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Data-Driven Journey Planning

Von Kanalplanung zum Data-Driven Journey Planning. Einfluss von Daten auf die Customer Journey.
Ron Warncke | 29.09.2015
Insights sind die Grundpfeiler einer jeden Mediastrategie, sowohl im digitalen wie in den klassischen Kanälen. Spätestens seit der zunehmenden Fragmentierung der Mediakanäle und einer steigenden Anzahl an genutzten Devices sind diese Insights eine Dimension reicher. Sekundär erhobene Daten aus diversen Quellen halten Einzug in die Strategieschmieden von Unternehmen und Agenturen. Während lange Marktforschungs- und Vertriebsdaten eine dominierende Rolle spielten, erhöht sich die Anzahl von sogenannten Realtime-Daten und Signale, die bei der strategischen Planung berücksichtigt werden müssen. Unter den genannten Signalen werden Datenströme zusammengefasst, die insbesondere in den digitalen Kanälen entstehen, Informationen auf Facebook oder Twitter, Profilangaben, Likes, Shares sowie Reaktionen auf Themen und das Besuchen verschiedener Seiten. Ständig geben User Signale ab, die wiederum Informationen über Interessen, Bedürfnisse und Anschaffungspläne vermitteln.

Die Verarbeitung dieser Daten gehört auf operativer Ebene zum Handwerkszeug eines Mediaplaners oder Account Managers. Sie sind insbesondere Basis für ein effizientes Werben in Search, Affiliate, eCRM (Electronic Customer Relationship Management), Performance-Display und Paid Social, wo der Anteil der taktischen Steuerung einen besonderen Fokus einnimmt. Die strategische Planung benötigt ein stringentes Konzept bei der Einbindung der Daten, um die Orchestrierung der Maßnahmen zu gewährleisten und die Einzelmaßnahmen zu einer integrierten Customer-Journey-Planung und darauf aufbauend in eine Insights-Driven Mediastrategie zu überführen. Erst die Kombination aus gelernten, klassischen Ansätzen zur Insights-Generierung und Umwandlung in Strategiekonzepte mit den neuen Signalen ergänzt sich zu einer Insights-Driven Mediastrategie. Dabei integriert sie den gesamten Mediakreislauf.

Digitales Ökosystem: Owned, Earned und Paid Media

Das digitale Mediageschäft ist komplex mit vielen Ausprägungen. Die vielfältigen Kanäle und Medien lassen sich aber grob zusammenfassen in die Bereiche Owned Media, Kanäle die ausschließlich von dem Unternehmen bespielt werden, Paid Media, gekaufte Medialeistungen, und Earned Media, verdiente Medialeistung wie Word-of-Mouth oder virale Effekte. Jeder dieser Bereiche spielt eine oder mehrere Rollen in der Mediastrategie mit einer situationsabhängigen Stärke. Meist wird Earnd Media die größte potenzielle Reichweite eingeräumt, allerdings verschwimmt über eine zunehmende Kommerzialisierung der Social-Kanäle, Foren und Blogs die Rolle zwischen bezahlter und verdienter Medialeistung. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass über verbesserte Daten und dazugehörigen Targeting-Möglichkeiten in den Paid-Kanälen die Reichweiten immer stärker nach Relevanz ausgesteuert werden können und so der Anteil an relevanter Reichweite innerhalb der Zielgruppe steigt. Die Aufgabe von Data-Driven Marketing in der strategischen Planung ist in den jeweiligen Bereichen die beste Performance zu gewährleisten und die jeweilige Rolle innerhalb der Customer Journey optimal zu unterstützen.

Die Rolle von Daten im Ökosystem

Paid Media:
Hier geht es einmal um die kontinuierliche Verbesserung der taktisch geprägten Aussteuerung der Maßnahmen, von Gebotsstrategien auf Keyword-Ebene bis zur Ausspielung angepasster Maßnahmen auf mobilen Devices, und aus strategischer Sicht die Insights-basierte Definition von relevanten Kanälen, Kontaktfrequenzen und Targetings, um die Reichweite optimal auszuschöpfen und gleichzeitig die Kontrolle über Streuverluste zu behalten.

Owned Media:
Daten sind hier die relevanten Quellen, um relevante Inhalte bereitzustellen, die Kunden nicht nur entertainen, sondern auch zu einer Interaktion mit der Marke, dem Kanal animieren. Hierbei geht es nicht nur um redaktionelle Inhalte auf der Website oder den Social-Kanälen, auch jegliche Art von Werbemitteln, ob digital oder klassisch, spielen hier eine wichtige Rolle. Die entscheidende Frage ist: Welche Botschaft muss an welche Zielgruppe, in welcher Situation, über welchen Kanal oder welchem Placement, in welchem Format und auf welche kreative Art und Weise transportiert werden? Aus diesen sieben Grundkriterien mit jeweils unterschiedlichen Ausprägungen ergeben sich im digitalen Bereich schier endlose Kombinationsmöglichkeiten, die nur datenunterstützt priorisiert werden können.

Earned Media:
Da dieser Bereich am wenigsten der Kontrolle von Unternehmen unterliegt, ist hier auch der strategische Einsatz von Daten differenziert von den beiden anderen Bereichen zu sehen. Hier geht es stärker um das Beobachten, wie sich Inhalte, häufig injiziert über Owned oder Paid Media, verbreiten und sich durch den User verändern. Eingesetzt werden hier Daten, um Entwicklungen zu unterstützen, in geringem Maße zu steuern und auch auf nicht selbst injizierte Themen aufzusetzen. Da dies in Realtime passieren muss, ist die Grundlage hierfür eine strategische Planung wie auf mögliche Entwicklungen reagiert werden kann und welcher Grundausrichtung diese schnellen Reaktionen folgen müssen, um einmal dem Unternehmensziel zu dienen und zweitens auch kurzfristig ohne große Abstimmungsprozesse umgesetzt werden können. Eine weitere Verbindung zwischen Earned Media und der datengetriebenen Strategieplanung liegt in der Tatsache, dass dieser Bereich per se eine der relevantesten Quellen für die bereits erwähnten Signale und mehr für aus dem Bereich Social-Monitoring und -Analytics kommenden Marktforschungsansätze ist.

Paradigmenwechsel in der Dateninterpretation

Wie bereits erwähnt, liegt die besondere Herausforderung in der Integration von Signalen in die bewährten Planungssteps der Strategieentwicklungsprozesse. Grundsätzlicher Unterschied der Datentöpfe, und deshalb ein Paradigmenwechsel in der Arbeit mit diesen, liegt im Zusammenhang von Hypothese und Bestätigung/Antwort. Befragungen werden initiiert, um eine bestimmte Fragestellung zu beantworten und folglich sind die Ergebnisse bestenfalls Eins zu Eins übertragbar. Bei Signalen ist es im Normalfall so, dass sie bei einer Interaktion eines Users mit einer Website oder einem Werbemittel sowie bei der alltäglichen Internetnutzung, dem Onlineshopping, genereller Informationssuche oder dem Austausch in sozialen Netzwerken anfallen.

Die Beziehung zwischen (digitalen) Signalen und Insights sind diesbezüglich komplexer beziehungsweise fallen häufig losgelöst von der Fragestellung an. Dieser Sachverhalt erklärt einen Großteil der Problematik bei der Überführung von großen Datenmengen in handlungsrelevante Empfehlungen. Überspitzt gesagt, muss für eine wirklich strategische Nutzung der Signale nach der Fragestellung oder besser der Hypothese gesucht werden, die die vorhandenen Daten beantworten. Erfolgsfaktor ist hier, den menschlichen Intellekt zur abstrakten Hypothesenbildung mit den technischen Möglichkeiten der Datenbereitstellung und -auswertung zu verbinden. Ohne diese Kombination besteht die Gefahr, immer weitere Daten anzuhäufen und sich darin zu verlieren beziehungsweise die allzu wichtigen Quick Wins in einer schneller drehenden Mediawelt zu sichern.

Quick Wins sind wichtig, um die Akzeptanz bei der Integration von zusätzlichen Daten in die strategische und taktische Planung zu integrieren. Kaum ein Unternehmen kann es sich leisten, dass ganze Teams von Analysten, die gleichzeitig einschlägiges Marketing-Know-how mitbringen, Monate lang Daten auswerten, bis ein Ergebnisse zu einer bisher unbekannten Frage generiert wurde. Soviel Kreativität bei der Analyse der Daten auch gewünscht ist, so relevant ist Pragmatismus. Trotzdem darf das Arbeiten mit Daten nicht bedeuten, dass die Kreativität gänzlich verloren geht und das Korsett zu eng geschnürt wird. Die Herausforderung besteht darin, eine Leitlinie aus der strategischen Planung vorzugeben, einen Anker, der dafür sorgt, dass man nie zu weit von der Anwendung abtreibt.

Für den Bereich Marketing und Media liefert das Konstrukt der Customer Journey eine wichtige Orientierungshilfe. Strategische Planung anhand der Customer Journey hat den Vorteil, dass das Modell sowohl zur Simplifizierung von Zusammenhängen und somit der Operationalisierung dient, aber auch die Ausrichtung von Teilprojekten des Data-Driven Marketings sichert. Zudem ermöglicht eine konsistente Customer-Journey-Betrachtung die häufige Schwelle zwischen strategischer Planung und operativer Umsetzung zu überwinden.

