertrauen. Eine gesichtsverdeckende Schutzmaske reduziert die Kommunikations-Möglichkeiten des Personals erheblich und führt daher regelmäßig zu Irritation und Missverständnissen.

Wo immer (praktisch und rechtlich) möglich sollten durchsichtige Schutzvisire oder durchsichtige Schutzwände anstelle von gesichtsverdeckenden Masken verwendet werden.

Das Masken tragende Personal sollte in Körpersprache geschult werden, um die intensive Verwendung von Gesten einen Teil der entfallenden Gesichtsmimik zu ersetzen.

Da Lächeln mit Schutzmaske kaum sichtbar ist, sollte das Personal im Einsatz verbaler Freundlichkeit geschult werden. Auch die Sprechlautstärke muss zur besseren Verständigung erhöht werden.

Atmosphäre verbessern

Wo immer möglich, sollten neue Mittel eingesetzt werden, um der aufgrund der Maskenpflicht schnell als bedrückend empfundenen Atmosphäre entgegenzuwirken. Hierbei kann auf das vorhandene Angebot an Maßnahmen zurückgegriffen werden: Musik, Innen/Außen-Dekoration, Promotion-Aktionen, etc.

Gefragt: Lösungen gegen soziale Isolation

Die Kontaktsperre war für die Deutschen die mit Abstand schwerste persönliche Belastung in der Corona-Krise. Unternehmen, die in Ihren Angeboten und Ihrer Kommunikation alle Möglichkeiten nutzen (oder kreativ neue schaffen), um trotz der Schutzmaßnahmen ein soziales Erlebnis zu ermöglichen, werden daher voraussichtlich ein entsprechend positives Kundenfeedback erleben.

Feedback von Kunden einholen um Kundenerlebnis zu verbessern

Wir empfehlen die Umsetzung einer Kundenbefragung vor Ort, um individuelle Stolpersteine herauszufinden, die aus Binnensicht oft nicht ersichtlich sind. Hiermit erhält man die Chance, Barrieren für einen Besuch und eine längere Verweildauer zu identifizieren und Abhilfe zu schaffen. hopp Marktforschung hat hierbei die Erfahrung gemacht, dassbereits durch kleinere Veränderungen beim Verhalten des Personals sowie bei den Corona-Informationsmedien die Aufenthaltsdauer erheblich gesteigert werden konnte.

5.Kunden-Zielgruppen: Diese Corona-Typen müssen separat berücksichtigt werden

Menschen erleben die Auswirkungen der Corona-Krise sehr unterschiedlich. Einfluss hierauf haben vor allem die persönliche Risikoeinschätzung, das eigene Sicherheitsempfinden, die Betroffenheit von wirtschaftlichen Auswirkungen und Schutzmaßnahmen sowie daseigene Freiheits-und Aktivitätsbedürfnis. Es sind verschiedene Kunden-Segmente mit unterschiedlichen Bedürfnissen hinsichtlich dem Umgang mit Corona zu unterscheiden. Das Personal in Geschäften, Gastronomie und Anbietern von Freizeitaktivitäten sollten sich der unterschiedlichen Sensibilität von Bevölkerungsgruppen bewusst sein.

Besorgte Unterstützer und Passivefühlen sich persönlich von Corona bedroht: Die korrekte Umsetzung der Schutzmaßnahmen ist sehr wichtig, sonst bleiben diese Kunden fern.

Gelassene Aktivehaben keine Angst vor Ansteckung, machen die Schutzmaßnahmen aber willig mit. Ob diese konsequent umgesetzt sind spielt für diese Gruppe keine Rolle. Sie sollten auch mit niedrigem Involvement möglich sein –der Schwerpunkt sollte auf dem Spaß beim Einkaufserlebnis liegen.

Unbesorgte Kritiker haben ebenfalls keine Angst vor Ansteckung, machen die Schutzmaßnahmen aber nur widerwillig oder gar nicht mit, denn die Zweckmäßigkeit wird nicht gesehen. Diese Gruppen sollten einerseits so wenig wie möglich mit den Maßnahmen belastet werden. Bei Nicht-Einhaltung grundlegender Maßnahmen muss geschultes Personal zur Verfügung stehen, um möglichst kundenorientiert und verständnisvoll auf die Pflicht aufmerksam zu machen, dem Kunden Alternativen anzubieten oder ggf. mit kleinen Incentives bei Laune zu halten. Eine Eskalation (Verweis aus Geschäft) sollte nur die allerletzte Option sein, die idealerweise keine Anwendung findet.

Durch das unterschiedliche Verhalten im Laden lassen sich die Gruppen mit etwas Übung erkennen (z.B. (weniger) strikte Einhaltung Abstandsregeln etc.) und unterschiedlich bedienen. Innerhalb des Geschäftes kann es Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen geben, insbesondere zwischen den Unbesorgten und den Besorgten: Die Unbesorgten Kritiker fühlen sich durch strenge Maßnahmen in ihrer persönlichen Freiheit beraubt, die Besorgten halten das Verhalten der Kritiker für Rücksichtslos und gefährlich.