Influencer-Kampagnen erfolgreich umsetzen
Der Beruf des Influencers wird häufig diskutiert und nicht immer für gut empfunden. Auch prominente Persönlichkeiten wie Oliver Pocher oder Jan Leyk teilen in letzter Zeit ihren Standpunkt zu diesem Thema und stellen die Arbeit der Influencer in Frage. Gleichzeitig ist Influencer Marketing zu einer der Top Werbestrategien geworden, auf die viele Unternehmen setzen. Ist es also sinnvoll, mit Influencern zu kooperieren? Und wenn ja, auf was sollte man dabei achten?
Während Unternehmen und vor allem Hotels im Lockdown verharren mussten, konnten Influencer ihre Reichweite ausbauen, Vertrauen bei ihren Followern schaffen und diese in der schwierigen Phase unterstützen. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sehr viel Unsicherheit herrscht, ist es notwendig, das bereits aufgebaute Vertrauen weiter zu festigen, um eine langfristige Kundenbindung zu gewährleisten. Reichweite ist die Währung des 21. Jahrhunderts und wer diese geschickt einzusetzen weiß, ist klar im Vorteil. Gerade zur professionellen Befüllung des Social Media-Feeds des eigenen Unternehmens kann auch eine Influencer Kooperation sehr unterstützen.
Doch auch die Zahl der Influencer, die ihren Job nicht ernst nehmen, ist über die letzten Jahre stark gewachsen. Das zieht die Seriosität der Markenbotschafter der ganzen Branche ein Stück weit in Mitleidenschaft. Deshalb gilt hier umso mehr, sich im Vorfeld gut zu informieren und keine voreiligen Entscheidungen zu treffen.
Wenn es darum geht, einen Influencer vor einer Zusammenarbeit genauer unter die Lupe zu nehmen, sind einige Dinge zu beachten. Hier sind 5 Punkte, die besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang:
1. Community
Bei dem Blick auf das Profil eines Influencers werden oft nur die Zahlen beachtet. Allerdings sind Follower und Likes keine sehr aussagekräftigen Parameter mehr für den Wert eines Influencers. Um herauszufinden, ob eine Kooperation einen Mehrwert bringen wird, ist in erster Linie auf die Community zu achten. Das sind schließlich auch die potenziellen Kunden.
Die Community rückt in den Vordergrund, da es heutzutage kinderleicht ist Follower, Likes und weitere Zahlen aufzuhübschen mit Hilfe von diversen Anbietern, die “qualitative Follower” versprechen. Instagram macht diesen mittlerweile einen Strich durch die Rechnung und entfernt regelmäßig hinzugefügte “Fake-Follower”.
In diesem Sinne ist also ein Blick auf die Community des Influencers deutlich bedeutsamer. Hier gilt es folgende Fragen zu beantworten: Wie interaktiv ist das Verhältnis zwischen dem Influencer und den Followern? Und wie relevant sind deren Kommentare?
@jovitravel als gutes Beispiel für Interaktivität und eine guten Community! Quelle: Gernot Kleindienst
Des Weiteren kann man auch die Erreichbarkeit der Follower des Influencers prüfen, in dem man misst wie vielen Leuten der durchschnittliche Follower eines Influencers folgt. Folgt dieser im Schnitt 3.000 Followern, liegt ein schlechter Wert vor, denn hier kann der geprüfte Influencer klar in der Masse untergehen.
Im Hinblick auf die Interaktion sollte man schauen, ob der Influencer überhaupt mit den Followern durch Beiträge und Stories in Kontakt tritt. Stellt er Fragen? Sind Captions so aufgebaut, dass Follower sinnvoll antworten können? In weiterer Folge können die Kommentare hinsichtlich der Relevanz untersucht werden. Das heißt, ob Follower inhaltlich auf den Post eingehen.