Guide to Data-Driven Customer Journey Planning

Im Fokus dieser Art der Mediaplanung steht neben dem Konsumenten immer die Konzentration auf die Punkte Herausforderung und Lösung. Basis ist die Analyse der verschiedenen Steps der Customer Journey. Am effizientesten ist es im Rahmen eines Workshops, die aktuelle Customer Journey nachzubauen. Ein Touchpoint Mapping stellt dabei die Ausgangslage dar. Dies bedeutet, die Journey wird im Rahmen eines interaktiven Prozesses geplottet. Als wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung und Sicherung eines „Customer Point of View“ hat sich hier die Nutzung von (Buyer) Personas herausgestellt. Anhand dieser Persona kann ein typisches Zielgruppensegment anschaulich visualisiert und zum Leben erweckt werden. Schon hier stellen sich Daten als zielführende Grundvoraussetzung für eine relevante Segment- und Persona-Bildung dar.

Aufgaben der verschiedenen Schritte des Prozesses sind es, die verschiedenen Entscheidungsphasen der User realistisch darzustellen, ihre Touchpoints mit einer Marke zu integrieren sowie die jeweiligen Bedürfnisse und Herausforderungen an die Kommunikation zu identifizieren. Als Ergebnis ergeben sich ein klares Bild und ein abgeleiteter Plan, an welcher Stelle der Journey welcher Kanal mit welcher Botschaft und welcher Relevanz gespielt werden muss. Aus dieser klassischen Customer-Journey-Planung gehen wir einen Schritt weiter. Es gilt, die Ebene der Daten zu integrieren, das heißt, Daten und deren Nutzung nicht nur als Input für die strategische Planung zu nutzen, sondern als Dimension entlang der gesamten Journey zu integrieren.

Von Kanalplanung zum Data-Driven Journey Planning


Es handelt sich hier sowohl um das generelle Prinzip einer konsistenten Führung des Kunden durch die Journey, zum Beispiel über die gezielte Integration einer Retargeting-Strategie und der damit einhergehenden Datennutzung von einem Schritt in der Journey für die Aussteuerung des nächsten Schrittes, häufig von Engagement zu Intent to Purchase. Losgelöst von diesen Mechanismen der generellen Steuerung werden alle Phasen der Customer Journey mit jedem Touchpoint und identifizierten Bedürfnis der User durchgegangen und geprüft, ob mithilfe einer datengetriebenen Aussteuerung das Bedürfnis des Kunden oder die Herausforderung an die Marketingsteuerung erfüllt werden kann. Das bedeutet, sich an jeder Stelle zu fragen, ob beispielsweise eine dynamische Anpassung der Werbemittel/-botschaft einen Mehrwert liefert, das Fehlen von Informationen über den Kunden aus Signalen gewonnen werden kann oder generell eine datengestützte Maßnahme an dieser Stelle einen Mehrwert liefern könnte.

Erst in einem nächsten Schritt werden die vorhanden Datenquellen in das Bild der Journey integriert, um sich nicht frühzeitig des kreativen Moments, der unvoreingenommenen Wunschvorstellung, zu nehmen. Denn im nächsten Schritt kommen Analysten wieder ins Spiel. Durch das Vorgehen können marketingrelevante Hypothesen für die einzelnen Schritte der Journey abgeleitet werden, die als Input für die gezielte Auswertung der Datentöpfe sowie der Erschließung neuer Quellen und gegebenenfalls das Zukaufen von Informationen dienen. Das dargestellte Vorgehen eines integrierten Planungsprozesse aus strategischer Planung, operativer Umsetzung und zielgerichteter Daten- und Analysestrategie bietet die größtmögliche Sicherheit für eine nachhaltige Leistungssteigerung der Marketingmaßnahmen, der agilen Integration neuer Touchpoints und Datentöpfe sowie der Gewinnung der häufig genannten Quick Wins.

Einfluss von Daten auf die Customer Journey

Das dargestellte Verfahren liefert ein sehr individuelles Set an datengetriebenen Maßnahmen für eine Steigerung der Marketingperformance. Trotzdem gibt es einige typische Datenquellen und daraus resultierende Maßnahmen für die relevantesten Stufen der Customer Journey.

Overall Potenzial:
Hier gilt es über verschiedene Quellen das Gesamtpotenzial für die Marke oder das Produkt zu bestimmen. Dominiert wird diese Phase von den klassischen Markt-Media-Studien und individuellen Kundenstudien. Zusätzlich kommen aber auch Informationen zu Suchvolumen, Social-Media-Daten und Informationen aus Third-Party-Daten zur Veredelung in Frage.

