Mit Kennzahlen SEO steuern
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de
Suchmaschinen-Optimierung (SEO) haftet immer noch der Geruch von schwarzer Magie an. Zwar ist der Einsatz von SEO-Maßnahmen heute in einer Vielzahl von Unternehmen weit verbreitet, doch ist vielen Entscheidern unklar, wie Erfolge in Google zustande kommen. Also handeln viele Auftraggeber nach dem Motto: Lass’ die Optimierer mal machen, irgendetwas wird dabei schon herauskommen.
Während sich andere Marketingdisziplinen schon lange mit der Frage nach dem Return-on-Invest (ROI) auseinander setzen müssen, ist für Suchmaschinen-Optimierung diese Aufgabenstellung noch recht neu. Entsprechend große Unsicherheit herrscht hier noch vor und es gibt bislang keine etablierten Vorgehensweisen. Das bedeutet, dass ich im Folgenden lediglich erste Ansätze aufzeigen kann, wie Sie schon heute Ihre Optimierungsaktivitäten steuern können.
Was sind Kennzahlen?
Schon lange werden in der Betriebswirtschaft Zahlenwerte ermittelt, um qualitative Größen wie beispielsweise die Kundenzufriedenheit beschreiben zu können. Diese Kennzahlen (KPI, für Key-Performance-Indicators) erlauben es, interne oder externe Vergleiche durchzuführen. Suchmaschinen-Optimierung wurde lange ohne derartige Kennzahlen durchgeführt; hier standen die Erfahrungen der Optimierer im Vordergrund. Mit der steigenden Bedeutung von Suchmaschinen und in der Folge von Suchmaschinen-Optimierung auch in großen Unternehmen, wird zunehmend die Frage nach dem Erfolg der eigenen SEO-Maßnahmen gestellt. Hier können Kennzahlen helfen, Erfolge zu belegen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Zu beachten ist, dass SEO-Kennzahlen für verschiedene Zielgruppen interessant sind. Während die Optimierer aus den KPIs ablesen möchten, welche Optimierungsschritte aktuell anstehen, ist für Entscheider die Einschätzung wichtig, wie sie das Marketing-Budget verteilen sollen. Dementsprechend werden hier verschiedene SEO-Kennzahlensysteme betrachtet.
Kennzahlen, die für SEO interessant sein könnten
Auch wenn es wohl den meisten SEOs nicht bewusst war, haben sie schon sehr lange ihre Optimierung an einer klassischen Kennzahl ausgerichtet. Schließlich ist der ominöse Pagerank von Google nichts anderes als eine solche Kennzahl. Dank diverser SEO-Tools stehen heute aber weitaus aussagekräftigere KPIs zur Verfügung.
Allerdings zielen die verfügbaren Kennzahlen in erster Linie auf die Zielgruppe der Optimierer ab. Kennzahlen für Entscheider lassen sich daraus nur indirekt bilden. Auf eine Verbindung zwischen Optimierer-Kennzahlen und Entscheider-Kennzahlen wird in diesem Text später eingegangen. Zunächst geht es um die Aufgabe, Kennzahlen zu finden, mit denen die eigentlichen SEO-Maßnahmen gesteuert werden können.
So sehr die Suchmaschinen-Optimierung also früher unter dem Mangel an Kennzahlen litt, so werden wir heute mit Daten aus den Tools geradezu zugeschüttet. Überlegen wir also deshalb zunächst, welche Parameter Einfluss auf das Ranking einer Website haben. Umfragen unter erfahrenen Suchmaschinen-Optimierern zeigen, dass die Verlinkung einer Website etwa die Hälfte des Erfolges in Google ausmacht. Entsprechend wichtig ist also eine Kennzahl, die die Intensität der Verlinkung misst.
Die zweite Hälfte des Ranking-Erfolges wird einer ganzen Reihe weiterer Faktoren zugeschrieben. Hierzu zählen etwa die klassischen Onsite-Größen wie Anzahl an Keyword-Nennungen oder das Vorkommen des Keywords im HTML-Titel sowie die interne Verlinkung. Dies sind leider allesamt Parameter, die entweder nur schwer als Kennzahl zu fassen sind oder deren isoliert betrachteter Einfluss ziemlich gering ist. Dazu kommen die in letzter Zeit offensichtlich von Google berücksichtigten Faktoren wie das Nutzerverhalten auf der Website (Bounce-Rate, Aufenthaltsdauer und so weiter) oder die Anzahl der Erwähnungen in Social Media-Diensten wie Facebook und Twitter.
