Warum der stationäre Handel Kurs auf Omni-Channel nehmen sollte
Beitrag von Artjom Bruch, CEO bei Trusted Returns
Die vergangenen 14 Monate haben erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung sowie auf das Verhalten der Menschen genommen. Nach wie vor ist das genaue Ausmaß der verheerenden Auswirkungen der Krise auf Deutschlands Innenstädte nicht absehbar. Social Distancing und verordnete Geschäftsschließungen während der Lockdowns haben insbesondere den Handel gezwungen, neue Wege einzuschlagen. Im Gegensatz zum bisherigen Onlinehandel, der sich einer nicht zu dämmenden Flut an Bestellungen ausgesetzt sieht, musste der stationäre Handel mit neuen Modellen versuchen, die Verluste abzufangen – mit durchwachsenem Erfolg. Gerade diese Unternehmen stehen hier noch teilweise am Anfang ihrer Entwicklung. Die Lösung dürfte darin zu finden sein, stationären Handel und Onlinegeschäft im Omni-Channel stärker miteinander zu verbinden. Nur so können die Wünsche der Kunden erfüllt und die Consumer Journey nachhaltig verbessert und transparenter werden.
Schlägt jetzt die Stunde der Flagship Stores?
In den letzten 12 Monaten hat sich das Einkaufverhalten der Kunden immer weiter in Richtung Onlineshopping verschoben. Auch deswegen haben immer mehr Einzelhändler ihr Portfolio um einen Online-Shop erweitert. Kunden profitieren davon, dass sie sich fast alles bequem und unkompliziert nach Hause liefern lassen können, doch besonders nachhaltig ist das oft nicht. Da man die Ware nur von Bildern kennt, bestellen viele ihre Artikel in verschiedenen Ausfertigungen. Aus diesem Grund hat parallel mit größeren Bestellmengen auch die Anzahl der Retouren zugenommen.
Ein Weg in Richtung Omni-Channel könnten nach der Pandemie sogenannte Flagship Stores sein. Das Prinzip ist simpel: Die Händler haben einen kleinen Lokalbestand ihrer Ware im Shop, wo Kunden die Ware begutachten, anprobieren und aussuchen können. Ist die Wahl getroffen, bestellt der Händler die Ware im Lager und lässt sie zum Kunden nach Hause senden.
Sollte die Ware dann trotzdem nicht den Wünschen entsprechen, kann dann sowohl im Shop als auch online retourniert werden. So entsteht für beide Seiten mehr Komfort. Der Kunde kann sich die Farbe, die Passform und das Modell vor Ort genau ansehen und sich gezielt für eine Ausführung entscheiden. Dadurch wird die Anzahl an Retouren bereits nachhaltig gesenkt. Im Gegenzug müssen Einzelhändler keine großen Vorräte mehr lokal horten, sondern können diese im Lager lassen. So können Ladenflächen und damit auch Kosten eingespart werden.
Click & Collect ist nicht der Weisheit letzter Schluss
„Click & Collect“ bietet Händlern die Möglichkeit, ihre Pforten auch in Pandemie-Zeiten zu öffnen. Doch gerade bei diesem Modell bemängeln Kunden oft die mangelnde Kommunikation und, damit verbunden, fehlende Transparenz. Zwar ist die Verbindung von online Bestellen und stationär Abholen ein Schritt in Richtung Omni-Channel, jedoch ist sie noch nicht vollends ausgereift.
Die Lösung wäre ein hybrider Ansatz, bei dem Kunden die Wahl haben, wie sie ihre Ware erwerben, erhalten und über welchen Weg sie diese gegebenenfalls zurückgeben möchten. Das erfordert jedoch auf Händlerseite Systemupdates bei den Kassen – es muss sichergestellt werden, dass die Warenströme sowohl lokal als auch online verbucht werden können. Damit wäre aber bereits der größte Schritt getan, denn der Schulungsaufwand des Personals wäre minimal. Schließlich würden die Mitarbeiter weiterhin mit demselben Kassensystem arbeiten und könnten trotzdem sämtliche Prozesse während der gesamten Consumer Journey abwickeln. Ein in diesem Zuge eingesetztes hybrides Retourenmanagement ermöglicht zudem mehr Spielräume. Zum einen wird die Consumer Experience durch bessere Kommunikation und erhöhte Transparenz positiv geprägt, wodurch im Umkehrschluss eine höhere Kundenzufriedenheit und -loyalität gewährleistet ist. Zum anderen haben die Händler mehr Möglichkeiten, ihr Personal gewinnbringend einzusetzen und durch die höhere Kundenzufriedenheit mehr Umsätze zu generieren.
Lückenlose Transparenz ist kein fakultativer Ansatz mehr
Gerade im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit rückt lückenlose Transparenz der Händler immer weiter in den Fokus. Endkunden verlangen in der Consumer Experience bestenfalls eine Echtzeit-Transparenz der Logistikkette – und das sowohl im Liefer- als auch im Retourenprozess. Um das jedoch gewährleisten zu können, müssen moderne IT-Plattformen implementiert werden, durch die diese Prozesse digital abgebildet und gemanagt werden können. Durch digitales Retourenmanagement entsteht aber im Umkehrschluss eine bessere Kommunikation mit dem Kunden, denn ihm werden von Anfang an alle Informationen an die Hand gegeben, die er für eine mögliche Retoure benötigt. Zudem können Händler besser die Wünsche ihrer Endverbraucher erfragen und somit verstehen, ob eine Retoure möglicherweise unter geänderten Parametern wie einem gewährten Rabatt auf die Ware abgewendet werden kann. Transparenz und Automation, auch in der Kommunikation, senken Kosten im Kundenservice und tragen zu einer geringeren Retourenquote, auch im Sinne der Nachhaltigkeit, bei.
Die Kombination von stationärem Einzelhandel und Onlinehandel im Omni-Channel kann also nachhaltig die Consumer Journey positiv beeinflussen. Dadurch wird parallel zur stärkeren Kundenloyalität auch der Umsatz erhöht. Teil dieses Omni-Channels kann eine digitale Retourenplattform sein. Diese kann zudem Umsatzverluste reduzieren, von denen Händler, die weiterhin auf die Beilegerretoure setzen, nur träumen können.