OLG Frankfurt: Urheberrecht an Quelltext einer Webseite?
Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 22.03.2005 - Az.: 11 U 64/2004) hatte zu beurteilen, ob der Quelltext einer Webseite urheberrechtlich schutzfähig ist.
Die Verfügungsklägerin betrieb im Internet ein Karriereportal, auf dem Unternehmen gegen Entgelt Stellenanzeigen veröffentlichen können. Die Beklagte war im gleichen Bereich tätig und übernahm nun den Quelltext einer Webseite mit Anzeigen, die die Klägerin erstellt hatte.
Die Klägerin berief sich nun auf das Urheber- und Wettbewerbsrecht und wollte die Beseitigung der übernommenen Inhalte.
Die Frankfurter haben dies abgelehnt. Zunächst beschäftigen sie sich mit der urheberrechtlichen Seite:
"Nach einheitlicher Auffassung (...) kann der Gestaltung einzelner sog. Websites unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts an sich Urheberrechtsschutz zukommen, soweit die erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreicht wird.
[Ein solcher Anspruch] scheidet (...) bezüglich der von der Klägerin erstellten Websites (...) aus. Denn unstreitig hat die Klägerin die streitgegenständlichen Anzeigen nicht selbst gestaltet, sondern sie hat die ihr von der Auftraggeberin gemachten Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden und in Form einer Word-Datei für die Anzeigen auch zur Verfügung gestellten Texte, Bilder, Logos und Designs lediglich in eine HTML-Datei umgeschrieben. Im Vordergrund der Berufung steht dementsprechend auch die Darstellung dieses Umschreibens, also des digitalen Herstellungsprozesses. Die Anzeige als solche setzt lediglich handwerklich die Vorgaben der Auftraggeberin um und stellt keine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG dar."
Ebenso verneint das Gericht einen urheberrechtlichen Sonderschutz als Computerprogrammm, da es an der Programmierleistung fehle:
"(...) Die multimediale Darstellung einzelner Websites auf dem Computerbildschirm [stellt] keine Ausdrucksform des zugrunde liegenden HTML-Codes als Computerprogramm ist; vielmehr ist es gerade umgekehrt: der HTML-Code ist bloßes Hilfsmittel zur Kommunikation einer vorgegebenen Bildschirmgestaltung im Netz (...).
Dass bestimmte Informationen in eine HTML-Codierung gebracht werden, begründet nicht die Annahme einer Programmierleistung (...)."
Dann hatte sich das OLG Frankfurt mit der wettbewerbsrechtlichen Seite auseinanderzusetzen.
"Soweit ein Sonderrechtsschutz nicht gegeben ist, steht die Benutzung einer Leistung anderer für die eigene gewerbliche Betätigung grundsätzlich jedermann frei. Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz greift daher nur ein, wenn und soweit diese Benutzung dem Prinzip des freien Leistungswettbewerbs zuwiderläuft (...).
Vorliegend kommt es – da die Beklagte die HTML-Datei kopiert, also bewusst nachgeahmt hat und damit eine unmittelbare Leistungsübernahme vorliegt – (...) entscheidend darauf an, ob der Leistung der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zuzubilligen ist und ob besondere Unlauterkeitsmerkmale festzustellen sind; denn nur in solchen Fällen kann von einer Nachahmung überhaupt eine relevante subjektive Behinderung des nachgeahmten Konkurrenten ausgehen."
Dies konnten die Richter im vorliegenden Fall nicht erkennen. Die Webseite weise keine Besonderheiten auf und sei auch bei der Erstellung nicht einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen.
"Schließlich hat die Klägerin keine konkreten Merkmale dafür vorgetragen, dass sich die von ihr gestaltete Website durch ihren Aufbau, Logik der Darstellung, ihren Inhalt und die grafische Darstellung gegenüber dem, was üblicherweise im Internet bei Stellenmarktanzeigen anzutreffen ist, besonders auszeichnet."
Die Klage wurde demnach vollumfänglich abgewiesen.