Da Kennzahlen insbesondere den Sinn haben, Komplexität zu verringern, konzentrieren wir uns also auf die nach wie vor wesentliche Einflussgröße für gutes Ranking: die externe Verlinkung. Hier hat sich mit der sogenannten IP-Popularity in den vergangenen Jahren eine Kennzahl etabliert, die sich leicht ermitteln lässt. Gleichzeitig bietet sie aber auch eine gute Annäherung an die tatsächliche Verlinkungsintensität.
Die IP-Popularity ist dabei definiert als die Anzahl der IP-Adressen, von denen aus ein Link auf die zu untersuchende Domain gefunden werden konnte. Die gängigen SEO-Tools wie etwa die Sistrix-Toolbox [1] ermitteln diese Größe auch für fremde Domains, was für einen Konkurrenzvergleich unerlässlich ist.
Nun ist aber die Verlinkung kein Selbstzweck, sondern soll dazu dienen, zu vielen Keywords gute Platzierungen zu erreichen. Wie aber messen wir den Erfolg unserer SEO-Maßnahmen? Das hängt natürlich vom Geschäftsmodell unserer Website ab. Für werbefinanzierte Websites mag die gesamte Besucherzahl eine gute Kenngröße sein, während für Onlineshops nur die Besucher interessant sind, die auch mit einer Kaufabsicht unterwegs sind. Deshalb würde es sich anbieten, die Anzahl der Google-Visits als KPI zu nehmen, eventuell gefiltert nach den Keywords, die auch zu unserem Geschäftsmodell passen.
So richtig diese Herangehensweise auch ist, sie hat einen großen Haken: Wir haben keine Möglichkeit, diese Größe für Konkurrenz-Websites zu ermitteln. Deshalb greifen wir auch zur Erfolgsmessung wieder auf eine Kennzahl zurück, die uns die SEO-Tools liefern und die wir auch für beliebige Konkurrenten ermitteln können: die Sichtbarkeit. Unter Sichtbarkeit verstehen wir die guten Platzierungen, die zu sehr vielen Keywords erreicht wurden, woraus die SEO-Tools einen Punktewert errechnen. Je besser eine Website zu einem Keyword platziert ist, umso mehr Punkte für diesen Sichtbarkeitsindex erhält sie. Zusätzlich geht auch noch die Suchhäufigkeit der einzelnen Keywords in diesen Index mit ein. Detaillierte Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der Sichtbarkeitsindex und die erreichten Google-Visits für viele Websites weitgehend parallel entwickeln. Das ist ein gutes Anzeichen dafür, dass wir die Sichtbarkeit als eine einfach zugängliche Kennzahl für den Erfolg einer Website nutzen können.
Es gibt noch weitere mögliche Kennzahlen, die uns bei der Steuerung von SEO helfen können. Ich habe dies in der Checkliste kurz zusammengestellt.
SEO – was lässt sich da steuern?
Wir wissen also nun, wie wir den Erfolg messen können und dass die Verlinkung den größten Einfluss darauf haben wird. Den Einfluss der übrigen Größen (insbesondere der Onsite-Faktoren wie HTML-Code oder interne Verlinkung) unterschlagen wir zunächst. Dies ist zulässig, da eine der Hauptaufgaben bei der Steuerung von SEO-Maßnahmen darin liegt zu entscheiden, wo die Ressourcen investiert werden sollen. Verspricht zunächst die Onsite-Optimierung den größten Erfolg oder der Aufbau weiterer Links?
Um diese Entscheidung fundiert treffen zu können, vergleichen wir die beiden als wesentlich erkannten Kennzahlen IP-Popularity und Sichtbarkeit für die Websites in unserem Konkurrenz-Umfeld. Ich habe als Beispiel eine Aufstellung von vierzehn Websites zum Thema „Kochrezepte“ gewählt. Die Kennzahlen habe ich den Sistrix-Tools entnommen.
