GEMA-Gebühren: Liegt Deutschland in Europa?
Der Europäische Gerichtshof hatte im März 2012 zwei bemerkenswerte Urteile veröffentlicht. Darin ging es um die Frage, ob die Musiknutzung in einer Zahnarztpraxis und in einem Hotel „öffentlich“ ist, so dass Lizenzgebühren an die Verwertungsgesellschaft zu zahlen sind.
Der Streit spielte sich in Italien ab. Der EuGH entschied, dass die Musiknutzung in der Arztpraxis nicht öffentlich sei. Das Argument: Die Patienten würden ja nicht wegen der Musik zum Zahnarzt gehen, sondern wegen der Zahnbehandlung. Außerdem könne der Patient der Musik gar nicht entkommen.
Beim Hotel hatte der EuGH anders entschieden: Da der Hotelgast sich der Musik durch Ausschalten des Radios entziehen könne und beim Hotel die Musik eher dafür da sei, den Gast zu unterhalten, sei diese Nutzung öffentlich.
Man kann darüber streiten, ob die Differenzierung des EuGH (1.) erforderlich und (2.) geglückt ist.
Nun stellt sich natürlich ein deutscher Zahnarzt unter Berufung auf das Urteil quer und will keine GEMA-Gebühren mehr zahlen. Die GEMA argumentiert dagegen, dass das Urteil nur Italien betreffe und die Definition von Öffentlichkeit in Italien vom deutschen Recht abweichen würde.
Letztlich wird diese Frage ein Gericht entscheiden müssen. Tatsache ist, dass der EuGH als höchste Instanz in Europa durchaus Auslegungsregeln vorgeben kann, die dann aber auch in allen europäischen Staaten anzuwenden sind. Wir selbst sind uns uneins, ob das Urteil so ohne weiteres auf Deutschland zu übertragen ist.
Letztlich hätte dies ganz erhebliche Konsequenzen und würde in vielen Grenzfällen zu Streit mit der GEMA führen. Zwei Beispiele:
• Auf einer Messe spielt der Veranstalter in einer Ecke einer Halle Musik. Passt dieser Sachverhalt nun eher zum Zahnarzt (= nichtöffentlich, und damit nicht GEMA-pflichtig) oder eher zum Hotel (= öffentlich und damit GEMA-pflichtig)?
• In einer PowerPoint-Präsentation vor Kunden stellt das Unternehmen seine Dienstleistungen vor. Eine Folie wird mit Musik hinterlegt. Zahnarzt oder Hotel?
Für beratende Dienstleister bzw. für die Veranstalter ist das eine durchaus wichtige Frage. Ich hoffe, hierzu demnächst Genaueres sagen zu können
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber und Medienrecht
Der Streit spielte sich in Italien ab. Der EuGH entschied, dass die Musiknutzung in der Arztpraxis nicht öffentlich sei. Das Argument: Die Patienten würden ja nicht wegen der Musik zum Zahnarzt gehen, sondern wegen der Zahnbehandlung. Außerdem könne der Patient der Musik gar nicht entkommen.
Beim Hotel hatte der EuGH anders entschieden: Da der Hotelgast sich der Musik durch Ausschalten des Radios entziehen könne und beim Hotel die Musik eher dafür da sei, den Gast zu unterhalten, sei diese Nutzung öffentlich.
Man kann darüber streiten, ob die Differenzierung des EuGH (1.) erforderlich und (2.) geglückt ist.
Nun stellt sich natürlich ein deutscher Zahnarzt unter Berufung auf das Urteil quer und will keine GEMA-Gebühren mehr zahlen. Die GEMA argumentiert dagegen, dass das Urteil nur Italien betreffe und die Definition von Öffentlichkeit in Italien vom deutschen Recht abweichen würde.
Letztlich wird diese Frage ein Gericht entscheiden müssen. Tatsache ist, dass der EuGH als höchste Instanz in Europa durchaus Auslegungsregeln vorgeben kann, die dann aber auch in allen europäischen Staaten anzuwenden sind. Wir selbst sind uns uneins, ob das Urteil so ohne weiteres auf Deutschland zu übertragen ist.
Letztlich hätte dies ganz erhebliche Konsequenzen und würde in vielen Grenzfällen zu Streit mit der GEMA führen. Zwei Beispiele:
• Auf einer Messe spielt der Veranstalter in einer Ecke einer Halle Musik. Passt dieser Sachverhalt nun eher zum Zahnarzt (= nichtöffentlich, und damit nicht GEMA-pflichtig) oder eher zum Hotel (= öffentlich und damit GEMA-pflichtig)?
• In einer PowerPoint-Präsentation vor Kunden stellt das Unternehmen seine Dienstleistungen vor. Eine Folie wird mit Musik hinterlegt. Zahnarzt oder Hotel?
Für beratende Dienstleister bzw. für die Veranstalter ist das eine durchaus wichtige Frage. Ich hoffe, hierzu demnächst Genaueres sagen zu können
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber und Medienrecht