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Auswirkungen der Nutzung mehrerer Social-Media-Kanäle auf das Wohlbefinden

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Menschen, die mehrere Social-Media-Kanäle nutzen, nicht glücklicher oder unglücklicher sind als andere.
Auswirkungen der Nutzung mehrerer Social-Media-Kanäle auf das Wohlbefinden © freepik / rawpixel
 

Soziale Medien sind fester Bestandteil des Alltags geworden. In zahlreichen Studien gibt es widersprüchliche Ergebnisse darüber, wie sich die Nutzung der Apps auf die psychische Gesundheit ihrer Nutzer*innen auswirkt. Eine häufige Annahme ist, dass die Nutzung vieler verschiedener Social-Media-Plattformen eine negative Auswirkung auf das Wohlbefinden der Nutzer hat. Dieser Annahme sind Wissenschaftlerin Sophie Lohmann und Emilio Zagheni, Direktor des Max-Planck-Institutes für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock, nachgegangen. In ihrer Studie verwendeten sie ein statistisches Verfahren, welches berücksichtigt, dass Personen, die mehrere Social-Media-Plattformen nutzen, von vornherein unterschiedlich sein können. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die Nutzung vieler verschiedener Social-Media-Plattformen keinen signifikanten Risikofaktor für das Wohlbefinden der Nutzer*innen darstellt.

Studien bisher ungenau – Datenbias muss berücksichtigt werden

„In früheren Studien wurden nur einzelne Variablen wie Depression oder allgemeine Gesundheit untersucht. Oder die Art der Nutzung von Sozialen Medien wurde nicht klar definiert“, so Lohmann. Die von Lohmann und Zagheni durchgeführte Studie untersucht, wie sich die Nutzung mehrerer verschiedener Social-Media-Kanäle auf das Wohlbefinden der Nutzer*innen auswirkt - unter Berücksichtigung des Selbstselektionsbias. Für die Studie wurde eine Stichprobe von Erwachsenen aus dem General Social Survey (USA) von 2016 verwendet. Selbstselektion bezieht sich auf die Verzerrung, die entsteht, wenn Personen, die sich für die Teilnahme an einer Studie entscheiden, sich systematisch von denen unterscheiden, die nicht teilnehmen. „Im Fall der Untersuchung von Social-Media-Daten findet die Selbstselektion dadurch statt, dass sich die Nutzer*innen selbstständig bei der Plattform anmelden. Das Ergebnis einer Auswertung von Social-Media-Daten kann also dadurch verfälscht werden, dass die Proband*innen durch ihre Anmeldung bei einem Kanal selbst entscheiden, ob sie zur Stichprobe gehören oder nicht“, erklärt Sophie Lohmann. Diesen Selbstselektionseffekt haben die Wissenschaftler*innen in ihrer Untersuchung herausgerechnet. "Im Wesentlichen haben wir die Stichprobe neu gewichtet und simuliert, dass jede teilnehmende Person die gleiche Wahrscheinlichkeit gehabt hätte, zu den Gruppen 'keine Social-Media-Nutzung', 'ein Social-Media-Kanal', 'zwei Social-Media-Kanäle' und so weiter zu gehören", erklärt Lohmann die Methode.

Keine Auswirkung auf das Wohlbefinden der Nutzer*innen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Menschen, die mehrere Social-Media-Kanäle nutzen, nicht glücklicher oder unglücklicher sind als andere. „Selbst wenn wir unsere Methode nicht anwenden, gibt es sehr wenig Korrelation zwischen der Nutzung mehrerer Social-Media-Plattformen und den definierten Variablen wie Zufriedenheit in der Beziehung, finanzielle Zufriedenheit, allgemeine Zufriedenheit, Vertrauen in den Staat und so weiter. Wenn wir unsere Methode anwenden, verschwinden alle negativen Effekte komplett“, sagt Lohmann. Die Vermutung, dass die Nutzung mehrerer Kanäle zu einer Überforderung führt, bestätigt sich nicht.

Bessere Operationalisierung wünschenswert

„Insgesamt sollten Techniken zur Ermittlung kausaler Effekte von Social-Media-Nutzung auf das  Wohlbefinden, wo dies möglich und angemessen ist, in der Debatte mehr Beachtung finden. Es gibt bereits qualitativ hochwertige Längsschnittstudien und Experimente. Diese verschiedenen Bausteine müssen in Zukunft in der Forschung besser kombiniert werden. Die Forschungsthemen sind vielfältig und vor allem sehr komplex. Deshalb ist es wichtig, dass genau definiert wird, was man unter ‚Nutzung sozialer Medien’ versteht und die Komplexität der Plattformen nicht aus den Augen verloren wird. Denn Twitter ist nicht gleich Facebook ist nicht gleich TikTok. Das Nutzungsverhalten auf den verschiedenen Kanälen ist sehr unterschiedlich. Das darf in der Forschung nicht vernachlässigt werden“, so die Wissenschaftlerin. „In der Social-Media-Forschung muss in Zukunft mehr auf die Operationalisierung geachtet werden. Es muss klar definiert werden, was Social-Media-Nutzung bedeutet und welche Art der Nutzung welche Wirkung hat.“

Sophie Lohmann ist affiliierte Wissenschaftlerin am MPIDR und bei IREES in Karlsruhe tätig.