Aus dieser Tabelle herauszulesen, wie gut unsere „Beispielsite“ mit einem Sichtbarkeitsindex von 12,3 und einer IP-Popularity von 757 gewirtschaftet hat, ist nicht wirklich einfach. (Es handelt sich bei der „Beispielsite“ um eine reale Website. Allerdings möchte ich diese aus Gründen der Fairness hier nicht nennen.) Stellen wir aber diese Werte mithilfe von Excel grafisch dar, sehen wir auf den ersten Blick, welche Maßnahmen wir angehen sollten.
Zunächst einmal fällt ein mehr oder weniger linearer Zusammenhang der Verteilung auf. Das ist wenig überraschend, denn das sagt uns lediglich, dass ein Mehr an Verlinkung zu besseren Rankings und damit zu besserer Sichtbarkeit führt. In unserem Beispiel liegt das Bestimmtheitsmaß bei circa 54 Prozent – also etwa die Hälfte der beobachteten Sichtbarkeit lässt sich auf den Einfluss der Verlinkung zurückführen.
Sie erhalten eine solche Tabelle, wenn Sie in Excel ein Punktdiagramm erzeugen, wobei die IP-Popularity nach rechts und der Sichtbarkeitsindex nach oben aufgetragen werden. Unter „Diagrammlayout“ fügen Sie eine lineare Trendlinie hinzu. Wenn Sie schließlich noch die Trendlinie mit einem Rechtsklick anklicken, „Trendlinie formatieren“ und dann „Optionen“ wählen, können Sie sich das Bestimmtheitsmaß im Diagramm anzeigen lassen.
Unsere Beispielsite, als Kreis gezeichnet, liegt deutlich unterhalb der Trendlinie. Nun gibt die Trendlinie gerade den Durchschnitt an, den unsere Konkurrenten erreichen. Alle Websites, die unterhalb der Trendlinie liegen, holen offensichtlich zu wenig aus ihrem Linkpotenzial und sollten deshalb ihre Onsite-Optimierung überarbeiten. Wer hingegen über dieser Trendlinie liegt, hat seine Onsite-Hausaufgaben erledigt; solche Websites können in erster Linie von einem verbesserten Linkaufbau profitieren.
Wie aber sehen wir, welche Onsite-Maßnahmen sinnvoll sind? Zunächst sollten Sie hier die Anzahl an indexierten Seiten (Google-Suchoperator site:) vergleichen. Unsere Beispielsite etwa kommt auf nicht einmal 3.000 indexierte Seiten. Da ist es kein Wunder, dass sie weniger gut sichtbar ist als eine Website wie kochbar.de, die mehr als eine Million Seiten im Google-Index hat.
Umgekehrt hilft die site:-Abfrage aber auch, ein mögliches Duplicate Content-Problem festzustellen. Fragen Sie dazu einfach beim Produktmanagement Ihrer Website nach, wie viele Seiten mit eigenem Inhalt auf der Website vorhanden sein sollten. Bei einer Rezeptwebsite ist das in etwa die Zahl der Rezepte, in einem Onlineshop die Artikelanzahl. Ist die von der site:-Abfrage erhaltene Anzahl deutlich (Faktor fünf oder mehr) größer, sollten Sie die Website auf Duplicate Content untersuchen. Ist umgekehrt die in Google indexierte Seitenanzahl kleiner als das, was Sie erwarten, weist dies auf ein Problem in der internen Verlinkung hin.
Optimierer und Entscheider verbinden
Nun wenden wir uns der versprochenen Verbindung zwischen SEO-Perspektive und dem monetären Blickwinkel der Entscheider zu. Diese Verbindung lässt sich am besten über die Kennzahl SEO-Visits herstellen. SEO-Visits sind dabei die Anzahl der durch Suchmaschinen-Optimierung generierten Besuche auf der Website. Der einfacheren Messbarkeit halber nehmen wir als Größe dafür einfach die Zahl der Visits, die über die großen Suchmaschinen Google, Bing und Yahoo zustande kamen. Damit werden auch Suchen nach dem Unternehmens- oder Markennamen gezählt, die vermutlich auch ohne jegliche SEO-Maßnahme erfolgreich gewesen wären. Der Anteil dieser Suchanfragen ist aber in den meisten Fällen so gering, dass wir diese Ungenauigkeit problemlos hinnehmen können. Natürlich können Sie aber auch diese markenspezifischen Suchanfragen abziehen und erhalten so einen noch genaueren Wert.
Nun müssen wir noch wissen, wie viel uns ein Visit wert ist. Diese Bewertung hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die fürs jeweilige Unternehmen spezifisch sind. Zudem stellen sich hier Fragen, die weit über das Thema „SEO-Kennzahlen“ hinausreichen. So ist bei jeder Berechnung eines Return-on-Invest die zeitliche Komponente entscheidend. Muss sich beispielsweise in einem Onlineshop ein Besucher schon beim ersten Einkauf rechnen oder können wir auch Folgekäufe diesem ersten, über eine Suchmaschine generierten Visit zurechnen? Unter Umständen werden noch weitere Faktoren zur Berechnung dieses Customer-Lifetime-Values berücksichtigt: Empfiehlt uns der Kunde weiter? Können wir ihm weitere, womöglich ganz anders geartete Produkte verkaufen?
Da diese Berechnungen weit über den Rahmen einer SEO-Steuerung hinausreichen, sollten wir zur Bewertung eines Visits auf im Unternehmen eventuell bereits vorhandene Werte zurückgreifen. Womöglich wurde der Wert eines Visits bereits für AdWords-Kampagnen festgelegt oder im Rahmen einer Bannerbuchung ermittelt. Entscheidend ist letztlich, dass Ihre Berechnungsgrundlagen im Unternehmen akzeptiert sind; ansonsten haben Sie bei jedem Reporting die erneute Diskussion über die Basis Ihres Berichts.
Sollten Sie keinen Wert für einen Besucher im Unternehmen ermitteln können, so hilft vielleicht ein Blick ins Google AdWords Keyword-Tool [2]. Schauen Sie sich dort an, welche Klickpreise für Keywords, die Ihnen wichtig sind, bezahlt werden. Das Tool ist zwar nicht absolut zuverlässig, aber für unseren Zweck reicht diese Annäherung durchaus. Multiplizieren Sie jetzt den Wert eines Besuchers mit der Anzahl der SEO-Visits und Sie wissen, welchen Wert Ihre SEO-Aktivitäten derzeit haben.
Beispielrechnung:
Sie haben im Monat 100.000 SEO-Visits und als Wert für einen Besucher 0,50
Euro festgelegt. Dann sind die SEO-Aktivitäten 50.000 Euro im Monat wert.
Noch schöner aber wäre es, könnten wir den vermutlichen Ertrag geplanter SEO-Maßnahmen abschätzen. Mithilfe unseres Link-Sichtbarkeits-Diagramms ist dies möglich. Wir haben aus dem Diagramm bereits abgeleitet, dass wir uns Onsite verbessern müssen. Davon ausgehend, dass die Optimierung unsere Beispielsite zumindest in einen durchschnittlichen Zustand versetzt, können wir erwarten, nach der Optimierung im Diagramm etwa auf der Trendlinie zu liegen. Dies aber hätte in etwa eine Verdoppelung der Sichtbarkeit zur Folge, wie uns ein Blick aufs Diagramm zeigt, wenn wir den Punkt gedanklich nach oben bis zur Trendlinie verschieben. (Hätte die Analyse aber gezeigt, dass wir mehr für den Linkaufbau tun müssen, müssten wir den Punkt im Diagramm parallel zur Trendlinie verschieben.)
Da nun erfahrungsgemäß der Sichtbarkeitsindex und die Anzahl der SEO-Visits Hand-in-Hand gehen, bedeutet eine doppelte Sichtbarkeit auch die doppelte Anzahl an SEO-Visits. Somit können wir abschätzen, wie viele Besucher wir nach durchgeführter Optimierung zusätzlich erwarten dürfen. Und weil wir den Wert eines Visits kennen, können wir so auch den Wert dieser Optimierungsmaßnahme abschätzen.
Wichtig ist, bei all der Rechnerei nicht zu vergessen, dass wir hier lediglich mit groben Annäherungen arbeiten können. Unsere Datenbasis ist viel zu ungenau, um eine detailliertere Berechnung zu ermöglichen. Vor allem aber sollten Sie die Kennzahlen nur als Unterstützung für die tägliche SEO-Arbeit sehen, die Erfahrung eines guten Suchmaschinen-Optimierers können sie nicht ersetzen.
