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Daten effizient und zielgerichtet nutzen

Je größer die Datenbasis, desto aussagekräftiger die Ergebnisse. Und desto besser lässt sich die „digitale Körpersprache“ eines Kunden lesen.
Andreas Helios | 20.07.2020
Daten effizient nutzen © Freepik / naypong
 

Viele Unternehmen postulieren eine Strategie des datenbasierten Ansatzes, betrachten aber zuallererst die eigenen CRM-basierten Daten. Wie sieht der aktuelle Leads-Funnel aus, wie ist unsere Conversion Rate von Marketing Qualified Leads (MQL) zu Sales Accepted Leads (SAL), wie stehen wir im Industrievergleich, welche Kampagne hat den größten ROI, und überhaupt, ist unser Attributionsmodell denn noch State-of-the-art.


Alle diese Fragen sind natürlich berechtigt und helfen, das Marketing effizienter und oft auch zielgerichteter zu machen. Aber vom Ursprung der Idee eines datenbasierten Ansatzes weit entfernt.

Extern angestoßene Produkt-/Prozess-Innovationen werden zunehmen. Schon 2006 hatte Procter and Gamble das Ziel „50 Prozent externe Produktideen“ ausgerufen und dem „not invented here“-Syndrom dem Kampf angesagt [3]. Dabei waren es nicht die Kundenhotline-Nummer auf der Zahncreme-Tube, sondern eher die Vielzahl der Consumer Panels, die den Unterschied machten. In einer Experience Economy, die dem Kunden permanent die Möglichkeit gibt, Produkte und Services auch in Detailaspekten zu bewerten, wird die Innovationsgeschwindigkeit zwangsläufig zunehmen.

Marketing ist nicht mehr allein für die Wahrnehmung der Marke verantwortlich. Wenn jede Kundentransaktion auf ein imaginäres Vertrauens- und Experience-Konto der Marke einzahlt, müssen alle Unternehmensbereiche mit Kundeninteraktion – Vertrieb, Service, Consulting, Support, Buchhaltung, … – Verantwortung für die Marke übernehmen. Die Koordination der unterschiedlichen Interaktionskanale im Sinne einer orchestrierten Kundenbeziehung eröffnet neue Gestaltungsspielraume für Marketing.

Der Schlüssel zum Erfolg

Der Schlüssel zu besser abgestimmten Prozessen liegt wie so oft in der Überwindung von Abteilungsgrenzen, zum Beispiel durch integrierte Front-End-Systeme, die auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen. Bisher lag der Integrationsfokus stark auf der Verbindung von Marketing (Demand Generation) zu Vertrieb (Qualification). In einer Experience Economy wird die Integration mit Service und Kundensupport entscheidend, um ein ganzheitliches Bild von der Kundenbeziehung zu erhalten. So wäre es für Marketing wichtig zu wissen, welche Kunden gerade ein kritisches Support-Ticket geöffnet haben, um diese zum Beispiel aus einer Marketingkampagne zu exkludieren.

Datenbasiertes Marketing sollte zuallererst den Kunden, das Buying Center, die unterschiedlichen Personas im Blick haben. In welcher Phase der Kaufentscheidung befindet sich der Kunde, welche Information benötigt er jetzt, um im Prozess weiterzukommen, sind es (prozess-) technische oder kaufmännische Informationen, über welchen Kanal kann er wann am besten erreicht werden. Jeder, der schon einmal versucht hat, eine „durchschnittliche“ Customer Journey eines B2B Kunden auf ein Flip-Chart zu zeichnen, weis, dass der Komplexität dabei fast keine Grenzen gesetzt sind. Trotzdem gilt es, den ersten Schritt zu machen und sich für die Rolle und Motivation des Kunden ernsthaft zu interessieren.

Der Kampf um den Kunden ist vorbei

Okay, die Karten am Markt sind neu gemischt. Der Kampf um den Kunden ist vorbei – der Kunde hat gewonnen. Oder doch nicht? Wir alle hinterlassen Spuren bei unserer Suche nach den besten Produkten oder Lösungen. Und natürlich gibt es längst intelligente Losungen, um diese Spuren der Buyer Journey zu erfassen, auszuwerten und wiederkehrende Muster zu erkennen. Die Marktbeobachter Chiefmartec listen in ihrer jährlichen Übersicht mehrere Tausend Einzelprodukte auf, die uns helfen sollen, wieder den Wald zwischen den Bäumen zu entdecken. Der MarTech-Markt ist mit aktuell über 7000 Einzelprodukten extrem unübersichtlich geworden. Ein großes Risiko besteht darin, ein einzelnes Problem, zum Beispiel den Aufbau eines Webshops mit einem genau für diesen einen Zweck entwickelten Produkt zu losen. Beim nächsten Problem dann das nächste spezialisierte Produkt. Dieser „Best-of-Breed“-Ansatz fuhrt zwar im ersten Schritt oft zu schnellen Ergebnissen, birgt aber das Risiko, schon bald einen Flickenteppich von einzelnen Losungen miteinander integrieren zu müssen. Warum?

