Plastikflut - was machen Aldi, Lidl, Rewe und Co.?
Salate in Plastikschalen, Gurken in Plastikfolien, Bananen in Plastiktüten und vorgeschnittenes Obst „to go“ in Plastikbechern. Wenn man den Supermarkt betritt und den Blick schweifen lässt, fällt einem vor allem eines auf: Plastikverpackungen. Soweit das Auge reicht verschiedenste Produkte, welche einmal oder gar mehrfach zum Schutz oder aus hygienischen Gründen in Plastik verpackt sind.
Doch gerade in der heutigen Zeit, in der in den Medien immer wieder von der enormen Menge von Plastikteilen in unseren Meeren berichtet wird, die sich zu ganzen Plastikinseln ansammeln und somit die Gesundheit und das Leben der Meeresbewohner bedrohen, sollte man sich vermehrt Gedanken über die Sinnhaftigkeit bestimmter Verpackungen machen. Vor allem bei Produkten, die bereits einen eigenen „Schutz“ besitzen, wie Bananen oder Gurken, scheint eine zusätzliche Plastikhülle nicht vonnöten zu sein. Genau da möchten und müssen die Supermärkte aktuell ansetzen, denn der Ruf nach Veränderungen geht auch an ihnen nicht spurlos vorbei.
Was hat sich in den deutschen Supermärkten und Discountern bisher getan? Was ist noch verbesserungsbedürftig und wie sieht die Zukunft aus?
Bisherige Erfolge – bereits Kleinigkeiten bringen Veränderungen
Betrachtet man die verschiedenen Discounter in Deutschland, ihre Fortschritte, Ziele und Versprechungen, lässt sich eines sicher sagen: Es tut sich was! Mit der Verbannung der Einweg-Knotenbeutel hat bei den meisten Discountern der Kampf gegen die Plastikberge begonnen, wodurch alle bereits eine große Menge Kunststoff einsparen konnten. Lidl, Edeka und die Rewe Group haben daraufhin eine Alternative, die sognannten Mehrweg-Frischenetze, fest in ihr Sortiment aufgenommen. Somit können die Kunden ihr Obst und Gemüse, aber auch Brötchen, sicher nach Hause transportieren und den Beutel beim nächsten Einkauf wiederverwenden.
Sowohl Lidl als auch Aldi konnten bezüglich der anfallenden Kartonagen und Folien in den Filialen und Logistikzentren eine Recyclingrate von 100 Prozent erreichen.
Edeka und die Rewe Group setzten bei der Kennzeichnung ihrer Produkte auf „natürliche“ Labelings (Natural Branding). Durch einen gebündelten Lichtstrahl können die Produkte mit einem Logo und Informationen versehen werden. Edeka nutzt diese Laser-Gravur bereits bei mehreren Produkten. Kiwis, Wassermelonen und Avocados sind dabei nur einige Beispiele. Hier gehen die Discounter einen Schritt weiter: Sie verzichten nicht nur auf die Verpackungen, sondern ebenfalls auf das Etikett.
Bei manchen Problemstellungen suchen die Discounter nach individuellen Lösungen und Ansätzen.
Um immer wieder überprüfen zu können, ob Verpackungen notwendig sind oder gar reduziert werden können, hat Aldi beispielsweise ein Bewertungssystem entwickelt. Mit diesem System können Verpackungen auf Nachhaltigkeitskriterien untersucht und gleichzeitig optimiert werden. In den letzten Jahren konnten sie so eine Reduzierung der Gesamtmenge der Verkaufsverpackungen ihrer Eigenmarken um 10 Prozent erreichen. Durch die Nutzung von Mehrwegtransportkisten im Bereich Obst und Gemüse konnten im Jahr 2017 bereits 30.000 Tonnen Kartonagen vermieden werden. Viele Verpackungen der Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel mit dem Ecolabel bestehen aus recycelten Kunststoffen. Das spart jährlich mehr als 100 Tonnen Primärkunststoff ein.