Awareness:

Reichweiteninformationen zu Websites, Penetration von verschiedenen Channels und spezifische Targeting-Kriterien spielen hier eine wichtige Rolle, um das Gesamtpotenzial anzusprechen. Im Fokus stehen hier Informationen über potenzielle Kunden, in deren Köpfen die Marke noch nicht vorhanden oder nicht verankert ist. Ein Beispiel, wie man diese Erstansprachegruppe über Daten eingrenzen kann, ist das Ausschließen aktueller Kunden über Mechanismen wie Custom Audiences auf Facebook. Um im digitalen Umfeld die Aufmerksamkeit für neue Produkte zu erhöhen, ist zudem eine starke Botschaft und Kreativleistung nötig, die den User auf verschiedenen Ebenen und angepasst auf seine derzeitige Situation anspricht. Eine Option sind hier dynamische Inhalte im Display-Advertising, die das beworbene Produkt mit dem aktuellen Wetter in Verbindung bringen. Für den Bereich Nahrungsmittel wäre so eine Genusssituation im Freien bei gutem Wetter anzuzeigen, wohingegen bei schlechterem Wetter eine Situation vor dem Fernseher, Kamin oder am Mittagstisch das Umfeld eine höhere motivatorische Ansprache schafft.

Engagement:

Je weiter in der Customer Journey vorangeschritten wird, desto mehr Signale sind bereits über den User vorhanden. Vergleichen lassen sich hier die Mechanismen mit der Offlinewelt. So wird häufig schon nach dem ersten Besuch die Verkäuferin im Tante-Emma-Laden oder der Besitzer des neuen Stammitalieners einen beim Wiederkehren erkennen und individuell ansprechen. Online passiert dies durch individuelle Landingpages, die in Abhängigkeit vom Referrer oder vorhandener Cookie-Informationen die Begrüßung, ein gezieltes Angebot oder datengetrieben den Content generieren, der dem User Argumente liefert, die an diesem Step entscheidungsrelevant sind.

Die Individualisierung muss aber nicht erst auf der Website erfolgen. Über die Einbindung von Third-Party-Daten oder die bereitstehenden Targeting-Optionen einiger Kanäle lassen sich Gebote und Botschaften individuell auf Segmente zuschneiden. Besondere Chancen bietet dies bei der Synchronisierung von Reichweitenkampagnen, zum Beispiel im TV, und den digitalen Kanälen über ein Runterbrechen der häufig generischen Botschaft im Massenmedium auf individuelle Botschaften für die einzelnen Segmente und einer damit einhergehenden Relevanzsteigerung.

Performance:
Je näher der Abschluss rückt, desto genauer wird das Bild des potenziellen Kunden. Eindeutigere Signale dominieren diesen Bereich. Als Reaktion darauf steht Werbetreibenden ein breites Portfolio an datengestützten Maßnahmen zur Verfügung. Im Search werden Gebote und Anzeigen angepasst, Interessenten über Retargeting gezielt Produkte und Angebote ausgespielt, Warenkorbabbrecher bekommen Erinnerungs-Mails, mit Affiliate über Partneraktionen gezielt akquiriert und auf mobilen Geräten für eine bessere User Experience der Bestellprozess schon vorausgefüllt.

Wie die Beispiele zeigen, verhelfen die Möglichkeiten des Data-Driven Marketings die strategische Planung genauer und näher an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren, insbesondere in sich schnell ändernden Medienlandschaften. Zusätzlich lässt sich durch die integrierte Planung der Gap zwischen strategischer Ebene und operativer Aussteuerung überwinden sowie Hypothesen für die explorative Arbeit mit Datentöpfen liefern. Touchpoint Mapping, Persona-Bildung, Customer-Journey-Workshops und integriertes Data-Driven Journey Planning sind Methoden, die diesen Prozess aus strategischer Sicht unterstützen.

Literatur:


[1] Lord, J.: A Quick Guide to Customer Journey Mapping – BigDoor Blog, 2013.
[2] Newman, D.: The Role of Paid, Owned And Earned Media In Your Marketing Strategy – Forbes, 2014.
[3] Warncke, R.: Customer Journey Tracking and Mapping – Whitepaper explido»iProspect, 2013.
[4] Winters, P.: Customer Strategy – Aus Kundensicht denken und handeln – inkl. Arbeitshilfen online – Haufe, 2014.
[5] Williams, D.: Connected CRM: Implementing a Data-Driven, Customer-Centric Business Strategy. – Wiley, 2014.