Literatur
[1] https://tools.sistrix.de
[2] https://adwords.google.com/select/KeywordToolExternal
http://TopOnlineExperten.de
Suchmaschinen-Optimierung (SEO) haftet immer noch der Geruch von schwarzer Magie an. Zwar ist der Einsatz von SEO-Maßnahmen heute in einer Vielzahl von Unternehmen weit verbreitet, doch ist vielen Entscheidern unklar, wie Erfolge in Google zustande kommen. Also handeln viele Auftraggeber nach dem Motto: Lass’ die Optimierer mal machen, irgendetwas wird dabei schon herauskommen.
Während sich andere Marketingdisziplinen schon lange mit der Frage nach dem Return-on-Invest (ROI) auseinander setzen müssen, ist für Suchmaschinen-Optimierung diese Aufgabenstellung noch recht neu. Entsprechend große Unsicherheit herrscht hier noch vor und es gibt bislang keine etablierten Vorgehensweisen. Das bedeutet, dass ich im Folgenden lediglich erste Ansätze aufzeigen kann, wie Sie schon heute Ihre Optimierungsaktivitäten steuern können.
Was sind Kennzahlen?
Schon lange werden in der Betriebswirtschaft Zahlenwerte ermittelt, um qualitative Größen wie beispielsweise die Kundenzufriedenheit beschreiben zu können. Diese Kennzahlen (KPI, für Key-Performance-Indicators) erlauben es, interne oder externe Vergleiche durchzuführen. Suchmaschinen-Optimierung wurde lange ohne derartige Kennzahlen durchgeführt; hier standen die Erfahrungen der Optimierer im Vordergrund. Mit der steigenden Bedeutung von Suchmaschinen und in der Folge von Suchmaschinen-Optimierung auch in großen Unternehmen, wird zunehmend die Frage nach dem Erfolg der eigenen SEO-Maßnahmen gestellt. Hier können Kennzahlen helfen, Erfolge zu belegen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Zu beachten ist, dass SEO-Kennzahlen für verschiedene Zielgruppen interessant sind. Während die Optimierer aus den KPIs ablesen möchten, welche Optimierungsschritte aktuell anstehen, ist für Entscheider die Einschätzung wichtig, wie sie das Marketing-Budget verteilen sollen. Dementsprechend werden hier verschiedene SEO-Kennzahlensysteme betrachtet.
Kennzahlen, die für SEO interessant sein könnten
Auch wenn es wohl den meisten SEOs nicht bewusst war, haben sie schon sehr lange ihre Optimierung an einer klassischen Kennzahl ausgerichtet. Schließlich ist der ominöse Pagerank von Google nichts anderes als eine solche Kennzahl. Dank diverser SEO-Tools stehen heute aber weitaus aussagekräftigere KPIs zur Verfügung.
Allerdings zielen die verfügbaren Kennzahlen in erster Linie auf die Zielgruppe der Optimierer ab. Kennzahlen für Entscheider lassen sich daraus nur indirekt bilden. Auf eine Verbindung zwischen Optimierer-Kennzahlen und Entscheider-Kennzahlen wird in diesem Text später eingegangen. Zunächst geht es um die Aufgabe, Kennzahlen zu finden, mit denen die eigentlichen SEO-Maßnahmen gesteuert werden können.
So sehr die Suchmaschinen-Optimierung also früher unter dem Mangel an Kennzahlen litt, so werden wir heute mit Daten aus den Tools geradezu zugeschüttet. Überlegen wir also deshalb zunächst, welche Parameter Einfluss auf das Ranking einer Website haben. Umfragen unter erfahrenen Suchmaschinen-Optimierern zeigen, dass die Verlinkung einer Website etwa die Hälfte des Erfolges in Google ausmacht. Entsprechend wichtig ist also eine Kennzahl, die die Intensität der Verlinkung misst.
Die zweite Hälfte des Ranking-Erfolges wird einer ganzen Reihe weiterer Faktoren zugeschrieben. Hierzu zählen etwa die klassischen Onsite-Größen wie Anzahl an Keyword-Nennungen oder das Vorkommen des Keywords im HTML-Titel sowie die interne Verlinkung. Dies sind leider allesamt Parameter, die entweder nur schwer als Kennzahl zu fassen sind oder deren isoliert betrachteter Einfluss ziemlich gering ist. Dazu kommen die in letzter Zeit offensichtlich von Google berücksichtigten Faktoren wie das Nutzerverhalten auf der Website (Bounce-Rate, Aufenthaltsdauer und so weiter) oder die Anzahl der Erwähnungen in Social Media-Diensten wie Facebook und Twitter.
Da Kennzahlen insbesondere den Sinn haben, Komplexität zu verringern, konzentrieren wir uns also auf die nach wie vor wesentliche Einflussgröße für gutes Ranking: die externe Verlinkung. Hier hat sich mit der sogenannten IP-Popularity in den vergangenen Jahren eine Kennzahl etabliert, die sich leicht ermitteln lässt. Gleichzeitig bietet sie aber auch eine gute Annäherung an die tatsächliche Verlinkungsintensität.
Die IP-Popularity ist dabei definiert als die Anzahl der IP-Adressen, von denen aus ein Link auf die zu untersuchende Domain gefunden werden konnte. Die gängigen SEO-Tools wie etwa die Sistrix-Toolbox [1] ermitteln diese Größe auch für fremde Domains, was für einen Konkurrenzvergleich unerlässlich ist.
Nun ist aber die Verlinkung kein Selbstzweck, sondern soll dazu dienen, zu vielen Keywords gute Platzierungen zu erreichen. Wie aber messen wir den Erfolg unserer SEO-Maßnahmen? Das hängt natürlich vom Geschäftsmodell unserer Website ab. Für werbefinanzierte Websites mag die gesamte Besucherzahl eine gute Kenngröße sein, während für Onlineshops nur die Besucher interessant sind, die auch mit einer Kaufabsicht unterwegs sind. Deshalb würde es sich anbieten, die Anzahl der Google-Visits als KPI zu nehmen, eventuell gefiltert nach den Keywords, die auch zu unserem Geschäftsmodell passen.
So richtig diese Herangehensweise auch ist, sie hat einen großen Haken: Wir haben keine Möglichkeit, diese Größe für Konkurrenz-Websites zu ermitteln. Deshalb greifen wir auch zur Erfolgsmessung wieder auf eine Kennzahl zurück, die uns die SEO-Tools liefern und die wir auch für beliebige Konkurrenten ermitteln können: die Sichtbarkeit. Unter Sichtbarkeit verstehen wir die guten Platzierungen, die zu sehr vielen Keywords erreicht wurden, woraus die SEO-Tools einen Punktewert errechnen. Je besser eine Website zu einem Keyword platziert ist, umso mehr Punkte für diesen Sichtbarkeitsindex erhält sie. Zusätzlich geht auch noch die Suchhäufigkeit der einzelnen Keywords in diesen Index mit ein. Detaillierte Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der Sichtbarkeitsindex und die erreichten Google-Visits für viele Websites weitgehend parallel entwickeln. Das ist ein gutes Anzeichen dafür, dass wir die Sichtbarkeit als eine einfach zugängliche Kennzahl für den Erfolg einer Website nutzen können.
Es gibt noch weitere mögliche Kennzahlen, die uns bei der Steuerung von SEO helfen können. Ich habe dies in der Checkliste kurz zusammengestellt.
SEO – was lässt sich da steuern?
Wir wissen also nun, wie wir den Erfolg messen können und dass die Verlinkung den größten Einfluss darauf haben wird. Den Einfluss der übrigen Größen (insbesondere der Onsite-Faktoren wie HTML-Code oder interne Verlinkung) unterschlagen wir zunächst. Dies ist zulässig, da eine der Hauptaufgaben bei der Steuerung von SEO-Maßnahmen darin liegt zu entscheiden, wo die Ressourcen investiert werden sollen. Verspricht zunächst die Onsite-Optimierung den größten Erfolg oder der Aufbau weiterer Links?
Um diese Entscheidung fundiert treffen zu können, vergleichen wir die beiden als wesentlich erkannten Kennzahlen IP-Popularity und Sichtbarkeit für die Websites in unserem Konkurrenz-Umfeld. Ich habe als Beispiel eine Aufstellung von vierzehn Websites zum Thema „Kochrezepte“ gewählt. Die Kennzahlen habe ich den Sistrix-Tools entnommen.
