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Kuddelmuddel im Vertrag kostet unnötig Zeit und Geld

Timo Schutt | 08.10.2012
Bei komplexen Vertragsverhandlungen kommt es vor, dass die Vertragsparteien aneinander vorbeireden oder übersehen, wichtige Punkte zu klären. Der Bundesgerichtshof hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, wann ein widersprüchlicher Vertrag komplett unwirksam ist.

Konkret ging es um Reinigungsleistungen; es gab ein Angebot, eine Anlage zum Angebot, ein Gesprächsprotokoll und einen „Auftrag“ mit mehreren Anlagen. Zentraler Vertragspunkt war eine pauschale Kostenregelung über 38.500 Euro für eine „Reinigung pauschal“. Angegeben waren auch 15,40 Euro als „optionaler Stundensatz“.

Nach dem Ende aller Arbeiten stellte der Auftragnehmer insgesamt ca. 800.000 Euro in Rechnung, da er 37.000 Stunden Reinigungsleistungen erbracht habe. Der Auftraggeber meinte, dass er nur die Pauschale würde zahlen müssen.
Aufgrund des Durcheinanders in den Unterlagen entschied das Oberlandesgericht München, dass es gar nicht zu einem Vertragschluss gekommen wäre – juristisch ausgedrückt lag nach Auffassung der Münchener Richter ein so genannter Dissens vor (§ 155 BGB).

Der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz weist nun darauf hin, dass bei solcherlei massiven Widersprüchen und Unklarheit wie folgt zu prüfen sei, ob der Vertrag überhaupt zustande gekommen ist:
• Eine Leistungsbeschreibung, die Bestandteil der vertraglichen Unterlagen ist, ist mit ihrem Wortlaut dann mit hoher Bedeutung maßgeblich, wenn sich diese an einen unbestimmten Bieterkreis richtet.
• Vorrangig ist stets der Wille der Vertragspartner, selbst wenn im Vertrag etwas anders steht.
• Widersprechen sich in all den Unterlagen eine spezielle Klausel und eine allgemein gehaltene Klausel, dann hat die speziellere Klausel Vorrang. Individuell formulierten Passagen kommt somit eine wichtigere Rolle zu als Textbausteinen.
• Haben die Vertragspartner die VOB/B vereinbart, dann gelten auch die Regelungen der VOB/C (siehe § 1 Absatz 1 Satz 2 VOB/B) und können helfen, Unklarheiten oder Lücken im Vertrag auszugleichen.
• Zur Ermittlung von Fachausdrücken muss das Gericht ggf. auf Sachverständige zurückgreifen.

Wie man sieht, können verschiedene Gerichte zum selben Sachverhalt unterschiedlicher Meinung sein. Dies bedeutet immer auch ein hohes Kostenrisiko für beide Beteiligten, zumal sich die Unsicherheiten über den Prozessausgang über mehrere Jahre hinziehen können.

Daher:
• Nehmen Sie sich bei den Vertragsverhandlungen und vor dem Abschluss des Vertrages ausreichend Zeit.
• Legen Sie viel Wert auf eine sorgfältige Formulierung insbesondere des Vertragsgegenstandes.
• Prüfen Sie kritisch, ob ein außenstehender Dritter das, was Sie da geschrieben haben, unproblematisch verstehen könnte. Im Zweifel lassen Sie einen Kollegen den Vertrag lesen, ob er alles verstehen kann.
• Vermeiden Sie Fachbegriffe, wenn nicht eindeutig ist, was darunter zu verstehen ist und dass der andere Vertragspartner genau weiß, was Sie meinen. Im Zweifel definieren Sie irgendwo im Vertrag einmal diesen Fachbegriff.
• Haben Sie keine Scheu, Ihren Vertragspartner zu fragen, wenn Sie etwas nicht verstehen. Jetzt haben Sie noch Zeit, Missverständnisse aufzuklären. Wenn es nachher Ärger gibt, dann sind leider oftmals vernünftige Gespräche gar nicht mehr möglich.
• Wenn es unumgänglich ist, dass mehrere Anlagen erforderlich sind, benennen Sie diese exakt, so dass Verwechslungen ausgeschlossen sind.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Vertragsgestaltung! Wenn Sie im Vorfeld einen erfahrenen Rechtsanwalt fragen, dann lassen sich der Sachverhalt noch gestalten und Fehler oder Missverständnisse frühzeitig vermeiden. Im Regelfall ist es auch kostengünstiger, den Anwalt vorher zu fragen, wenn er noch agieren kann, als wenn der Anwalt später nur noch reagieren kann. Fragen Sie nach unseren attraktiven Stundenpaketpreisen!

Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht