Starke Steigerung der Digitalreichweiten und solides Printgeschäft
„Die bleibend hohe Reichweitenstärke von Zeitschrifteninhalten auf allen Kanälen ist vor allem dem Zuwachs im Bereich Mobile zu verdanken. Noch nie wurden dort so viele Leser erreicht“, sagte VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer zum Auftakt der Jahrespressekonferenz des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger in Berlin. Mit 94 Prozent sind Zeitschriften weiterhin das nach TV Reichweiten-stärkste Medium. Bei den monatlichen Online-Top-Reichweitenangeboten sind von 20 Angeboten zwölf von Verlagen. Vor allem die Nutzung der Verlagswebsites auf mobilen Endgeräten verzeichnet enorme Zuwächse: Mit einem Anstieg von 17,2 auf 27,3 Mio. User (von 37,8 Mio. User insgesamt) bzw. einer Durchdringung von 50 auf 72 Prozent (3. Quartal 2014 auf 4. Quartal 2015) bauen die Publikumszeitschriften ihre besondere Position weiter aus (Tageszeitungen: 59 Prozent, TV 31 Prozent). „Deshalb sehen wir in diesem Jahr erstmals, dass die Print- und Digitalreichweiten der 50 größten Publikumstitel gleich groß sind. Editorial Media, also redaktioneller Inhalt, wirkt auf allen Kanälen“, so Scherzer.
Die Verleger werden nach der auf der Jahrespressekonferenz exklusiv vorgestellten Trend-Umfrage des VDZ 2016 die Budgets für ihr Digitalgeschäft in den kommenden zwei Jahren auf breiter Ebene weiter anheben. Demnach werden 89 Prozent der Befragten die Investitionen in ihre Mobile-Angebote steigern und 71 Prozent das Budget für Native Advertising erhöhen. Jeweils fast zwei Drittel wollen den Etat für Online- (67 Prozent) und Paid Content-Angebote (63 Prozent) vergrößern. Die Hälfte der Befragten plant mit wachsenden Investitionen in Distributed Content. Neue redaktionell getriebene Digitalangebote sind bei knapp zwei Dritteln der befragten Verlage (65 Prozent) in Vorbereitung.
Die Verlage investieren der Trend-Umfrage zufolge ebenfalls nachhaltig in ihr Print-Geschäft. 61 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Verlag im laufenden Jahr neue periodische Print-Titel auf den Markt bringen wird. Dabei plant die große Mehrheit von 91 Prozent ein bis vier neue Titel, neun Prozent wollen mehr als vier Print-Titel launchen. Darüber hinaus sind für die Verlage Print-Sonderausgaben ein wichtiger Geschäftsbereich. 89 Prozent aller befragten Verlage planen für das laufende Jahr hier neue Produkte – im Durchschnitt sind es vier Titel. „Die Verlage stehen mit ihren Angeboten im digitalen Wandel mitten auf dem Spielfeld und zwar Print, Web, Mobil und Social“, so der VDZ-Hauptgeschäftsführer.
Umsatz, Beschäftigung, Prognosen
Bei den Geschäftszahlen 2015 liegt die Zeitschriften-Branche auf dem Vorjahres-Niveau. Die Verlage beschäftigten insgesamt rund 60.000 Mitarbeiter und erzielten einen Gesamtumsatz in Höhe von 14,7 Milliarden Euro (2014: 15,1 Milliarden Euro). Der etwas niedrigere Wert ist die Folge von Rückgängen im Auslandsgeschäft. Der VDZ-Trend-Umfrage zufolge rechnet die Branche 2016 im Digital-Geschäft mit einem Umsatz-Plus von 16,7 Prozent. Im sonstigen Geschäft erwarten die Verleger insgesamt ein Wachstum von 10,7 Prozent. In den Bereichen Vertrieb und Anzeigen prognostizieren die Befragten für 2016 einen Rückgang von 2,6 bzw. 2,8 Prozent. Bei den für das laufende Jahr kalkulierten Umsatz-Anteilen bildet Print mit 60 Prozent nach wie vor das Kerngeschäft. Mit dem Digital-Geschäft erwirtschaftet die Branche 18 Prozent des Gesamtumsatzes, mit dem sonstigen Geschäft 22 Prozent.
Die Zahl der mindestens quartalsweise erscheinenden Publikumszeitschriften hat mit 1.589 zum Ende des ersten Quartals 2016 einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2015 brachten die deutschen Verleger 113 neue Magazine auf den Markt, 78 wurden eingestellt, im ersten Quartal 2016 gab es bereits 33 Titel-Neugründungen. „Dies zeigt das hohe Innovationstempo der Verlagshäuser. Es gelingt immer besser, mit neuen vertikalen Angeboten junge Zielgruppen zu gewinnen und als Agenda-Setter für Relevanz zu sorgen“, so Scherzer.
Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich, dass die Bedeutung der Zeitschriften in der Wirtschaftskommunikation weiter zugenommen hat. Wie die B2B-Entscheideranalyse 2015/16 der Deutschen Fachpresse ergab, investiert ein Drittel der befragten Manager (33 Prozent) aktuell sogar mehr Zeit in die Print-Fachmedien-Lektüre als noch vor zwei Jahren. „Die Fachmedien in Deutschland sind mit über 3.800 Marken sehr gut positioniert, meistern den digitalen Wandel seit Jahren vorbildlich und müssen durch vernünftige Regulierung in der Transformation weiter unterstützt werden“, so VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. „Fachverlage sind vorbildlich diversifiziert und erreichen ihre Zielgruppen in Print, Web, Mobil, Social und mit einem starken Konferenzgeschäft.“
Einstehen für die Presse- und Meinungsfreiheit
Ernsthafte Sorgen machen sich die Zeitschriftenverlage auch über die Pressefreiheit in Deutschland. Der VDZ-Umfrage zufolge sagen 93 Prozent der Verlage, dass die Einschüchterung von Journalisten durch politische und religiöse Extremisten zugenommen habe. Die Pressefreiheit ist von Diskreditierung unter dem Kampfbegriff der Lügenpresse betroffen, aber auch durch versteckte oder offene Drohungen, wie etwa aktuell durch den türkischen Staatspräsidenten. „Der türkische Präsident kann, wenn er sich durch die Satire von Herrn Böhmermann in seiner Ehre verletzt sieht, ohne Weiteres vor den Zivilgerichten gegen das ZDF und Herrn Böhmermann auf Unterlassung und auf Schadensersatz klagen. Wenn er nun stattdessen die Bundesregierung mit seinem Ersuchen um Strafermächtigung unter Druck setzt, gibt es keinen überzeugenden Grund, diesem Druck nachzugeben. Warum sollte die Bundesregierung dazu beitragen, dass in Deutschland wieder Journalisten und Publizisten wegen satirischer Äußerungen vor den Strafrichter treten müssen?“, so Scherzer.
Auch die EU weise Defizite beim Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit auf. Das werde etwa bei der Neuordnung des EU-Datenschutzes deutlich, der das EU-Parlament voraussichtlich am Donnerstag zustimmen werde. Weder EU-Kommission noch EU-Parlament noch EU-Regierungen seien bereit gewesen, die redaktionelle Pressefreiheit europarechtlich effektiv zu schützen. Stattdessen müssten nun die Mitgliedsstaaten bis 2018 über neuer Befreiungen der redaktionellen Arbeit von Datenverarbeitungsverboten und Datenschutzaufsicht entscheiden. Ob alle Mitgliedsstaaten der Versuchung widerstehen könnten, unter dem Vorwand des Datenschutzes die Pressefreiheit zu beschneiden, sei nicht nur für einige jüngere EU-Mitglieder offen. „Bund und Länder müssen wenigstens den derzeitigen Schutz redaktioneller Presse- und Medienfreiheit auch in den neuen Ausnahmen vom EU-Datenschutzrecht erhalten“, so Scherzer. Alles andere wäre ein Skandal.
