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Trotz Energiekrise kein schwerer Wirtschaftseinbruch

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank im Winter trotz der Energiekrise keinen schweren Einbruch erleben.
Deutsche Bundesbank | 19.12.2022
Trotz Energiekrise kein schwerer Wirtschaftseinbruch © Freepik / nicedream30
 

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank im Winter trotz der Energiekrise keinen schweren Einbruch erleben. „Die Wirtschaftsleistung dürfte zwar zunächst schrumpfen, ab der zweiten Jahreshälfte 2023 erwarten wir jedoch eine allmähliche Erholung“, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel anlässlich der aktuellen Projektionen seiner Institution. Doch die Energiekrise verstärke die Inflation in Deutschland. „Die Inflation ist hoch und wird nur nach und nach zurückgehen“, führte Nagel aus. „Bis zum Jahr 2025 dürfte die Inflationsrate in Deutschland nach unserer Projektion auf 2,8 Prozent sinken. Mit Blick auf den gesamten Euroraum dürfen wir nicht in unseren geldpolitischen Anstrengungen nachlassen, die Inflation wieder auf unser Ziel von 2 Prozent zurückzuführen.“

Für das kommende Jahr rechnen die Fachleute der Bundesbank mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozent, nachdem es in diesem Jahr wohl um 1,8 Prozent zulegt. Ihren Projektionen zufolge wächst die deutsche Wirtschaft in den Jahren 2024 und 2025 wieder um 1,7 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten dürften dann erst im Jahr 2025 wieder normal ausgelastet sein.

Den bis Mitte des kommenden Jahres erwarteten Rückgang der Wirtschaftsaktivität führt die Bundesbank vor allem auf die Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zurück. Aufgrund der hohen Inflation sinkt bis Mitte 2023 der Konsum der privaten Haushalte. Die Energiekosten und eine schwache Auslandsnachfrage belasten den Export. Darüber hinaus dämpfen die hohe Unsicherheit und die gestiegenen Finanzierungskosten die Investitionen der Unternehmen und im Wohnungsbau. Da die pandemiebedingten Ausgaben auslaufen, sinken zudem die realen Staatsausgaben. Die ab der zweiten Jahreshälfte 2023 erwartete Erholung fußt darauf, dass einige der Belastungsfaktoren nachlassen. So zieht die Auslandsnachfrage annahmegemäß an, die Unsicherheit nimmt ab, der Preisdruck von den Energierohstoffen lässt nach und die Inflationsrate sinkt. Da der Arbeitsmarkt robust bleibt und die Löhne kräftig wachsen, legen dann die realen Haushaltseinkommen und der private Konsum wieder zu.

Inflationsraten zunächst noch hoch

Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate wird für das laufende Jahr auf 8,6 Prozent veranschlagt. Für das kommende Jahr ist den Fachleuten zufolge ein Rückgang auf 7,2 Prozent zu erwarten, auch wegen der staatlichen Strom- und Gaspreisbremse. Die Teuerungsrate geht danach weiter zurück – auf 4,1 Prozent 2024 und schließlich auf 2,8 Prozent im Jahr 2025. Die HVPI-Rate ohne Energie und Nahrungsmittel steigt im kommenden Jahr zunächst noch leicht auf 4,3 Prozent. Dann sinkt sie bis auf 2,6 Prozent im Jahr 2025. Der Preisanstieg bleibt damit gemäß den Bundesbank-Projektionen hoch – vor allem aufgrund des erwarteten Drucks von den Lohnkosten und weiterhin hoher Gewinnmargen. Für die erhöhte Gesamtrate spielen insbesondere im Jahr 2024 zudem Rückpralleffekte nach dem Auslaufen der Strom- und Gaspreisbremse eine Rolle.

Staatsfinanzen durch die Krisen geprägt

Die Staatsfinanzen werden den Bundesbank-Fachleuten zufolge stark durch die Energiekrise geprägt. Der Staat stützt Unternehmen und private Haushalte erheblich, vor allem mit breit angelegten Subventionen und anderen Transfers. Gleichzeitig entfallen Maßnahmen mit Bezug zur Pandemie. Im Ergebnis steigt das Defizit von 2¾ Prozent des BIP im laufenden Jahr auf 4 Prozent im kommenden Jahr. Danach entfallen die Stützungsmaßnahmen sukzessive und das Defizit sinkt auf eine Größenordnung von 1½ Prozent des BIP.

Vergleich zur Juni-Projektion und Risiken

„Im Vergleich zur Juni-Projektion wurde die Änderungsrate des BIP für das Jahr 2023 erheblich nach unten revidiert“, erklärte Bundesbankpräsident Nagel. Ursächlich hierfür seien die verschlechterten Bedingungen hinsichtlich der Energieversorgung, eine schwächer steigende Auslandsnachfrage und höhere Finanzierungskosten. Die Inflationsraten seien zugleich für alle Jahre aufwärtsrevidiert worden.

Die Projektionen unterliegen weiterhin einer ungewöhnlich hohen Unsicherheit. Zu den größten Unwägbarkeiten zählt die Bundesbank den weiteren Verlauf des Ukrainekriegs und der Energiekrise, die Folgen der staatlichen Gegenmaßnahmen und die Auswirkungen der hohen Teuerung. Die Risiken für das Wirtschaftswachstum seien vor allem wegen möglicher Engpässe bei der Energieversorgung überwiegend abwärtsgerichtet. Hinsichtlich der Inflation dominierten die Aufwärtsrisiken.