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Loveparade: Erste Termine in Zivilverfahren stehen bevor

Timo Schutt | 10.06.2015
Während die strafrechtliche Aufarbeitung der Katastrophe auf der Loveparade 2010 in Duisburg noch auf sich warten lässt, sollen wohl im September oder Oktober die ersten Termine laufender Zivilklagen stattfinden.

In den bisher 20 Zivilklagen klagen Betroffene auf Schadenersatz und Schmerzensgeld u.a. aufgrund posttraumatischer Störungen. Es soll dabei um Klageforderungen zwischen 30.000 und 150.000 Euro gehen. Die Klagen richten sich gegen die Veranstalterfirma Lopavent, ihren Geschäftsführer, das Land NRW und die Stadt Duisburg.

Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Im Strafprozess geht es um die persönliche Schuld möglicher Verantwortlicher und die Frage, ob und wie sie bestraft werden können bzw. müssen.

In einem Zivilprozess geht es hingegen um Schadenersatzforderungen oder Schmerzensgeld.

Beide Verfahren funktionieren unterschiedlich, es gibt für den Strafprozess die Strafprozessordnung, im Zivilrecht gibt es die Zivilprozessordnung. Aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Verfahren können solche Verfahren zwar denselben Vorfall zum Gegenstand haben, aber durchaus unterschiedlich enden: So kann es durchaus sein, dass ein Angeklagter im Strafprozess freigesprochen wird, während er im Zivilprozess zur Schadenersatzzahlung verurteilt wird.

Warum: Im Strafprozess fragt man nach der ganz persönlichen, individuellen Schuld. War der Täter bspw. überfordert, erschrocken oder auch betrunken, dann hat das Einfluss auf seine Schuld – möglich ist, dass man diesem Täter diesen Vorfall nicht vorwerfen kann.

Im Zivilprozess hingegen geht es weniger um die sehr individuelle Schuld, sondern man betrachtet die Sache objektiver. Das persönliche Versagen des Verantwortlichen mag im Strafprozess zum Freispruch führen können, im Zivilprozess bedeutet das aber noch lange keine Klagabweisung.

Auch die Beweisführung ist sehr unterschiedlich: Im Zivilprozess muss der Kläger beweisen, dass sein Anspruch besteht. Im Strafprozess muss der Angeklagte theoretisch gar nichts tun, vielmehr muss hier der Ankläger (die Staatsanwaltschaft) die Beweise bringen.

Bei Schadensfällen ist es daher oft so, dass der Zivilprozess erst beginnt, wenn der Strafprozess durch ist: Denn dann kann der Zivilkläger vielfach Beweise aus dem Strafprozess auch im Zivilprozess “kopieren”.

Bei extremen Schadenslagen mit vielen Geschädigten aber muss man natürlich aufpassen, dass man nicht zu lange wartet: Einerseits gibt es Verjährungsgrenzen, andererseits kann es auch sein, dass der Beklagte irgendwann kein Geld mehr hat, um auch den letzten Kläger Schadenersatz zu zahlen… je später man also seine Klage erhebt, desto größer das Risiko, dass man Jahre später nichts mehr bekommt, weil die früheren Kläger vorher schon in alles vollstreckt haben.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)