Auch die EU-Richtlinie über Geschäftsgeheimnisse, der das EU-Parlament ebenfalls voraussichtlich am Donnerstag zustimmen werde, zeige, dass eine robuste Pressefreiheit in der EU keine Selbstverständlichkeit sei. „Nur mit größter Mühe konnte eine Fassung der Richtlinie verhindert werden, die die investigative Berichterstattung über Unternehmensinterna ganz erheblich gefährdet hätte“, erklärte Scherzer. Und auch die jetzige Fassung schütze die Pressefreiheit nur in dem ungewissen Umfang des Art. 11 der EU-Grundrechtscharta, der letztlich vom EuGH in Luxemburg und nicht mehr – wie bei Art. 5 GG – vom Bundesverfassungsgericht bestimmt werde. Wie das umstrittene Urteil des EuGH zum Recht auf Vergessen zeige, berge die Ablösung des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Pressefreiheit durch den EuGH durchaus das Risiko einer Schwächung der Berichterstattungsfreiheit in diesem Bereich.
Riegel gegen Adblocker
Ein wichtiges Thema für die Verlagshäuser sind die Adblocker, die die Monetarisierung der journalistischen Inhalte auf Websites massiv erschweren. 87 Prozent bewerten diese als Gefährdung der wirtschaftlichen Basis von Qualitätsjournalismus. Adblock-Raten liegen je nach Angebot zwischen 20 und 60 Prozent. „AdBlock-Anbieter sind Geschäftemacher, die mit inakzeptablen Praktiken unter dem Deckmäntelchen des Verbraucherschutzes hochprofitable Geschäfte betreiben. Sie nehmen durch Ausfiltern der Werbung den Publikationen jede Chance, die journalistischen Inhalte durch Werbung zu finanzieren. Es ist unerträglich, dass diese Praxis nach einigen erstinstanzlichen Gerichtsentscheidungen zulässig sein soll“, fasste VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer das Stimmungsbild unter den Verlagen zusammen. „Die Politik muss solch missbräuchlichem Handeln einen regulativen Riegel vorschieben.“
Faire Regulierung
Geschlossenheit der Branche herrscht auch bei den anderen medienpolitischen Themen. Nahezu alle Teilnehmer der Trend-Umfrage (96 Prozent) fordern, dass der Zugang der Presse zum Leser auf digitalen Endgeräten diskriminierungsfrei erfolgen muss. „Weder marktmächtige Plattformen und Gatekeeper noch Medienregulierung dürfen bestimmten Medien Exklusivstellungen oder bevorzugten Zugang zum Leser verschaffen“, machte VDZ-Hauptgeschäftsführer Scherzer deutlich.
94 Prozent der Befragten bezeichnen darüber hinaus weitere Beschränkungen der Medienwerbung als Gift für den Erhalt einer staatsunabhängigen Presse im digitalen Zeitalter. „Der VDZ fordert die Bundesregierung auf, sich darauf zu besinnen, dass sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen privatwirtschaftlicher Medienproduktion stärken will, wozu sie sich im Koalitionsvertrag verpflichtet hat. Jede weitere Werbebeschränkung aber ist das Gegenteil“, so Stephan Scherzer. In diesem Zusammenhang sei es auch wichtig, die Erstreckung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die digitale Presse umzusetzen.
88 Prozent der befragten Verlage beurteilen die Konkurrenz durch die digitalen Angebote von ARD und ZDF kritisch. „Es ist nicht hinnehmbar, dass durch Gebühren finanzierte Angebote zu Angeboten der privaten Presse im Web und Mobil in Konkurrenz treten“, sagte Scherzer. „Dies erschwert den Zeitschriftenverlagen die notwendige Erzielung digitaler Vertriebserlöse.“
Reform des Kartellrechtes
97 Prozent der Befragten sprachen sich in der VDZ-Trend-Umfrage für eine Reform des Kartellrechts aus. „Angesichts globaler Netzwerk-Effekte marktbeherrschender Digitalplattformen, der hohen Konzentration bei den Media-Agenturen und dem faktischen TV-Duopol muss die Große Koalition dringend ihr Versprechen einlösen, den Presseverlagen verlagswirtschaftliche Kooperationen kartellrechtlich zu erleichtern“, forderte Scherzer. „Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber dazu bald einen praktikablen Vorschlag macht“. Dass der Gesetzgeber seine Zusage zur Erleichterung von Verlagskooperationen in außerredaktionellen Bereichen tatsächlich einhält, erwartet nur noch gut die Hälfte der Verlagsentscheider (57 Prozent).
Aufnahme in die Rechtekataloge des EU-Urheberrechts
„Der VDZ fordert die Aufnahme der Presseverleger in die seit langem existierenden Rechtekataloge des EU-Urheberrechts!“ Die Presseverleger sind – anders als Rundfunk sowie Musik- und Filmproduzenten – nicht als Rechte-Inhaber im EU-Urheberrecht genannt. Im digitalen Zeitalter ist für den Erhalt der Vermarkungshoheit ein effektiver Urheberrechtsschutz für Presseverlage unverzichtbar. In einem früher oder später voll harmonisierten EU-Urheberrecht sind alle nationalen Rechte null und nichtig. „Es ist höchste Zeit, dass die Presseverleger in die einschlägigen Rechtekataloge aufgenommen werden. Alles andere hätte fatale Auswirkungen auf die Chancen der redaktionellen Digital-Angebote. Das ist regulative Unterstützung, die die unabhängige Presse benötigt, um im globalen Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Werbebudgets eine faire Chance zu haben“, so Scherzer.
Einheitliche Mehrwertsteuer
„Die Erstreckung der reduzierten Mehrwertsteuer auf die digitale periodische Presse ist schon lange überfällig“, betonte VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. Deshalb begrüßt der VDZ den aktuellen Aktionsplan der EU-Kommission zur Mehrwertsteuer. Darin wird ein Vorschlag angekündigt, der das europäische Mehrwertsteuerrecht für digitale Publikationen dem Recht für gedruckte Publikationen angleichen soll. Dann könnten die Mitgliedsstaaten die reduzierte Mehrwertsteuer endlich auch auf digitale Zeitschriften und Zeitungen erstrecken. Der noch für 2016 angekündigte Vorschlag bedarf allerdings der Zustimmung der Finanzminister aller EU-Mitgliedsstaaten. „Deshalb sind nun Bundesfinanzminister Schäuble und die ganze Bundesregierung gefordert, im Kreis der EU-Regierungen aktiv und nachhaltig für diesen Vorschlag zu werben“, schloss Scherzer.
Die Verleger werden nach der auf der Jahrespressekonferenz exklusiv vorgestellten Trend-Umfrage des VDZ 2016 die Budgets für ihr Digitalgeschäft in den kommenden zwei Jahren auf breiter Ebene weiter anheben. Demnach werden 89 Prozent der Befragten die Investitionen in ihre Mobile-Angebote steigern und 71 Prozent das Budget für Native Advertising erhöhen. Jeweils fast zwei Drittel wollen den Etat für Online- (67 Prozent) und Paid Content-Angebote (63 Prozent) vergrößern. Die Hälfte der Befragten plant mit wachsenden Investitionen in Distributed Content. Neue redaktionell getriebene Digitalangebote sind bei knapp zwei Dritteln der befragten Verlage (65 Prozent) in Vorbereitung.
Die Verlage investieren der Trend-Umfrage zufolge ebenfalls nachhaltig in ihr Print-Geschäft. 61 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Verlag im laufenden Jahr neue periodische Print-Titel auf den Markt bringen wird. Dabei plant die große Mehrheit von 91 Prozent ein bis vier neue Titel, neun Prozent wollen mehr als vier Print-Titel launchen. Darüber hinaus sind für die Verlage Print-Sonderausgaben ein wichtiger Geschäftsbereich. 89 Prozent aller befragten Verlage planen für das laufende Jahr hier neue Produkte – im Durchschnitt sind es vier Titel. „Die Verlage stehen mit ihren Angeboten im digitalen Wandel mitten auf dem Spielfeld und zwar Print, Web, Mobil und Social“, so der VDZ-Hauptgeschäftsführer.
Umsatz, Beschäftigung, Prognosen
Bei den Geschäftszahlen 2015 liegt die Zeitschriften-Branche auf dem Vorjahres-Niveau. Die Verlage beschäftigten insgesamt rund 60.000 Mitarbeiter und erzielten einen Gesamtumsatz in Höhe von 14,7 Milliarden Euro (2014: 15,1 Milliarden Euro). Der etwas niedrigere Wert ist die Folge von Rückgängen im Auslandsgeschäft. Der VDZ-Trend-Umfrage zufolge rechnet die Branche 2016 im Digital-Geschäft mit einem Umsatz-Plus von 16,7 Prozent. Im sonstigen Geschäft erwarten die Verleger insgesamt ein Wachstum von 10,7 Prozent. In den Bereichen Vertrieb und Anzeigen prognostizieren die Befragten für 2016 einen Rückgang von 2,6 bzw. 2,8 Prozent. Bei den für das laufende Jahr kalkulierten Umsatz-Anteilen bildet Print mit 60 Prozent nach wie vor das Kerngeschäft. Mit dem Digital-Geschäft erwirtschaftet die Branche 18 Prozent des Gesamtumsatzes, mit dem sonstigen Geschäft 22 Prozent.
Die Zahl der mindestens quartalsweise erscheinenden Publikumszeitschriften hat mit 1.589 zum Ende des ersten Quartals 2016 einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2015 brachten die deutschen Verleger 113 neue Magazine auf den Markt, 78 wurden eingestellt, im ersten Quartal 2016 gab es bereits 33 Titel-Neugründungen. „Dies zeigt das hohe Innovationstempo der Verlagshäuser. Es gelingt immer besser, mit neuen vertikalen Angeboten junge Zielgruppen zu gewinnen und als Agenda-Setter für Relevanz zu sorgen“, so Scherzer.
Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich, dass die Bedeutung der Zeitschriften in der Wirtschaftskommunikation weiter zugenommen hat. Wie die B2B-Entscheideranalyse 2015/16 der Deutschen Fachpresse ergab, investiert ein Drittel der befragten Manager (33 Prozent) aktuell sogar mehr Zeit in die Print-Fachmedien-Lektüre als noch vor zwei Jahren. „Die Fachmedien in Deutschland sind mit über 3.800 Marken sehr gut positioniert, meistern den digitalen Wandel seit Jahren vorbildlich und müssen durch vernünftige Regulierung in der Transformation weiter unterstützt werden“, so VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. „Fachverlage sind vorbildlich diversifiziert und erreichen ihre Zielgruppen in Print, Web, Mobil, Social und mit einem starken Konferenzgeschäft.“
Einstehen für die Presse- und Meinungsfreiheit
Ernsthafte Sorgen machen sich die Zeitschriftenverlage auch über die Pressefreiheit in Deutschland. Der VDZ-Umfrage zufolge sagen 93 Prozent der Verlage, dass die Einschüchterung von Journalisten durch politische und religiöse Extremisten zugenommen habe. Die Pressefreiheit ist von Diskreditierung unter dem Kampfbegriff der Lügenpresse betroffen, aber auch durch versteckte oder offene Drohungen, wie etwa aktuell durch den türkischen Staatspräsidenten. „Der türkische Präsident kann, wenn er sich durch die Satire von Herrn Böhmermann in seiner Ehre verletzt sieht, ohne Weiteres vor den Zivilgerichten gegen das ZDF und Herrn Böhmermann auf Unterlassung und auf Schadensersatz klagen. Wenn er nun stattdessen die Bundesregierung mit seinem Ersuchen um Strafermächtigung unter Druck setzt, gibt es keinen überzeugenden Grund, diesem Druck nachzugeben. Warum sollte die Bundesregierung dazu beitragen, dass in Deutschland wieder Journalisten und Publizisten wegen satirischer Äußerungen vor den Strafrichter treten müssen?“, so Scherzer.
Auch die EU weise Defizite beim Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit auf. Das werde etwa bei der Neuordnung des EU-Datenschutzes deutlich, der das EU-Parlament voraussichtlich am Donnerstag zustimmen werde. Weder EU-Kommission noch EU-Parlament noch EU-Regierungen seien bereit gewesen, die redaktionelle Pressefreiheit europarechtlich effektiv zu schützen. Stattdessen müssten nun die Mitgliedsstaaten bis 2018 über neuer Befreiungen der redaktionellen Arbeit von Datenverarbeitungsverboten und Datenschutzaufsicht entscheiden. Ob alle Mitgliedsstaaten der Versuchung widerstehen könnten, unter dem Vorwand des Datenschutzes die Pressefreiheit zu beschneiden, sei nicht nur für einige jüngere EU-Mitglieder offen. „Bund und Länder müssen wenigstens den derzeitigen Schutz redaktioneller Presse- und Medienfreiheit auch in den neuen Ausnahmen vom EU-Datenschutzrecht erhalten“, so Scherzer. Alles andere wäre ein Skandal.
Auch die EU-Richtlinie über Geschäftsgeheimnisse, der das EU-Parlament ebenfalls voraussichtlich am Donnerstag zustimmen werde, zeige, dass eine robuste Pressefreiheit in der EU keine Selbstverständlichkeit sei. „Nur mit größter Mühe konnte eine Fassung der Richtlinie verhindert werden, die die investigative Berichterstattung über Unternehmensinterna ganz erheblich gefährdet hätte“, erklärte Scherzer. Und auch die jetzige Fassung schütze die Pressefreiheit nur in dem ungewissen Umfang des Art. 11 der EU-Grundrechtscharta, der letztlich vom EuGH in Luxemburg und nicht mehr – wie bei Art. 5 GG – vom Bundesverfassungsgericht bestimmt werde. Wie das umstrittene Urteil des EuGH zum Recht auf Vergessen zeige, berge die Ablösung des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Pressefreiheit durch den EuGH durchaus das Risiko einer Schwächung der Berichterstattungsfreiheit in diesem Bereich.
Riegel gegen Adblocker
Ein wichtiges Thema für die Verlagshäuser sind die Adblocker, die die Monetarisierung der journalistischen Inhalte auf Websites massiv erschweren. 87 Prozent bewerten diese als Gefährdung der wirtschaftlichen Basis von Qualitätsjournalismus. Adblock-Raten liegen je nach Angebot zwischen 20 und 60 Prozent. „AdBlock-Anbieter sind Geschäftemacher, die mit inakzeptablen Praktiken unter dem Deckmäntelchen des Verbraucherschutzes hochprofitable Geschäfte betreiben. Sie nehmen durch Ausfiltern der Werbung den Publikationen jede Chance, die journalistischen Inhalte durch Werbung zu finanzieren. Es ist unerträglich, dass diese Praxis nach einigen erstinstanzlichen Gerichtsentscheidungen zulässig sein soll“, fasste VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer das Stimmungsbild unter den Verlagen zusammen. „Die Politik muss solch missbräuchlichem Handeln einen regulativen Riegel vorschieben.“
Faire Regulierung
Geschlossenheit der Branche herrscht auch bei den anderen medienpolitischen Themen. Nahezu alle Teilnehmer der Trend-Umfrage (96 Prozent) fordern, dass der Zugang der Presse zum Leser auf digitalen Endgeräten diskriminierungsfrei erfolgen muss. „Weder marktmächtige Plattformen und Gatekeeper noch Medienregulierung dürfen bestimmten Medien Exklusivstellungen oder bevorzugten Zugang zum Leser verschaffen“, machte VDZ-Hauptgeschäftsführer Scherzer deutlich.
