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Konjunktureinbruch in der Markt- und Sozialforschungsbranche

Aufträge wurden verschoben (97 %) oder storniert (87 %). 77 % der Institute beklagten weniger Studienanfragen als üblicherweise im Frühjahr.
Veranlasste Maßnahmen zur Liquiditätssicherung © ADM
 

Die Corona-Krise und der Lockdown in Deutschland haben auch die Markt- und Sozialforschungsbranche schwer getroffen. Eine Befragung unter den ADM-Mitgliedsinstituten in der zweiten Aprilhälfte dieses Jahres zeigt die Auswirkungen und Konsequenzen der Krise auf das erste und zweite Quartal.

Die nachlassende Nachfrage und die erschwerten Arbeitsbedingungen resultieren in gravierenden Umsatzeinbußen der Institute. Obwohl der Shutdown in Deutschland erst um den 20. März herum erfolgte, waren die Auswirkungen der Krise mit einem Umsatzrückgang von knapp einem Viertel bereits im ersten Quartal deutlich spürbar. Für das zweite Quartal sieht die Einschätzung der Institute noch düsterer aus. Für den Zeitraum von April bis Juni gehen die Unternehmen von einem Umsatzverlust von 42 % aus.

Aufträge wurden verschoben (97 %) oder storniert (87 %). Einen deutlichen Rückgang gab es im ad-hoc-Geschäft. 77% der Institute beklagten weniger Studienanfragen als üblicherweise im Frühjahr. Zudem wurde der Markt für Face-to-Face-Methoden stark beeinträchtigt. Knapp die Hälfte der Institute beklagte einen Einbruch bei Face-to-Face-Befragungen und gut ein Drittel gab als Grund für den Umsatzrückgang auch die Einstellung von Gruppendiskussionen an.

Um die Defizite zu überbrücken, reagierten die Institute umgehend. 54 % der Institute gaben an, bereits Kurzarbeit angezeigt zu haben, bei weiteren 16 % war dies zum Befragungszeitpunkt in Planung. Jeweils 30 % der befragten Institute machten schon von der Möglichkeit der Steuerstundung und der Aussetzung der Steuervorauszahlungen Gebrauch. Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige hatten 35 % zum Zeitpunkt der Erhebung bereits beantragt, Kreditaufnahmen hatten hingegen noch keine größere Bedeutung. Lediglich 14 % der Institute gaben an, KfW-Liquiditätskredite beantragt zu haben. Bei weiteren 27 % war die Beantragung zumindest in Planung. Mögliche Angebote der Hausbanken, wie eine Erhöhung oder Beantragung einer Kontokorrentkreditlinie oder ein Überbrückungskredit, wollten die Institute eher weniger in Anspruch nehmen.

Den erschwerten Bedingungen zum Trotz haben die Institute vielfältige Maßnahmen ergriffen, um auch in der Krise für ihre Kunden da zu sein und Projekte zu realisieren. Aufgrund der digitalen Ausrichtung der Branche war eine Umstellung auf Home-Office kurzfristig und professionell möglich (97 %). Vom Home-Office aus konnten Kunden über Möglichkeiten und Grenzen der Forschung während der Corona-Krise und über Maßnahmen zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebs informiert werden, aber auch interne Entwicklungsprojekte – beispielsweise im Bereich von Innovationen – wurden angestoßen.

Wie aber sind die Zukunftserwartungen der Institute? Der Blick in die Glaskugel war selten so schwer wie heute. Das spiegeln auch die Antworten der Institute auf diese Frage wider. 33 % schauen positiv in die Zukunft und glauben, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. 35 % hingegen gehen von einer Schwächung aus, während 27 % damit rechnen, dass es für sie unverändert weitergeht.

Wie die Branche insgesamt aus der Krise hervorgehen wird, ist schwer zu prognostizieren. Aber eines ist sicher: „Die Zeit drängt. Wir erleben in der Branche derzeit eine wirtschaftliche Talfahrt mit bedrohlichem Ausmaß“, so Bernd Wachter Vorstandsvorsitzender des ADM. „Insbesondere auch deshalb, weil nicht einzuschätzen ist, wie sich die Krise auf die Auftraggeber der Branche auswirkt und wie lange dieser Zustand anhält. Die Unsicherheit ist sehr groß.“

Seit Jahren steht die Branche unter enormen Preisdruck. Auch aus diesem Grunde sind die Reserven der Institute überschaubar. Bei knapp einem Viertel der befragten Institute reichen die eigenen Liquiditätsreserven noch für max. 8 Wochen. „Einen weiteren Preiskampf werden viele Institute nicht überstehen“, so Wachter. „Deshalb appellieren wir an die Auftraggeber, keinen weiteren Preisdruck auszuüben, denn dieser kann Institute in ihrer Existenz bedrohen und zudem zu Lasten der Qualität gehen. Ferner sind Zahlungsziele dringend einzuhalten und sollten 30 Tage nicht überschreiten.“

Untersuchungssteckbrief: Auswahlgrundlage: 69 Mitgliedsinstitute des ADM; Fallzahl: n = 37; Erhebungszeitraum: 17. – 26.04.2020; Erhebungsmethode: Online Befragung