Lidl bietet bereits seit langer Zeit eine große Auswahl an unverpacktem Obst und Gemüse an, wodurch die Kunden die Möglichkeit haben, auf verpacktes Obst und Gemüse fast gänzlich zu verzichten. Eine weitere Neuerung führte der Discounter im Juli 2019 ein: Das sogenannte „verantwortlicher verpackt“-Logo ist eine Verpackungskennzeichnung der Eigenmarkenprodukte, womit sowohl die Plastikreduktion, als auch die Steigerung der Recyclingfähigkeit für den Kunden erkennbar sind. So ist beispielsweise einsehbar, dass allein durch die Reduktion der Foliendicke der Toastbrotverpackung um 25 Prozent, jährlich 42,2 Tonnen Kunststoff gespart werden.
Rewe konnte durch seine Veränderungen bereits jetzt erreichen, dass jährlich 5.400 Tonnen Kunststoff eingespart werden können. Als erste Einzelhändler verzichteten Rewe, Penny und toom Baumarkt auf den Verkauf von Plastikhalmen und bieten seit dem Frühjahr 2019 Alternativen an. Die Bananen werden seit 2017 sowohl bei Penny als auch bei Rewe unverpackt verkauft. Außerdem testet die Rewe Group als erster Lebensmittelhändler ein neues Verpackungsmaterial. Das sogenannte „Graspapier“ besteht zu 60 Prozent aus Gras und zu 40 Prozent aus Holz.
Edeka möchte ebenfalls den eigenen ökologischen Fußabdruck bei Produkt- und Transportverpackungen der Eigenmarken reduzieren. Dazu wurden bereits große Teile der Produktverpackungen auf Recycling oder FSC®-zertifiziertes Papier umgestellt. Die Transportverpackungen befinden sich ebenfalls in der Umstellung. Ständig werden die Verpackungen auf eine effiziente Gestaltung, ihre Recyclingfähigkeit, den Anteil von Recyclingmaterialien sowie die zertifizierte Herkunft nachwachsender Rohstoffe kontrolliert. Bei ihren PET-Wasserflaschen konnten sie den Materialeinsatz auf das technisch mögliche Minimalgewicht reduzieren, wodurch 80.000 Tonnen Plastikmüll gespart werden konnten. An den Frischetheken hat Edeka in einzelnen Märkten bereits Mehrwegdosen eingeführt, die ein Ersparnis von 1 kg Verpackungsmaterial täglich pro teilnehmenden Markt ermöglichen. Ziel ist es, diese Dosen in allen Märkten bundesweit anzubieten.
Noch lange nicht am Ziel – wie geht es weiter?
Auf dem Erfolg der letzten Jahre wollen und dürfen sich die Discounter jedoch nicht ausruhen. Es gibt immer noch Stellen, an denen der Plastikverbrauch verringert werden kann, weshalb sich die Unternehmen langfristige Ziele gesetzt haben:
Aldi möchte bis 2025 die Verpackungsmenge ihrer Eigenmarke um 30 Prozent verringern und bis 2022 sollen 100 Prozent des Standardsortiments recyclingfähig sein. Des Weiteren soll das Angebot an unverpacktem Obst und Gemüse in den nächsten Jahren stetig ausgeweitet werden.
Ähnliche Ziele setzt sich Lidl: Bis 2025 soll der Plastikverbrauch in den Discountern in Deutschland um mindestens 20 Prozent verringert werden, auch die Kunststoffverpackungen der Eigenmarke sollen zu 100 Prozent recyclingfähig sein. Auf festes Mikroplastik möchte Lidl bei seinen Eigenmarken im Kosmetik- und Pflegesortiment bis 2020 gänzlich verzichten. Eine große Veränderung möchte der Discounter bis Ende 2019 erreichen. Einwegplastikartikel wie Trinkhalme, Teller, Bestecke oder Wattestäbchen sollen vollständig aus dem Sortiment verschwinden. Damit die Kunden nicht auf Einwegprodukte verzichten müssen, arbeitet Lidl mit seinen Lieferanten an alternativen recycelbaren Materialien.