94 Prozent der Befragten bezeichnen darüber hinaus weitere Beschränkungen der Medienwerbung als Gift für den Erhalt einer staatsunabhängigen Presse im digitalen Zeitalter. „Der VDZ fordert die Bundesregierung auf, sich darauf zu besinnen, dass sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen privatwirtschaftlicher Medienproduktion stärken will, wozu sie sich im Koalitionsvertrag verpflichtet hat. Jede weitere Werbebeschränkung aber ist das Gegenteil“, so Stephan Scherzer. In diesem Zusammenhang sei es auch wichtig, die Erstreckung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die digitale Presse umzusetzen.
88 Prozent der befragten Verlage beurteilen die Konkurrenz durch die digitalen Angebote von ARD und ZDF kritisch. „Es ist nicht hinnehmbar, dass durch Gebühren finanzierte Angebote zu Angeboten der privaten Presse im Web und Mobil in Konkurrenz treten“, sagte Scherzer. „Dies erschwert den Zeitschriftenverlagen die notwendige Erzielung digitaler Vertriebserlöse.“
Reform des Kartellrechtes
97 Prozent der Befragten sprachen sich in der VDZ-Trend-Umfrage für eine Reform des Kartellrechts aus. „Angesichts globaler Netzwerk-Effekte marktbeherrschender Digitalplattformen, der hohen Konzentration bei den Media-Agenturen und dem faktischen TV-Duopol muss die Große Koalition dringend ihr Versprechen einlösen, den Presseverlagen verlagswirtschaftliche Kooperationen kartellrechtlich zu erleichtern“, forderte Scherzer. „Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber dazu bald einen praktikablen Vorschlag macht“. Dass der Gesetzgeber seine Zusage zur Erleichterung von Verlagskooperationen in außerredaktionellen Bereichen tatsächlich einhält, erwartet nur noch gut die Hälfte der Verlagsentscheider (57 Prozent).
Aufnahme in die Rechtekataloge des EU-Urheberrechts
„Der VDZ fordert die Aufnahme der Presseverleger in die seit langem existierenden Rechtekataloge des EU-Urheberrechts!“ Die Presseverleger sind – anders als Rundfunk sowie Musik- und Filmproduzenten – nicht als Rechte-Inhaber im EU-Urheberrecht genannt. Im digitalen Zeitalter ist für den Erhalt der Vermarkungshoheit ein effektiver Urheberrechtsschutz für Presseverlage unverzichtbar. In einem früher oder später voll harmonisierten EU-Urheberrecht sind alle nationalen Rechte null und nichtig. „Es ist höchste Zeit, dass die Presseverleger in die einschlägigen Rechtekataloge aufgenommen werden. Alles andere hätte fatale Auswirkungen auf die Chancen der redaktionellen Digital-Angebote. Das ist regulative Unterstützung, die die unabhängige Presse benötigt, um im globalen Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Werbebudgets eine faire Chance zu haben“, so Scherzer.
Einheitliche Mehrwertsteuer
„Die Erstreckung der reduzierten Mehrwertsteuer auf die digitale periodische Presse ist schon lange überfällig“, betonte VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. Deshalb begrüßt der VDZ den aktuellen Aktionsplan der EU-Kommission zur Mehrwertsteuer. Darin wird ein Vorschlag angekündigt, der das europäische Mehrwertsteuerrecht für digitale Publikationen dem Recht für gedruckte Publikationen angleichen soll. Dann könnten die Mitgliedsstaaten die reduzierte Mehrwertsteuer endlich auch auf digitale Zeitschriften und Zeitungen erstrecken. Der noch für 2016 angekündigte Vorschlag bedarf allerdings der Zustimmung der Finanzminister aller EU-Mitgliedsstaaten. „Deshalb sind nun Bundesfinanzminister Schäuble und die ganze Bundesregierung gefordert, im Kreis der EU-Regierungen aktiv und nachhaltig für diesen Vorschlag zu werben“, schloss Scherzer.