Die größten Autokonzerne der Welt bleiben auf Wachstumskurs
Die größten Autokonzerne der Welt bleiben auf Wachstumskurs: Der Umsatz der Top-16-Autohersteller kletterte im zweiten Quartal um 18 Prozent und erreichte damit einen neuen Höchststand. Der Gesamtgewinn stieg sogar um 31 Prozent auf knapp 40 Milliarden US-Dollar – ebenfalls ein neuer Rekordwert.
Angetrieben wurde das Gewinnwachstum vom schwachen Yen, der den japanischen Autokonzernen zu einem Gewinnplus von 91 Prozent verhalf. Verhaltener war die Gewinnentwicklung bei den deutschen Autobauern, deren operativer Gewinn um 19 Prozent stieg. Die US-Autokonzerne verzeichneten sogar einen Gewinnrückgang von sechs Prozent.
Bei der Gewinnmarge haben weiterhin deutsche Autokonzerne die Nase vorn: Mercedes-Benz führt mit einer Marge von 13,04 Prozent knapp vor Kia (12,97 Prozent). BMW liegt mit einer Gewinnmarge von 11,7 Prozent auf dem dritten Platz. Stellantis hat für das zweite Quartal keine Zahlen zum Gewinn veröffentlicht, im ersten Halbjahr aber eine Marge von 13,8 Prozent erwirtschaftet.
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY quartalsweise erstellt.
Fast alle Autokonzerne konnten im zweiten Quartal den Neuwagenabsatz steigern – insgesamt wuchs die Zahl der verkauften Pkw um 11 Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal hat sich damit das Wachstumstempo sowohl beim Absatz als auch bei Umsatz und Gewinn nochmal verstärkt. „Die Pkw-Produktion wird derzeit hochgefahren, ein komfortables Auftragspolster ermöglicht deutlich mehr Auslieferungen zu immer noch sehr guten Preisen“, fasst Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. „Daher ist die Gewinnsituation insgesamt immer noch sehr gut.“ Bis auf Tesla und Ford konnten alle Unternehmen ihre Gewinne steigern, bei der Marge verzeichneten nur drei Unternehmen einen Rückgang.
„Die Mehrheit der Unternehmen hat es erneut geschafft, die Profitabilität weit oben zu halten“, stellt Gall fest. „Allerdings werden wir wohl noch in diesem Jahr erleben, wie sich der Markt dreht. Denn wenn die Aufträge aus der Zeit des Chipmangels abgearbeitet sind, sehen sich die Autobauer mit der neuen Realität konfrontiert: Konjunkturschwäche, sinkende Nachfrage, Preisdruck, Überkapazitäten. Für die Autohersteller wird es immer schwieriger werden, hohe Fahrzeugpreise am Markt durchzusetzen und auf Rabatte zu verzichten.“ Gall prognostiziert daher: „Die Zeit der Traummargen wird für viele Unternehmen bald vorbei sein.“
Gall rechnet vor diesem Hintergrund mit einer neuen Kostensenkungswelle in der Automobilindustrie: „Die Lektion aus der Pandemie ist: Profitabilität ist wichtiger als Menge, zweistellige Margen sind auch langfristig möglich. Viele Konzerne wirtschaften aktuell sehr profitabel und werden auch zukünftig keine Abstriche bei der Marge zulassen wollen. Also wird man wieder verstärkt auf alle Kostenarten achten – auch auf die Entwicklungs- und die Personalkosten. Gerade am Standort Deutschland mit seinen sehr hohen Energie- und Arbeitskosten und der hohen Steuerbelastung wird der Druck nochmal deutlich steigen“, erwartet Gall. Zudem erschwere der angestrebte Hochlauf der Elektromobilität die Lage: „Elektroautos liefern derzeit noch nicht die Deckungsbeiträge von Verbrennern, und auch die Nachfrage entwickelt sich längst nicht so stark wie erhofft. Eine Elektro-Flaute würde vielen Unternehmen richtig weh tun und die hochfliegenden Elektro-Pläne durchkreuzen.“
Dass es zu einer Abschwächung der Dynamik bei Elektroautos komme, sei etwa in Deutschland sehr wahrscheinlich, so Gall: „In Deutschland sehen wir aktuell eine Sonderkonjunktur für Elektroautos, da ab September die Förderung für gewerbliche Elektro-Neuzulassungen gestrichen wird. Danach wird es eine deutliche Delle beim Absatz von Elektroautos in Deutschland geben.“
Chinas Anteil am Gesamtabsatz sinkt weiter
Während der Neuwagenabsatz der untersuchten Unternehmen im zweiten Quartal in Europa um 15 Prozent und in den USA sogar um 18 Prozent stieg, gelang in China nur ein Plus von sechs Prozent. Im ersten Quartal war sogar ein Einbruch um 22 Prozent registriert worden. Während die Hälfte der Unternehmen in China einen schrumpfenden Absatz verbuchte, ging es für die deutschen Konzerne insgesamt um 13 Prozent aufwärts.
„Die Situation in China ist unübersichtlich, das Marktwachstum längst nicht mehr so stark wie vor zehn Jahren, als zweistellige Wachstumsraten normal waren. Zudem gewinnen einheimische Hersteller immer mehr Marktanteile – gerade im Elektro-Segment“, beobachtet Gall. Die chinesischen Hersteller lieferten sich einen harten Preiskampf und böten ihre Elektroautos deutlich günstiger an als viele etablierte Hersteller. „Angesichts der aktuellen Wirtschaftsflaute in China und zunehmender Nachhaltigkeitsbemühungen in den chinesischen Metropolregionen verfängt das preisgünstigere Angebot chinesischer Hersteller im Elektro-Segment bei den einheimischen Käufern zurzeit stärker als das der etablierten Hersteller“, so Gall. Für die deutschen Autobauer bleibt China aber ein Schlüsselmarkt: Im zweiten Quartal lag der Anteil Chinas am weltweiten Neuwagenabsatz der drei deutschen Autokonzerne bei 34,2 Prozent.