Doch auch beim Thema Community gibt es die Möglichkeit, eine große Community vorzutäuschen, um so vom Netzwerk Algorithmus besser gereiht zu werden. Manche Influencer befinden sich in sogenannten “Engagement-Groups”, in denen man Likes und Kommentare mit anderen austauscht, um so mehr Reichweite zu bekommen. So senden diese ihre frisch geposteten Beiträge in eine Gruppe, in der in den ersten Minuten fleißig kommentiert und geliked werden soll, um vom Algorithmus bevorzugt zu werden.
An sich ist das eine tolle Möglichkeit, um die Reichweite der Beiträge zu erhöhen, jedoch gibt es mittlerweile Massen-Tools, die diesen Service in ein schlechtes Licht rücken. Wichtig ist, auf den Rat von Experten zu hören, um solche Hilfsmittel frühzeitig zu erkennen.
2. Mediakit als Visitenkarte der Influencer
Mittlerweile gilt das Mediakit, das meistens als PDF vor einer Kooperation an den Kunden gesendet wird, als Ausweis und Visitenkarte der Influencer. Zahlen, Statistiken und schöne Bilder sollen hier einen guten ersten Eindruck hinterlassen.
Ob ein Mediakit an die Anfrage-Mail angehängt ist und wie es aufbereitet ist, sagt viel mehr über eine potenzielle Zusammenarbeit aus als gedacht.
Durch das Mediakit kann man sich einen Überblick über die Statistiken der Zielgruppe des Influencers verschaffen und einschätzen, ob dieser Unternehmensbotschaften passende an die Zielgruppe adressieren kann. Die üblichen Bausteine eines Mediakits sind erstens Beispielbilder, durch die erkennbar wird, in welcher Qualität der Influencer arbeitet. Zweitens kann das Mediakit vergangene Kooperationen beinhalten, welche noch weiterführende Informationen zur Zielgruppe liefern. Und drittens ist oft ein persönlicher Text vorzufinden, der hilft herauszufinden, ob Werte und Einstellungen zur eigenen Marke passen.
Mit sehr gutem Beispiel geht hier @nurielmolcho, der bekannte Wiener Hutmacher und Gastronom, mit seinem persönlichen Mediakit voran und zeigt Transparenz & Persönlichkeit
Quelle: Gernot Kleindienst
Leider wird dieses Dokument auch oft genutzt, um Daten zu beschönigen und um Statistiken grafisch anzupassen. Hier würde ich vor einer Kooperation den Rat eines Experten einholen, um alle Statistiken richtig einzuordnen und auch genau zu prüfen.
Schon in der Anfrage, in der das Mediakit üblicherweise enthalten ist, kann man einiges erkennen. Je personalisierter eine Anfrage gestaltet wird, umso mehr Aufmerksamkeit wird ihr geschenkt. Auch die Signatur, Wortwahl und E-Mail Adresse gilt als Indikator für ein professionelles Auftreten des Influencers. Verwendet dieser noch einen kostenlosen Standard E-Mail Provider wie GMX, Yahoo & Co. oder hat dieser bereits eine personalisierte Mail-Adresse?
Sehr oft haben Influencer auch eine Website, auf der man sich ein Bild über vergangene Kooperationen und die Person machen kann. Hier sollte man keine Mühen scheuen, um sich auch persönliche Texte durchzulesen.
3. Vergangene Kooperationen als Vergleichsparameter
Wie viele Kooperation - vor allem - der Influencer in der Vergangenheit gemacht hat, ist einer der aussagekräftigsten Indikatoren. Auch dies sollte in einem Mediakit ausgewiesen sein. Man findet diese auch im Feed des Influencers.
Kooperiert der Influencer nur mit ausgewählten Marken oder verkauft sich dieser bei jeder Marke in jeder Branche? Hier gilt: Je qualitativer und branchen-spezifischer die vergangenen Kooperationen sind, umso interessanter wird dieser für eine Kooperation. Qualitative und enge Partnerschaften sind hier kurzen und distanzierten Partnerschaften vorzuziehen.