Der Kunde/Konsument/Businesspartner nimmt das Unternehmen immer als Gesamtheit war. Sind die einzelnen Schnittstellen nicht aufeinander abgestimmt, fuhrt das zwangsläufig zu einer nicht optimalen Customer Experience. Oder freuen Sie sich, wenn Sie kurz nach dem Kauf eines Produktes genau dieses Produkt von Ihrem Lieferanten zu deutlich günstigeren Konditionen angeboten bekommen, nur weil die Systeme nicht erkannt haben, dass der Kauf, die Konversion schon längst stattgefunden hat. Eben. Integration von Prozessen und Daten, die Überwindung von Abteilungsgrenzen ist deshalb das große Versprechen der unterschiedlichen Suite-Anbieter. Integration out of the box, natürlich mit offenen Schnittstellen, immer mehr einem Hauch von Open Source und selbstredend mit einem Partner-Ecosystem, das eine Vielzahl von Erweiterungen auf der Standard-Plattform anbietet.

Ja, diese Lösungen gibt es wirklich. Und ja, auch wenn man die Marketingschleifen mal weglasst und sich der höheren Komplexität der Projekte bewusst ist, bleibt der Vorteil der ganzheitlichen Sicht auf den Kunden, basierend auf einer zentralen Datenbasis. Der Kunde nimmt ein Unternehmen immer nur als Gesamtheit war, er muss sich nicht für die Details, Limitierungen, Herausforderungen von einzelnen Abteilungen interessieren. Und genau deshalb ist diese „Ganzheitlichkeit“ so entscheidend für eine positive Gestaltung der Customer Experience.

Daten. Immer wieder Daten

Datenbasiertes Marketing setzt – richtig – Daten voraus. Je mehr desto besser. Denn jede „intelligente“ Datenanalyse lebt ja davon, innerhalb einer Datenbasis wiederkehrende Muster zu erkennen. Und je größer die Datenbasis, desto aussagekräftiger die Ergebnisse. Und desto besser lässt sich die „digitale Körpersprache“ eines Kunden lesen. Dabei geht es, schon aus Datenschutzgründen, natürlich nie um das Individuum, sondern immer um das Segment. Wobei die betagte Vision des „Segment of One“, also die Möglichkeit, den einzelnen Konsumenten zu erkennen und individuell zu erreichen, heute zumindest technisch eine reale Möglichkeit ist. Im ersten Schritt ging es „nur“ darum, einer Person/Persona die richtige Botschaft zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal auszuspielen – was natürlich sehr viel einfacher gesagt als getan ist. Im zweiten Schritt erleben wir jetzt die Möglichkeiten der Personalisierung nicht nur auf Kommunikationsebene, sondern auch auf Produkt und Serviceebene. Und dabei geht es nicht mehr nur um den Spezialanlagenbau oder die Variantenfertigung. Mass Customization hat den Massenmarkt erreicht, mit einer stetig wachsenden Produktvielfalt – von der individuellen Briefmarke über die individuelle Brille im 3-D-Druckverfahren bis hin zum unvermeidlichen Sportschuh. Interessenten frühzeitig identifizieren, individualisiert ansprechen, beim Kauf und danach kompetent begleiten und den Produktions- und Logistikprozess perfekt auf die Nachfrage abstimmen. Wenn diese Elemente gegeben sind, wird auch ein „Schuh“ draus.

Datenquellen

Wenn Daten wirklich das neue Öl sind, wird es Zeit, sich auf die Suche der entsprechenden Ölquellen zu machen. Dabei müssen wir entlang der Buyer Journey zwei wesentliche Phasen unterscheiden:

1. Der anonyme Besucher (vor der Konversion)

2. Der bekannte (identifizierte) Besucher

Ziel ist es in beiden Fällen, relevante Informationen über den Besucher zu sammeln, diese Information auszuwerten und in Echtzeit optimierten Content für den Besucher auszuspielen. Beispiele für verfügbare Information sind Geolocation, Uhrzeit, Gerät und Zugriffsquelle (Direct, Referral, Organic, Paid). Diese wenigen Informationen lassen bereits eine wirksame Optimierung der Webseite zu. Werden die Daten gesammelt und mit dem Klickverhalten der Gesamtheit der Besucher in Verbindung gesetzt, lassen sich sinnvolle Prognosen über die nächste mögliche Aktion erstellen. Entsprechende Analyse- und Optimierungslosungen können selbstständig Besuchersegmente erstellen, informieren über Abweichungen von der (zuvor definierten) Norm und bieten im Zusammenspiel mit Content-Management und Asset-Management System einen deutlichen Mehrwert für das Unternehmen. Voraussetzung ist natürlich immer, dass auch der entsprechende Content jeweils verfügbar ist. Die beste Segmentierung und Personalisierung helfen nicht, wenn der benötigte (personalisierte) Content nicht verfügbar ist.