Bis 2030 möchte Rewe 100 Prozent umweltfreundlichere Eigenmarken-Verpackungen.
Shampoo in der Papierflasche? – L´Oréal machts vor
Auf die umweltfreundliche Gestaltung der Eigenmarkenprodukte können die Discounter selbst Einfluss nehmen. Bei Produkten, die von anderen Firmen bezogen werden, ist dies nicht möglich. Die Produkthersteller müssen wie der Handel zu ihrer Verantwortung für die Umwelt stehen. L‘Oréal geht hier mit gutem Beispiel voran und entwickelt mit Albéa die erste Tube für Kosmetikverpackungen auf Papierbasis. Bei der Kosmetiktube wird Plastik größtenteils durch ein biobasiertes und zertifiziertes papierähnliches Material ersetzt. Die neue technologische Lösung wird in Kürze für die Marke Garnier eingesetzt, die erste industrielle Produktion ist im Jahr 2020 geplant. Um dieses Ziel zu beschleunigen, ist der Kosmetikhersteller nun Mitglied bei der „Paper Bottle Community“, eine Initiative des dänischen Entwicklers von Papierflaschen PaBoCo (Paper Bottle Company). Nach eigenen Angaben ist L´Oréal das erste Kosmetik-Unternehmen, das sich in dieser Initiative engagiert. Ziel ist es, dass bis 2025 alle Kunststoffverpackungen von L´Oréal wiederbefüllbar, wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar sind.
Unverpackt Läden – die Zukunft der Supermärkte?
Wem das Ganze noch nicht reicht und wer gerne gänzlich auf Verpackungen verzichten möchte, kann seinen Einkauf auch in einem sogenannten „Unverpackt-Laden“ tätigen. Das Besondere dabei ist, wie schon der Name sagt, dass alle Produkte unverpackt erhältlich sind. Wenn man den Laden betritt, sieht man ausschließlich Kisten mit losem Obst und Gemüse, große Kanister und Metallgefäße mit verschiedensten Waren oder Glasgefäße gefüllt mit Nudeln und Ähnlichem. Die benötigte Verpackung nimmt der Kunde von zu Hause mit oder kauft sie direkt vor Ort. Dabei reicht die Auswahl von Stoffbeuteln, Gemüsenetzen, Schraubgläsern und Papierbeuteln über Plastikdosen und Einkaufsnetze. Im Voraus werden die verschiedenen Verpackungen gewogen, damit später das Eigengewicht an der Kasse nicht mitberechnet wird. Im Hinterkopf sollte man dabei jedoch behalten, dass die Ware, die dort verkauft wird, ebenfalls in Verpackungen ankommt. Zwar sind die Verpackungsgrößen deutlich größer und möglichst minimalistisch und umweltfreundlich, aber ein Einkauf ganz ohne Verpackungen ist auch hier nicht möglich.
Quellen:
https://www.lidl-nachhaltigkeit.de/nachhaltigkeit-bei-lidl/plastikreduktion/
https://unternehmen.aldi-sued.de/de/verantwortung/umwelt/verpackungen-und-plastik/
https://www.rewe-group.com/de/nachhaltigkeit/vermeiden-verringern-verbessern
https://www.edeka.de/nachhaltigkeit/unsere-wwf-partnerschaft/wwf-100-gute-nachrichten.jsp#1486524
https://www.loreal.de/medien/news/2019/oktober-2019/paboco
https://www.loreal.de/medien/news/2019/oktober-2019/co2-neutralitaet-bis-2050
https://www.loreal.de/medien/news/2019/oktober-2019/papierbasierte-tube
Alle abgerufen am 06.11.2019