Marken, die noch eher kleiner sind und nicht viel Erfahrung mit Influencern haben, können sich an größeren Marken orientieren und auf deren Prüfungs-Expertise vertrauen, doch Achtung - nicht jede Referenz die man in einem Mediakit findet, muss “bezahlt” sein.
4. Selfie-Queen oder Markenbotschafterin?
Bei der Bildsprache sollte darauf geachtet werden, wie der Influencer Produkte und Kooperationen in Szene setzt. Gerade in der Reisebranche ist darauf zu achten, dass die besonderen Spots des Hauses in Szene gesetzt werden und nicht nur die Person selbst. In vielen Branchen und vor allem in der Luxushotellerie ist der Teilbarkeits-Faktor ein ganz ausschlaggebender Punkt. Warum? Das entscheidet, ob das entstandene Bildmaterial von anderen großen Kanälen geteilt wird und das würde zusätzliche Reichweite für eine Kampagne bringen. So können Influencer-Kampagnen mit dem richtigen Hintergrund und der perfekten Kulisse viral gehen. Achtung: Fashion-Influencer sind von Travel-Influencern zu unterscheiden, die ihren Fokus verschieden setzen.
@jeremyaustin setzt gekonnt das JW Marriott in Venedig (@jwmvenice) in Szene und weiß genau, wie er Teilbarkeit künstlich erzeugen kann. Quelle: Gernot Kleindienst
Doch auch im Bereich Fashion gibt es sogenannte “Repost-Kanäle”, also Kanäle die Inhalte von anderen Leuten veröffentlichen und nur darauf warten, das perfekt in Szene gesetzte Bild zu teilen.
5. Nicht jeder Influencer passt zu jeder Marke
Wenn es darum geht, einen passenden Influencer für eine Marken-Kooperation zu finden, ist Voraussetzung, dass der Influencer die Werte des Unternehmens widerspiegelt und auch zum Stil des Unternehmens passt. In vielerlei Hinsicht ist es eine Bauchentscheidung, ob ein Influencer zur jeweiligen Marke passt. Doch ist es empfohlen, dafür gewisse Parameter wie Wording, Bildsprache, Alter, Nische etc. zu definieren, um einen standardisierten Prozess für die Influencer-Prüfung aufzusetzen.
Hier ist vor allem darauf zu achten, ob der Influencer Statements zu politischen Themen und aktuellen Situationen abgibt, welche die Kooperation möglicherweise in ein schlechtes Licht rücken können.
Professionelles Prüfen ist nun gefordert!
Um keine der vorliegenden Punkte auszulassen, empfehle ich eine Checkliste zur Influencer-Prüfung anzulegen, das ist eine gute Ausgangsbasis für eine Zusammenarbeit. Doch Netzwerke verändern sich laufend und so muss sich auch der Prüfungsprozess laufend angepasst werden. Influencer sind sich ihres eigenen Werts heute sehr bewusst und so sind Kosten für einen Post um mehrere Tausend Euro keine Seltenheit mehr. Aus diesem Grund rate ich, mit Experten in diesem Bereich zusammenzuarbeiten, die mit dem Thema vertraut sind und in die Unternehmensmarke einführen.
Nichtsdestotrotz sind Influencer ein wichtiges Tool, um die Markenbekanntheit zu steigern und Vertrauen in eine Marke zu erhöhen. Vor allem in der Reisebranche sind zum jetzigen Zeitpunkt Influencer-Kooperationen eine Möglichkeit, um Gäste ins eigene Hotel zu bringen und den Gästen ein gutes Gefühl zu vermitteln. In der Hotellerie zählt das richtige Netzwerk und eine professionelle Kommunikation, um in die Gänge zu kommen und Gäste durch Influencer Marketing zu gewinnen. Wenn man auf ein umfangreiches Netzwerk abzielt, ist es fast unumgänglich mit Partnerfirmen zusammenzuarbeiten.
Abschließend kann ich den meisten Marken und vor allem Hotels empfehlen, im Influencer Marketing aktiv zu werden, jedoch mit Vorsicht und gründlicher Prüfung.