Aus dieser Tabelle herauszulesen, wie gut unsere „Beispielsite“ mit einem Sichtbarkeitsindex von 12,3 und einer IP-Popularity von 757 gewirtschaftet hat, ist nicht wirklich einfach. (Es handelt sich bei der „Beispielsite“ um eine reale Website. Allerdings möchte ich diese aus Gründen der Fairness hier nicht nennen.) Stellen wir aber diese Werte mithilfe von Excel grafisch dar, sehen wir auf den ersten Blick, welche Maßnahmen wir angehen sollten.
Zunächst einmal fällt ein mehr oder weniger linearer Zusammenhang der Verteilung auf. Das ist wenig überraschend, denn das sagt uns lediglich, dass ein Mehr an Verlinkung zu besseren Rankings und damit zu besserer Sichtbarkeit führt. In unserem Beispiel liegt das Bestimmtheitsmaß bei circa 54 Prozent – also etwa die Hälfte der beobachteten Sichtbarkeit lässt sich auf den Einfluss der Verlinkung zurückführen.
Sie erhalten eine solche Tabelle, wenn Sie in Excel ein Punktdiagramm erzeugen, wobei die IP-Popularity nach rechts und der Sichtbarkeitsindex nach oben aufgetragen werden. Unter „Diagrammlayout“ fügen Sie eine lineare Trendlinie hinzu. Wenn Sie schließlich noch die Trendlinie mit einem Rechtsklick anklicken, „Trendlinie formatieren“ und dann „Optionen“ wählen, können Sie sich das Bestimmtheitsmaß im Diagramm anzeigen lassen.
Unsere Beispielsite, als Kreis gezeichnet, liegt deutlich unterhalb der Trendlinie. Nun gibt die Trendlinie gerade den Durchschnitt an, den unsere Konkurrenten erreichen. Alle Websites, die unterhalb der Trendlinie liegen, holen offensichtlich zu wenig aus ihrem Linkpotenzial und sollten deshalb ihre Onsite-Optimierung überarbeiten. Wer hingegen über dieser Trendlinie liegt, hat seine Onsite-Hausaufgaben erledigt; solche Websites können in erster Linie von einem verbesserten Linkaufbau profitieren.
Wie aber sehen wir, welche Onsite-Maßnahmen sinnvoll sind? Zunächst sollten Sie hier die Anzahl an indexierten Seiten (Google-Suchoperator site:) vergleichen. Unsere Beispielsite etwa kommt auf nicht einmal 3.000 indexierte Seiten. Da ist es kein Wunder, dass sie weniger gut sichtbar ist als eine Website wie kochbar.de, die mehr als eine Million Seiten im Google-Index hat.
Umgekehrt hilft die site:-Abfrage aber auch, ein mögliches Duplicate Content-Problem festzustellen. Fragen Sie dazu einfach beim Produktmanagement Ihrer Website nach, wie viele Seiten mit eigenem Inhalt auf der Website vorhanden sein sollten. Bei einer Rezeptwebsite ist das in etwa die Zahl der Rezepte, in einem Onlineshop die Artikelanzahl. Ist die von der site:-Abfrage erhaltene Anzahl deutlich (Faktor fünf oder mehr) größer, sollten Sie die Website auf Duplicate Content untersuchen. Ist umgekehrt die in Google indexierte Seitenanzahl kleiner als das, was Sie erwarten, weist dies auf ein Problem in der internen Verlinkung hin.
Optimierer und Entscheider verbinden
Nun wenden wir uns der versprochenen Verbindung zwischen SEO-Perspektive und dem monetären Blickwinkel der Entscheider zu. Diese Verbindung lässt sich am besten über die Kennzahl SEO-Visits herstellen. SEO-Visits sind dabei die Anzahl der durch Suchmaschinen-Optimierung generierten Besuche auf der Website. Der einfacheren Messbarkeit halber nehmen wir als Größe dafür einfach die Zahl der Visits, die über die großen Suchmaschinen Google, Bing und Yahoo zustande kamen. Damit werden auch Suchen nach dem Unternehmens- oder Markennamen gezählt, die vermutlich auch ohne jegliche SEO-Maßnahme erfolgreich gewesen wären. Der Anteil dieser Suchanfragen ist aber in den meisten Fällen so gering, dass wir diese Ungenauigkeit problemlos hinnehmen können. Natürlich können Sie aber auch diese markenspezifischen Suchanfragen abziehen und erhalten so einen noch genaueren Wert.
Nun müssen wir noch wissen, wie viel uns ein Visit wert ist. Diese Bewertung hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die fürs jeweilige Unternehmen spezifisch sind. Zudem stellen sich hier Fragen, die weit über das Thema „SEO-Kennzahlen“ hinausreichen. So ist bei jeder Berechnung eines Return-on-Invest die zeitliche Komponente entscheidend. Muss sich beispielsweise in einem Onlineshop ein Besucher schon beim ersten Einkauf rechnen oder können wir auch Folgekäufe diesem ersten, über eine Suchmaschine generierten Visit zurechnen? Unter Umständen werden noch weitere Faktoren zur Berechnung dieses Customer-Lifetime-Values berücksichtigt: Empfiehlt uns der Kunde weiter? Können wir ihm weitere, womöglich ganz anders geartete Produkte verkaufen?
Da diese Berechnungen weit über den Rahmen einer SEO-Steuerung hinausreichen, sollten wir zur Bewertung eines Visits auf im Unternehmen eventuell bereits vorhandene Werte zurückgreifen. Womöglich wurde der Wert eines Visits bereits für AdWords-Kampagnen festgelegt oder im Rahmen einer Bannerbuchung ermittelt. Entscheidend ist letztlich, dass Ihre Berechnungsgrundlagen im Unternehmen akzeptiert sind; ansonsten haben Sie bei jedem Reporting die erneute Diskussion über die Basis Ihres Berichts.
Sollten Sie keinen Wert für einen Besucher im Unternehmen ermitteln können, so hilft vielleicht ein Blick ins Google AdWords Keyword-Tool [2]. Schauen Sie sich dort an, welche Klickpreise für Keywords, die Ihnen wichtig sind, bezahlt werden. Das Tool ist zwar nicht absolut zuverlässig, aber für unseren Zweck reicht diese Annäherung durchaus. Multiplizieren Sie jetzt den Wert eines Besuchers mit der Anzahl der SEO-Visits und Sie wissen, welchen Wert Ihre SEO-Aktivitäten derzeit haben.
Beispielrechnung:
Sie haben im Monat 100.000 SEO-Visits und als Wert für einen Besucher 0,50
Euro festgelegt. Dann sind die SEO-Aktivitäten 50.000 Euro im Monat wert.
Noch schöner aber wäre es, könnten wir den vermutlichen Ertrag geplanter SEO-Maßnahmen abschätzen. Mithilfe unseres Link-Sichtbarkeits-Diagramms ist dies möglich. Wir haben aus dem Diagramm bereits abgeleitet, dass wir uns Onsite verbessern müssen. Davon ausgehend, dass die Optimierung unsere Beispielsite zumindest in einen durchschnittlichen Zustand versetzt, können wir erwarten, nach der Optimierung im Diagramm etwa auf der Trendlinie zu liegen. Dies aber hätte in etwa eine Verdoppelung der Sichtbarkeit zur Folge, wie uns ein Blick aufs Diagramm zeigt, wenn wir den Punkt gedanklich nach oben bis zur Trendlinie verschieben. (Hätte die Analyse aber gezeigt, dass wir mehr für den Linkaufbau tun müssen, müssten wir den Punkt im Diagramm parallel zur Trendlinie verschieben.)
Da nun erfahrungsgemäß der Sichtbarkeitsindex und die Anzahl der SEO-Visits Hand-in-Hand gehen, bedeutet eine doppelte Sichtbarkeit auch die doppelte Anzahl an SEO-Visits. Somit können wir abschätzen, wie viele Besucher wir nach durchgeführter Optimierung zusätzlich erwarten dürfen. Und weil wir den Wert eines Visits kennen, können wir so auch den Wert dieser Optimierungsmaßnahme abschätzen.
Wichtig ist, bei all der Rechnerei nicht zu vergessen, dass wir hier lediglich mit groben Annäherungen arbeiten können. Unsere Datenbasis ist viel zu ungenau, um eine detailliertere Berechnung zu ermöglichen. Vor allem aber sollten Sie die Kennzahlen nur als Unterstützung für die tägliche SEO-Arbeit sehen, die Erfahrung eines guten Suchmaschinen-Optimierers können sie nicht ersetzen.
Literatur
[1] https://tools.sistrix.de
[2] https://adwords.google.com/select/KeywordToolExternal